Herbst

Grundstücksbesitzer müssen den Bürgersteig vor ihrem Haus im Herbst von Laub befreien. Tun sie das nicht zuverlässig, kann die Kommune dies durch beauftragte Reinigungsfirmen erledigen lassen und die dadurch anfallenden Kosten dem Hausbesitzer in Rechnung stellen. Dies gelte selbst dann, wenn das Laub von Bäumen stammt, die der Gemeinde gehören.

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Bild: Bits and Splits/stock.adobe.com
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Aus dem Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Straßenreinigung vor dem
Grundstück des Klägers. Der Kläger ist Eigentümer
des Grundstücks ... in .... Er hat seinem Bevollmächtigten ein
lebenslängliches und unentgeltliches Nießbrauchrecht an dem
Grundstück eingeräumt unter der Maßgabe, dass sein Bevollmächtigter
für die Dauer des Nießbrauchrechts die außerordentlichen
öffentlichen Lasten und Abgaben zu tragen hat. Mit notarieller Urkunde
vom 15. Dezember 1994 hat der Kläger seinen Bevollmächtigten
zu seinem Generalbevollmächtigten ernannt mit der Einschränkung,
dass sich diese Bevollmächtigung auf das Grundstück ... in ...
bezieht.

Mit Bescheid vom 21. Juli 2000 forderte die Beklagte den Kläger
auf, die Straße vor seinem Grundstück ... in ... bis zum 7.
August 2000 zu reinigen und ordnete die sofortige Vollziehung dieser Maßnahme
an. Gleichzeitig drohte sie zunächst die Festsetzung eines Zwangsgeldes
in Höhe von 1.000 DM sowie als weiteres Zwangsmittel die Ersatzvornahme
an, deren Kosten sie mit 250 DM veranschlagte. Außerdem legte sie
dem Kläger Verfahrenskosten in Höhe von 160 DM auf.

Mit Bescheid vom 8. August 2000 setzte die Beklagte gegen den Kläger
ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 DM fest und drohte erneut die Ersatzvornahme
an, deren Kosten sie mit 250 DM veranschlagte, unter Fristsetzung bis
zum 18. August 2000. Außerdem legte sie dem Kläger Verfahrenskosten
in Höhe von 80 DM auf.

Gegen beide Bescheide legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung,
dass die Beklagte die Verschmutzung durch die gemeindeeigenen Eichen selbst
verursache und deshalb selbst auf eigene Kosten die Straßenreinigung
durchführen lassen müsse.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28. November 2000 wies die Beklagte die
Widersprüche des Klägers zurück und legte dem Kläger
eine Gebühr für den Widerspruchsbescheid in Höhe von 371
DM auf.

Der Kläger hat am 21. Dezember 2000 Klage erhoben und trägt
im Wesentlichen vor, er sei nicht zur Reinigung der Straße verpflichtet
gewesen, weil die Verschmutzung vor seinem Grundstück von gemeindeeigenen
Eichen verursacht werde.

Der Kläger beantragt, die Bescheide der Beklagten vom 21. Juli 2000
und 8. August 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November
2000 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie tritt dem Vorbringen
des Klägers entgegen.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 23. April 2002 die Widereröffnung
der mündlichen Verhandlung beantragt, weil neue rechtliche Gesichtspunkte
aufgetreten seien. Das Amtsgericht Lüneburg habe alle Ordnungswidrigkeitenverfahren
gegen ihn im Hinblick auf den Eigentumsübergabevertrag des Klägers
mit seinem Bevollmächtigten vom 15. Dezember 1994 eingestellt.

...

Aus den Entscheidungsgründen

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Bescheide vom 21. Juli 2000 (Aufforderung zur Straßenereinigung
u.a.) und vom 8. August 2000 (Zwangsgeldfestsetzung) sowie der Widerspruchsbescheid
vom 28. November 2000 sind rechtmäßig und verletzten den Kläger
nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

Einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung bedarf es
nicht, weil das neue Vorbringen des Klägers in seinem Schriftsatz
vom 23. April 2002 keiner Erörterung nach § 104 Abs. 1 VwGO bedarf.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist er der richtige Adressat
der Bescheide der Beklagten. Denn er ist als Eigentümer des Grundstücks
... in ... Adressat der in § 1 Abs. 2 der Straßenreinigungssatzung
(StrRS) der Beklagten festgeschriebenen Reinigungspflicht. § 1 Abs. 2
StrRS überträgt die Straßenreinigungspflicht auf die Anlieger.
Anlieger sind gem. § 2 Abs. 2 StrRS die Eigentümer und Erbbauberechtigten
bebauter und unbebauter Grundstücke, die an die zu reinigenden Straßen
grenzen. Für den vorliegenden Fall ergibt sich nichts anderes daraus,
dass der Kläger seinem Bevollmächtigten mit Übergabevertrag
vom 15. Dezember 1994 ein Nießbrauchrecht eingeräumt hat mit
der Verpflichtung, die außerordentlichen öffentlichen Lasten
und Abgaben zu tragen. Denn diese privatrechtliche Vereinbarung betrifft
lediglich das Innenverhältnis zwischen dem Kläger und seinem
Bevollmächtigten und hat keine Auswirkung auf die öffentlich-rechtliche
Straßenreinigungspflicht. Es ist nicht ersichtlich und auch nicht
vorgetragen, dass der Bevollmächtigte gegenüber der Beklagten
mit deren Zustimmung die Reinigungspflicht gem. § 2 Abs. 3 StrRS übernommen
hätte. Dies hat im Übrigen bereits das Niedersächsische
OVG in seinem Urteil vom 27. Mai 1998, Az. 12 K 5583/96 ausgeführt.

