Mietminderung wegen Mängeln, Verweigerung Wohnungsbesichtigung

Vermieterin kündigte außerordentlich - und bekam Recht

Schimmel an der Decke des Badezimmers und Asbest in den Bodenfliesen: Mit diesen angeblichen Mängeln wollten Mieter einer Berliner Wohnung ihre Mietminderung begründen. Zudem verlangte die Mieterin Schmerzensgeld, da sie deshalb erkrankt sei. Doch das Amtsgericht Neukölln und das Landgericht Berlin entschieden anders.

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BILD: ADOBESTOCK/ akf
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Amtsgericht Neukölln verurteilte die Mieter zur Zahlung der Miete sowie zur Räumung der Wohnung

Der Fall: Infolge zurückbehaltener Zahlungen liefen zunächst Rückstände auf. Als diese mehr als zwei monatlich geschuldete Mieten überstiegen, kündigte die Vermieterin ihren Mietern außerordentlich. Der zur Kündigung notwendige wichtige Grund infolge Mietzahlungsverzugs ergibt sich hier direkt aus § 543 Abs. 2 Nr. 1 b) BGB. Des Weiteren klagte die Vermieterin auf Zahlung rückständiger Miet- und Nebenkostenzahlung sowie auf Räumung und Herausgabe der Wohnung.

Mieter erhoben Widerklage auf Schadensersatz

Dagegen wehrten sich die beklagten Mieter mit der Behauptung, es liege ein zur Mietminderung berechtigender Mangel durch Schimmelbefall und Asbest in der Wohnung vor. Und sie erhoben Widerklage. Diese war insbesondere auf die Feststellung gerichtet, dass die Vermieterin zum Schadensersatz verpflichtet sei. Denn eine Mieterin sei wegen des Schimmels und des Asbests erkrankt. Zum Beweis legten sie ein ärztliches Attest vor.  Das Amtsgericht Neukölln verurteilte die Mieter jedoch zur Zahlung nebst Zinsen sowie zur Räumung und Herausgabe der Wohnung und wies ihre Widerklage ab (Urteil v. 26.06.2019, 13 C 482/18). Gegen das Urteil erhoben die Mieter Berufung zum Landgericht Berlin (Urteil v. 22.10.2020, 65 S 185/19).

Ohne Besichtigung keine Mietminderung

In der Berufungsinstanz verwies die Vermieterin nochmals darauf hin, dass die Mieter die Besichtigung des Schimmelbefalls an der Decke des Badezimmers verweigert hatten. Ein solches Verhalten schließt dem Landgericht Berlin zufolge eine Mietminderung und ein Zurückbehaltungsrecht nach den §§ 536, 320 BGB aus und verweist auf die BGH-Rechtsprechung (Urteil v. 10.04.2019, VIII ZR 12/18).

Ohne Besichtigung kann demnach kein Vermieter die zur Mängelbeseitigung notwendigen Feststellungen treffen. Sofern das jedoch mieterseits verwehrt ist, entfällt die wesentliche Grundlage für die auf den Mangel gestützte Mietminderung.

Erneuter Schimmel kein unbehebbarer Mangel

Der Schimmel war auch, anders als von den Mietern behauptet, kein unbehebbarer Mangel. Rund zwei Jahre zuvor hatte die Vermieterin ihn schon einmal beseitigen lassen. Die Bestätigung der Mieter über konnte sie schriftlich nachweisen. Dass der Schimmel nach rund zwei Jahren erneut auftrete, ist laut Gericht kein Anzeichen für die Unbehebbarkeit dieses Mangels.

Asbest im Bodenbelag nicht belegt

Eine wichtige Feststellung traf das Landgericht auch bezüglich des Asbests im Bodenbelag. Dessen Vorhandensein hatten die Mieter schon nicht ausreichend belegt. Allein die Möglichkeit asbesthaltiger, unbeschädigter Böden begründet dem Gericht zufolge jedenfalls keinen Sachmangel.

Ärztlichem Attest fehlt Gutachtenqualität

Unzureichend war zudem das von der Mieterin vorgelegte ärztliche Attest als Grundlage für ihre Schmerzensgeldforderung. Ohne Begründung attestierte es der Mieterin eine bereits seit 2009 bestehende Asthmaerkrankung, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf den Schimmelbefall im Badezimmer und auf die Asbestbodenplatten zurückzuführen sei. Das genügt weder als Beweis noch stellt es ein wie von Mieterseite behauptetes Gutachten dar. Auf eine Zeugenvernehmung der bereits geladenen Ärztin verzichteten beide Parteien.

Nach diesen Feststellungen wies das Landgericht die Berufung zurück und bestätigte damit das Urteil des Amtsgerichts Neukölln. Den Mietern wurde noch eine Räumungsfrist gewährt, sofern sie ihre Bruttomieten bis zu deren Ablauf rechtzeitig zahlten.

LG Berlin, Urteil v. 22.10.2020, Aktenzeichen 65 S 185/19

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Christian Günther

Christian Günther
Assessor, anwalt.de services AG

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