Ergebnisse Zensus 2022

Wenig Eigentum und günstige Mieten

Ende Juni hat das Statistische Bundesamt die Ergebnisse des Zensus 2022 veröffentlicht. Die Daten zur Entwicklung des Wohnungsmarktes und der Wohnsituation der Menschen seit 2011 werden von den Interessenverbänden der Branche unterschiedlich bewertet.

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 Bild: Statistisches Bundesamt
Bild: Statistisches Bundesamt

Wie viele Menschen leben in Deutschland? Wie wohnen und arbeiten sie? Diese Fragen beantworten die Ergebnisse des Zensus 2022. Im Wesentlichen geht es dabei um zwei Ziele: die Ermittlung aktueller Bevölkerungszahlen sowie Informationen zum Wohnraum mit der Gebäude- und Wohnungszählung. Der Zensus wird alle zehn Jahre durchgeführt und ist eine stichtagsbezogene Volks-, Gebäude- und Wohnungszählung.

Das statistische Material hat der VDIV genauer unter die Lupe genommen. Die Anzahl der Wohnungen in Deutschland sei im Zeitraum 2011 bis 2022 um 6,3 Prozent gestiegen (2011: 40,5 Mio.; 2022: 43,1 Mio.). Über den Zeitraum von elf Jahren sind 2,56 Millionen neue Wohnungen entstanden, im Durchschnitt etwa 232.844 pro Jahr. Was den Verband der Immobilienverwalter Deutschland beunruhigt ist der sinkende Anteil von Eigentumswohnungen an der Gesamtzahl der Wohnungen. Zwar sei die Zahl der Wohnungen in Wohnungseigentümergemeinschaften im genannten Zeitraum um 3,6 Prozent gestiegen, das Wachstum liege aber deutlich unter dem Gesamtanstieg der Wohnungszahlen. 2011 befanden sich davon 22,1 Prozent (8,95 Mio.) in Wohnungseigentümergemeinschaften, 2022 waren es nur noch 21,5 Prozent (9,27 Mio.). VDIV-Geschäftsführer Martin Kaßler beklagt: „Insgesamt bleibt die Eigentumsquote in Deutschland weiter extrem niedrig.“ Eigentumsbildung als Altersvorsorge bleibe für viele Menschen nach wie vor eine Illusion.

Der GdW weist darauf hin, dass der Bevölkerungszuwachs durch die ukrainischen Kriegsflüchtlinge nicht in den Zensus eingeflossen sei. Der russische Eroberungskrieg begann im Februar 2022, der Stichtag des Zensus folgte nur kurze Zeit später am 15. Mai 2022. Seit dem Beginn des Krieges seien 1,2 Millionen Menschen aus der Ukraine nach Deutschland geflüchtet. Ihre Zahl habe sich damit Ende Januar 2024 im Vergleich zu Ende Februar 2022 versiebenfacht. Angesichts dieser Entwicklung erneuert der GdW seine dringende Forderung an die Politik, „endlich einen Turbo für die Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum in unseren Ballungsregionen zu zünden“.

Die Zensusergebnisse zur Höhe der Mieten interpretiert der GdW so: „Alle, die seit geraumer Zeit eine Wohnung haben, können sich glücklich schätzen. Denn, wie mit dem Zensus 2022 erstmalig ermittelt, haben 71 Prozent aller Mietwohnungen in Deutschland preisgünstige Mieten von unter acht Euro nettokalt pro Quadratmeter und Monat. Die Durchschnittsmiete in Deutschland liegt bei günstigen 7,28 Euro, bei unseren sozial orientierten Wohnungsunternehmen lag sie 2022 mit 6,25 Euro sogar noch deutlich darunter.“

Ähnlich kommentiert auch Alexander Müller, Direktor des VdW Sachsen, die Angaben des Zensus im Bereich Mietkosten. „Das Wohnen zur Miete, was im Freistaat Sachsen immerhin etwa 60 Prozent ausmacht, ist äußerst günstig. Zwei Drittel der Mieter zahlen weniger als sechs Euro Nettokaltmiete je Quadratmeter. In Wohnungen kommunaler Wohnungsunternehmen leben sie mit durchschnittlich 5,37 Euro sogar noch günstiger.“ Müller erinnert allerdings auch an die strukturellen Probleme des Landes. Außerhalb der Ballungszentren verliere Sachsen weiterhin Einwohner, sodass der strukturelle Leerstand von über acht Prozent ein existenzielles Thema bleibe. Angesichts dieser Kennzahlen könne die sächsische Wohnungswirtschaft die Sanierungs- und Klimaschutzziele der Bundesregierung schlicht nicht finanzieren. (Red.)

Redaktion (allg.)

Pixabay/ Mohamed_hassan

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