Streit um verfrühtes Mieterhöhungsverlangen

Erst nach Ende der Modernisierung kann Vermieter höhere Miete verlangen

Prinzipiell sind Mieterhöhungsverlangen nach Modernisierungen zulässig. Es stellt sich jedoch die Frage, ob der Vermieter bereits vor Abschluss der Modernisierungsmaßnahmen mehr Geld verlangen darf.

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Modernisierungsarbeiten ziehen sich manchmal hin. FOTO: Adobestock/Halfpoint
Modernisierungsarbeiten ziehen sich manchmal hin. FOTO: Adobestock/Halfpoint

Bereits seit 2008 lebte ein Mieter in derselben Wohnung, für die er eine monatliche Gesamtmiete in Höhe von 516 Euro zahlte. Im Januar 2012 kündigte sein damaliger Vermieter jedoch aufwen­dige Modernisierungs- und Instandhaltungs­maßnahmen zur Ersparnis von Heizenergie an, die einige Monate andauerten.

Ankündigung von Modernisierungs- und Instandhaltungs­maßnahmen

Anfang 2013 wurde die Immobilie dann von einem Dritten erworben. Der neue Vermieter schrieb seinen Vertragspartner an, dass die Modernisierungsmaßnahmen beendet seien und daher die Miete um 283,12 Euro erhöht werde.

Der Mieter hielt das Erhöhungsverlangen für unwirksam und zahlte nur die bisherige Miete weiter. So seien unter anderem die Modernisierungsmaßnahmen noch nicht abgeschlossen. Eine Mieterhöhung komme unter diesen Umständen nicht in Betracht. Der Streit endete vor Gericht, das einen Sachverständigen mit der Klärung der Frage beauftragte, ob die Modernisierung been­det sei oder nicht. Der Gutachter stellte fest, dass noch Baumaßnahmen in einem Umfang von fünf bis acht Prozent erledigt werden müssen.

Baumaßnahmen müssen abgeschlossen sein

Nach Ansicht des Amtsgerichts Nördlingen (Az.: 2 C 799/14) war das Mieterhöhungs­verlangen des Vermieters unwirksam – er konnte deswegen nicht mehr Geld verlangen.

Ein Mieterhöhungsverlangen muss die Anforderungen nach § 558a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erfüllen. Das Schreiben muss unter anderem in Textform verfasst werden und eine Begründung enthalten, wa­rum er von seinem Vertragspartner mehr Geld verlangt, zum Beispiel wegen Modernisierungsmaßnahmen, die beim Mieter zu einer verbesserten (Wieder)Nutzbarkeit der Wohnung geführt haben.

Weitere Voraussetzung für ein berechtigtes Mieterhöhungsverlangen wegen Moderni­sierungsmaßnahmen ist jedoch deren Be­endigung, vgl. § 559 BGB. Bereits der Wort­laut der Vorschrift spricht dagegen, den Mieter zur Zahlung einer erhöhten Miete zu verpflichten, wenn er noch gar nichts von den Vorteilen der Modernisierung hatte bzw. noch gar nicht klar ist, ob die Baumaß­nahmen überhaupt einmal beendet werden.

Modernisierung in einem Zug oder in Abschnitten?

Wird die Modernisierung also „in einem Stück“ durchgeführt, darf auch erst nach deren Abschluss mehr Geld verlangt wer­den. Das gilt nicht, wenn der Vermieter die Immobilie in mehreren Abschnitten moder­nisieren lässt. Voraussetzung ist dann je­doch, dass sich bereits aus der Modernisie­rungsankündigung deutlich ergibt, dass der Vermieter keine Gesamtmodernisierungs­maßnahme durchführen möchte, sondern in mehreren, in sich abgeschlossenen Ab­schnitten. Hier ist nach § 555c BGB also über Art, Umfang, Beginn und Dauer der jeweiligen Abschnitte aufzuklären.

Vorliegend enthielt die Modernisierungsankündigung keinen Hinweis darauf, dass die Bauarbeiten in mehreren Teilen durch­geführt werden sollen. Es war vielmehr nur von einer Maßnahme und einer Gesamt­dauer die Rede. Der Vermieter war deshalb vor Abschluss der Gesamtmodernisierungs­maßnahme nicht berechtigt, mehr Geld zu verlangen. Die Bauarbeiten waren laut Sachverständigengutachten aber zu ca. 5 bis 8 Prozent noch nicht beendet, als der Mieter das Erhöhungsverlangen erhielt. Das Schreiben war somit unwirksam – ein An­spruch des Vermieters auf mehr Geld be­stand nicht.

Fazit: Eine Mieterhöhung wegen einer Modernisierung ist möglich. Allerdings darf der Vermieter erst dann mehr Geld verlan­gen, wenn die angekündigten Maßnahmen abgeschlossen wurden.

Quelle: Sandra Voigt, Assessorin und Redakteurin bei anwalt.de

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