Immobilienpreise

Wohnimmobilien zeigen hohe Widerstandskraft

Im Corona-Jahr 2020 erwiesen sich die Wohnimmobilienmärkte als Stabilitätsanker. Weder die Kaufpreise noch die Mieten haben nachgegeben. Mancherorts gab es weitere Preissteigerungen. Lediglich bei den Neuvertragsmieten sehen vorsichtige Analysten Tendenzen der Stagnation.
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Immobilienmanager agierten auch 2020 auf äußerst solidem Grund. Bild: AdobeStock/cppzone
Immobilienmanager agierten auch 2020 auf äußerst solidem Grund. Bild: AdobeStock/cppzone

Das Statistische Bundesamt meldet zum Jahreswechsel: Die Preise für Wohnimmobilien (Häuserpreisindex) in Deutschland lagen im 3. Quartal 2020 durchschnittlich 7,8 Prozent höher als im Vorjahresquartal. Die Preise für Wohnungen sowie für Ein- und Zweifamilienhäuser seien gegenüber dem Vorquartal um 2,9 Prozent gestiegen. Damit verteuerten sich Wohnimmobilien trotz der andauernden Corona-Krise sowohl in der Stadt als auch auf dem Land weiterhin deutlich.

Die Analysten des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) Köln stellen höhere Immobilienrenditen im Umland großer Städte fest. Die Corona-Pandemie könne eine Tendenz der letzten Jahre auf den Wohnimmobilienmärkten der Metropolregionen verstärken, nämlich die größere Attraktivität des Umlands gegenüber den Metropolen. Entgegen den Erwartungen zurückhaltender Marktbeobachter habe sich die Immobilienpreisentwicklung der letzten zehn Jahre mit steigenden Preisen im Wesentlichen fortgesetzt. Im Durchschnitt der 401 kreisfreien Städte und Landkreise stiegen die Preise für Eigentumswohnungen im 2. Quartal 2020 gegenüber dem Vorjahr um 4,3 Prozent. Auch bei den Mieten habe es kaum Reaktionen gegeben.Eine Ursache dafür sei der nach wie vor herrschende Nachfrageüberhang. Insbesondere aufgrund der starken Arbeitsmigration der letzten Jahre und Zuwanderung junger Menschen aus dem In- und Ausland in die Ballungsräume sei die Nachfrage nach Wohnraum stark gestiegen, während das Angebot nicht in gleichem Maße ausgebaut werden konnte. Ein anderer Grund für die Preisstabilität sei der Lockdown gewesen, der den Nutzwert des eigenen Wohnumfeldes unterstrichen habe. Homeoffice und Homeschooling dürfte die Zahlungsbereitschaft für das Wohnen hochgehalten haben, vermuten die IW-Experten. Gerade der letzte Punkt könnte eine Entwicklung verstärken, die sich schon vor der Corona-Krise abgezeichnet habe, nämlich die neue Attraktivität des Umlands der Großstädte. Schließlich sei der Wanderungssaldo vieler Großstädte bereits vorher negativ gewesen.

Käufer zieht es aufs Land

Von einer Corona-Landflucht spricht in diesem Zusammenhang die Nachrichten- und Informationsplattform Block-Builders und stellt fest: Die Immobilienpreise seien in dichter besiedelten ländlichen Kreisen mit 8,9 Prozent am stärksten gestiegen. Immer weniger Menschen wollten Eigenheime in den Großstädten erwerben; immer mehr Kleinstadt-Immobilienkäufer stammten aus Metropolstädten. In deutschen Metropolen stiegen die Preise zwar auch, mit einem Plus von 6,5 Prozent allerdings deutlich geringer.

Über alle Regionen und Städte hinweg seien die Immobilienpreise im dritten Quartal gegenüber dem Vorjahresquartal um 7,8 Prozent gestiegen. Hierbei handele es sich um den stärksten Anstieg seit 2016. Nutznießer: Immobilienbesitzer, aber auch börsennotierte Immobilienunternehmen wie Vonovia oder Deutsche Wohnen. „Die Nachfrage nach Immobilien in dicht besiedelten ländlichen Gebieten stieg im Angesicht der Corona-Krise stark an“, so Block-Builders-Analyst Raphael Lulay.

Neuvertragsmieten stagnieren

Das Hamburger Analyse-Institut F+B konstatierte zum Jahresende: Nach einer fast zweijährigen Stagnationsphase sinken die Neuvertragsmieten im Vergleich der Quartale zwei und drei 2020 um –0,9 Prozent. Im Jahresvergleich mit dem 3. Quartal 2019 habe die Wachstumsrate der Angebotsmieten mit +0,1 Prozent zwar noch etwas höher gelegen; F+B rechnet aber auch hier in den nächsten Quartalen mit einer Annäherung der Jahresvergleichswerte an die Nulllinie. Dazu Immobilienexperte Bernd Leutner: „Im Bundesdurchschnitt gehören damit exorbitante Mietensteigerungen endgültig der Vergangenheit an.“

Auch die Betrachtung der Top 50-Standorte in Deutschland mit dem höchsten Mietenniveau lege eine ähnliche Interpretation nahe. So seien im Vergleich zum Vorquartal in 28 der 50 teuersten Städte Deutschlands die Mieten bei der Neuvermietung gesunken (im Vergleich der Quartale Q2/2020 zu Q1/2020 betraf dies 18 Städte). Im Vergleich zum Vorjahresquartal 2019 gab es reale Mietpreisrückgänge in 10 der teuersten 50 Städte. Nach Beobachtungen von F+B hätten die coronabedingten wirtschaftlichen Verwerfungen als Nachwirkungen des ersten Lockdowns vom Frühjahr 20 zu noch stärkeren Rückgängen bei den Mieten geführt, wenn es die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen nicht gegeben hätte, erläuterte der Wohnungsexperte. Insofern erwartet F+B auch für das 4. Quartal 2020 bei den Angebotsmieten eine weitere Seitwärtsbewegung. (Red.)

Redaktion (allg.)

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