Aus den Entscheidungsgründen
Das Amtsgericht Tiergarten - Jugendgericht - hat die Angeklagten
der gemeinschaftlichen Sachbeschädigung schuldig gesprochen und
jeden von ihnen angewiesen, zwei Freizeitarbeiten abzuleisten. Mit
ihren nach § 335 Abs. 1 StPO zulässigen Revisionen rügen sie die
Verletzung sachlichen Rechts. Die Rechtsmittel führen zur Aufhebung
des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an
das Amtsgericht.
1. Nach den von dem Amtsgericht getroffenen Feststellungen
besprühte einer der Angeklagten auf einer Wand einer Brücke, über
die eine S-Bahn-Strecke verläuft, mit Farben aus Dosen eine etwa
1 m x 0,5 m umfassende Fläche. Währenddessen beobachtete der zweite
Angeklagte die Umgebung, um den anderen rechtzeitig warnen zu können.
2. Diese Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen gemeinschaftlicher
Sachbeschädigung nicht.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHSt 29,
129, 132) reicht eine dem Gestaltungswillen des Eigentümers zuwiderlaufende
Veränderung der äußeren Erscheinung und Form einer Sache für sich
allein grundsätzlich nicht aus, um den Tatbestand der Sachbeschädigung
zu begründen. Vielmehr setzt § 303 StGB in Fällen der vorliegenden
Art, in denen die bestimmungsgemäße Brauchbarkeit der Sache nicht
beeinträchtigt worden ist, voraus, daß die Substanz der Sache in
einem nach ihrer Größe und ihrem Erhaltungszustand ins Gewicht fallenden
Umfang verletzt oder derart in Mitleidenschaft gezogen worden ist,
daß eine Reinigung zwangsläufig zu einer solchen Beschädigung führen
muß. Von dieser Auffassung ist der Bundesgerichtshof in der in BGHSt
41, 47 veröffentlichten Entscheidung nicht abgerückt. Er hat in
diesem Urteil nicht allgemein das Vorliegen einer Sachbeschädigung
bei Farbsprühaktionen bejaht (so offenbar Tröndle, StGB 48. Aufl.,
§ 303 Rdn. 6 a), sondern ist davon ausgegangen, daß derartige Aktionen
den Tatbestand des § 303 StGB erfüllten können, und hat im übrigen
entschieden, daß Sachbeschädigungen nicht aus dem Kreis der Straftaten
herausfallen, die für § 129 Abs. 1 StGB in Betracht kommen. Der
Senat schließt sich der überzeugend begründeten Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs an (vgl. auch BayObLG StV 1997, 80; OLG Köln
StV 1995, 592).
Dem angefochtenen Urteil ist nicht zu entnehmen, ob hier durch
das Sprühen der Farben die Substanz der Brückenwand beschädigt worden
ist oder ob deren Reinigung zwangsläufig zu einer solchen Beschädigung
führen mußte. Das Urteil teilt weder die Beschaffenheit des Untergrundes
der Wandfläche noch die Art der verwendeten Farben mit. Es muß daher
aufgehoben werden, ohne das es noch eines Eingehend auf die Bedenken
des Angeklagten ... gegen die Beweiswürdigung bedarf.
De Senat verweist die Sache gemäß § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO an eine
andere Abteilung des Amtsgerichts zurück.
Gericht: KG BERLIN
Aktenzeichen: 1 Ss 173/98
Redaktion (allg.)
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