Seit Jahren wird über Mietspiegel diskutiert, die die Basis für viele Mieterhöhungen bilden. Es geht dabei um den Betrachtungszeitraum, die Art der Datenanalyse sowie um die Kosten, die auf Kommunen zukommen, wenn sie solche wissenschaftlichen Auswertungen erstellen müssen. Hinzu kommt, dass die Erhöhungsmodalitäten vom Gesetzgeber häufig geändert werden, nicht zuletzt um starke Anstiege zu unterbinden. Viele Verwalterfirmen trauen sich Erhöhungsschreiben auf Basis von Vergleichsmieten im Mietspiegel nur zu, wenn sie sich vorher juristischen Rat geholt haben. Die nächste Mietspiegelreform tritt im Übrigen Anfang Juli in Kraft.
Im Schatten dieser Diskussionen und der komplexen Erhöhungsmodalitäten fand eine andere Mietvertragsform mit alternativen Erhöhungsmöglichkeiten immer mehr Zuspruch: indexierte Mietverträge. Dieses Mietvertragsmodell ist seit Jahrzehnten im Gewerbebereich gang und gäbe. Im Wohnbereich erlebte es vor allem in Ballungsregionen in den zurückliegenden Jahren eine wachsende Verbreitung. Der Eigentümerverband Haus & Grund schätzt, dass in Großstädten wie Köln, München, Frankfurt am Main, Stuttgart und Berlin mittlerweile etwa 60 bis 70 Prozent der neu abgeschlossenen Wohnungsmietverträge eine Indexierung haben. Die Gründe sind vielschichtig. Indexerhöhungen sind transparent, zweitens für Verwalter und Vermieter einfach zu berechnen und drittens werden sie als fair wahrgenommen.
Amtlicher Verbraucherpreisindex mit hoher Glaubwürdigkeit
Als Basis wird für die Berechnung der Verbraucherpreisindex (VPI) des Statistischen Bundesamtes herangezogen. Dieser wird auf Grundlage wissenschaftlicher Auswertungen jeden Monat veröffentlicht, ist online leicht recherchierbar und genießt eine hohe Glaubwürdigkeit. Der Index bildet ab, wie sich die Lebenshaltungskosten verändern, etwa für Ausgaben wie Lebensmittel, Heizenergie, Sprit, Strom, Freizeit, Kleidung und Versicherungen. Steigen diese Kosten über eine mietvertraglich vereinbarte Schwelle und damit auch die Inflation, kann bei Indexverträgen die Grundmiete angepasst werden.
Eine Mietanpassung gemäß Indexierung lässt sich also einfach berechnen, nicht zuletzt, weil es online verschiedene kostenfreie Rechner gibt (etwa bei Destatis.de oder dem Grundeigentümerverband Hamburg). Im Gegensatz zu Mieterhöhungen auf Basis von Vergleichsmieten oder Anpassungen nach Modernisierungsmaßnahmen führen Indexverträge wesentlich seltener zu gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen Vermietern und Mietern. Gilt in der Kommune, in der die Mieteinheit liegt, eine Mietpreisbremse, so ist diese nur bei der Ausgangsmiete zu berücksichtigen. Bei indexbasierten Mietanpassungen muss die Mietpreisbremse nicht bedacht werden.
In der Regel vereinbaren Vermieter und Mieter, dass die Kaltmiete angehoben wird, sobald sich der VPI innerhalb von zwölf Monaten um mindestens ein Prozent erhöht hat. Im Übrigen dürfen Indexerhöhungen nicht mit anderen Anpassungsarten, wie beispielsweise Anhebungen nach Modernisierungsmaßnahmen, gekoppelt werden.
Zwischen zwei Erhöhungen müssen mindestens zwölf Monate liegen
Bei indexierten Mietverträgen müssen zwischen den Erhöhungen mindestens zwölf Monate liegen. Mieter sind hierüber schriftlich zu informieren. Im Schreiben muss eine Berechnung der Steigerung enthalten sein; die Höhe der Steigerung ist exakt zu beziffern. Die Anpassung der Grundmiete kann zum übernächsten Monat nach der Mitteilung in Kraft treten. Die Mieter müssen der Erhöhung nicht zustimmen. Auch dadurch ist diese Vertragsart für Verwalter einfacher zu managen, weil auf keine Rückantwort der Mieter gewartet werden muss.
Die aktuelle Entwicklung der Teuerungsrate darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Mieter mit Indexverträgen in teuren Ballungsregionen in den zurückliegenden Jahren meist günstiger gefahren sind als mit anderen Vertragsarten. Weil die Vergleichsmieten in der Vergangenheit im Schnitt stärker kletterten als die Lebenshaltungskosten, fielen die Anhebungen bei indexierten Verträgen zumeist geringer aus als bei Kontrakten, deren Erhebungen sich auf Vergleichsmieten in Mietspiegeln bezogen.
Das ändert sich gerade. Während in den zurückliegenden Jahren die Teuerungsrate bei etwa 1,5 Prozent lag, muss aktuell mit Steigerungen von über 5 Prozent der Kaltmiete gerechnet werden.
Ein Beispiel verdeutlicht das: Ein Mieter, der zum 1. Februar 2021 in Frankfurt am Main eine Wohnung für 1.500 Euro Kaltmiete mietete, muss mit einer Steigerung von 76,50 Euro auf 1.576,50 Euro rechnen. Denn innerhalb von zwölf Monaten kletterte der VPI um 5,1 Prozent (VPI im Februar 2021: 107 Punkte, im Februar 2022: 112,5 Punkte. Dies entspricht einer Erhöhung von 5,5 Punkten beziehungsweise 5,1 Prozent).
Der Ukraine-Krieg führt seit Februar zu noch extremeren Steigerungen. Während viele Wirtschaftsexperten Anfang des Jahres noch davon ausgingen, dass dieTeuerungsrate im Laufe des Jahres wieder abnehmen könnte, glauben nun viele, dass der Krieg in Osteuropa eher zu einer noch höheren und anhaltenderen Inflation führen könnte.
Ein Hoffnungsschimmer bleibt für Mieterinnen und Mieter und darauf können Verwalterfirmen auch hinweisen: Theoretisch können Lebenshaltungskosten über längere Zeit auch sinken. Das ist zwar bislang sehr selten geschehen. Aber vielleicht folgt nun auf die starken Anstiege, die auf den beiden Ausnahmesituationen Pandemie und Ukraine-Krieg beruhen, wieder normalere Zeiten mit einer geringen Teuerungsrate, die bei Indexverträgen zurückgehende Kaltmieten zur Folge hätten.
Sebastian Hucz

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