Der Kläger ist gemäß § 1 Abs. 2, § 2 Abs. 1 der Satzung
der Beklagten über die Reinigung öffentlicher Straßen
vom 15. Oktober 1975 verpflichtet, die an seinem Grundstück liegenden
Straßen zu reinigen. Die Straßenreinigungssatzung der Beklagten
ist rechtmäßig. Dies hat das Niedersächsische OVG bereits
in seinem Urteil 27. Mai 1998 a.a.O. ausgeführt. Insbesondere hat
das Niedersächsische OVG festgestellt, dass die Übertragung
der Straßenreinigungspflicht der Gemeinde auf die Eigentümer
der anliegenden Grundstücke gem. § 52 Abs. 4 Satz 1 NStrG mit Art.
2 Abs. 1, 12 Abs. 2 und 3 GG vereinbar ist. Dieser Auffassung schließt
sich die Einzelrichterin an. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf
den Inhalt dieses Urteils Bezug genommen. Die Einwendungen des Klägers
gegen dieses Urteil rechtfertigen keine andere Beurteilung.

Die von der Beklagten festgesetzte Frist zur Reinigung von über
14 Tagen ist nicht rechtsfehlerhaft. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung
der Beklagten über Art und Umfang der Straßenreinigung hat
die Reinigung bei Gefahrenquellen unverzüglich zu erfolgen. Der Kläger
ist damit verpflichtet, sicherzustellen, dass eine solche unverzügliche
Reinigung gegebenenfalls sofort erfolgen kann. Die ihm zur Verfügung
stehende Frist von zwei Wochen war mithin mehr als ausreichend.

Das Vorbringen des Klägers, dass nur er mit Bescheiden zur Reinigung
aufgefordert werde, führt nicht zum Erfolg der Klage. Denn bei anderen
Reinigungsverpflichteten reicht eine schlichte Aufforderung zur Reinigung
meist offensichtlich aus, damit die Arbeiten durchgeführt werden.
Selbst wenn die Beklagte andere Grundstückseigentümer nicht
per Verfügung zur Straßenreinigungspflicht trotz Vorliegen
der Voraussetzungen aufgefordert hätte, könnte sich der Kläger
nicht mit Erfolg darauf berufen. Denn eine Gleichheit im Unrecht kennt
das deutsche Recht nicht.

Die Androhung des Zwangsgeldes in Höhe von 1.000 DM und die Androhung
der Ersatzvornahme im Bescheid vom 21. Juli 2000 sind rechtlich nicht
zu beanstanden. Entgegen der Auffassung des Klägers durfte die Beklagte
in dem Bescheid vom 21. Juli 2000 sowohl die Festsetzung eines Zwangsgeldes
(§§ 64, 67, 70 NGefAG) als auch die Ersatzvornahme (§§ 64, 66, 70) androhen.
Nach § 70 Abs. 3 NGefAG ist, wenn mehrere Zwangsmittel angedroht werden,
anzugeben, in welcher Reihenfolge sie angewendet werden sollen. Die Beklagte
hat sich in dem Bescheid vom 21. Juli 2000 für eine Reihenfolge entschieden
und "zunächst" die Zwangsgeldfestsetzung und "als
weiteres" Zwangsmittel die Ersatzvornahme angedroht.

Die Zwangsgeldfestsetzung in Höhe von 1.000 DM sowie die erneute
Androhung der Ersatzvornahme unter Fristsetzung bis zum 18. August 2000
in dem Bescheid der Beklagten vom 8. August 2000 sind rechtmäßig.
Die Frist von anderthalb Wochen ist, insbesondere in Anbetracht dessen,
dass der Kläger bereits mit Bescheid vom 21. Juli 2000 zur Straßenreinigung
aufgefordert worden war, angemessen gewesen. Zur Durchsetzung der Reinigungspflicht
ist die Zwangsgeldfestsetzung ein angemessenes Mittel gewesen. Denn die
Beklagte hat bereits in den Vorjahren Ersatzvornahmen angedroht und durchführen
müssen (vgl. VG Lüneburg, 2 A 29/00, 30/00 und 31/00). Da es
nicht Aufgabe der Beklagten sein kann, für einen Reinigungsverpflichteten
die Reinigung im Wege der Ersatzvornahme dauerhaft vorzunehmen, ist die
Beklagte berechtigt gewesen, zunächst ein Zwangsmittel zur Durchsetzung
der Straßenreinigungspflicht festzusetzen.

Die Höhe der in den beiden Bescheiden festgesetzten Verwaltungskosten
ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m.
§ 708 Nr. 11 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 124
a VwGO liegen nicht vor.
 

Gericht: VWG Lüneburg
Aktenzeichen: 5 A 127/01

Redaktion (allg.)

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