Makler haften

Grundsätzlich haften Makler für falsche Angaben beim Hausverkauf. Der Makler hatte im Exposé eine 70 qm große Einliegerwohnung im Souterrain des Hauses ausgewiesen. Die Räume im Untergeschoss wurden aber nicht als Wohnräume genehmigt. Die Käufer, die das Haus für 750.000 Mark erworben hatten, verklagten den Makler erfolgreich auf über 130.000 Mark Schadenersatz.

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Bild: natali_mis/stock.adobe.com
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Aus dem Tatbestand

Aufgrund einer Immobilienkurzbeschreibung eines Einfamilienhauses,
in der es unter anderem hieß, "die Einliegerwohnung ist
ebenso realisierbar wie Wohnen und Arbeiten", nahmen die Kläger
Verbindung mit der beklagten Maklerin auf. Diese übersandte
den Klägern mit Telefax vom 2. Februar 1996, das die Provisionserwartung
enthielt, ein Exposé, in dem unter anderem eine Wohnfläche
im Souterrain/Einliegerwohnung von 67,90 qm ausgewiesen ist.

Nach der Besichtigung des Objekts unterzeichneten die Klägerin
zu 2) und die Beklagte am 5. Februar 1996 eine Reservierungsvereinbarung.
Die Kläger erhielten von der Beklagten noch das Original des
Exposés, dem ein Plan beigefügt war, in welchem drei
Räume des Untergeschosses als "Zimmer" bezeichnet
waren. Nach unmittelbaren Verhandlungen mit den Verkäufern
erwarben die Kläger die Immobilie mit notariellem Kaufvertrag
vom 21. Februar 1996 zu einem Kaufpreis von 750.000 DM und zahlten
an die Beklagten die auf dieser Grundlage berechnete Provision von
43.125 DM.

Im März 1996 erfuhren die Kläger vom Kreisbauamt, die
Räume im Untergeschoss seien nicht als Wohnräume genehmigt.
In den Originalbauplänen sind die in Rede stehenden Räume
mit dem Stempelaufdruck "kein Aufenthaltsraum" versehen.
Mit der Behauptung, der Beklagten seien die Originalbaupläne
bekannt gewesen und sie hätten bei Kenntnis dieses Umstandes
die Immobilie nicht zu einem Preis von 750.000 DM gekauft, verlangen
die Kläger als Schadensersatz den Betrag, um den das Haus wegen
der mangelnden Realisierbarkeit einer Einliegerwohnung weniger wert
sei, und den hierauf bezogenen Anteil der Maklerprovision. Ihre
auf Zahlung von 130.019,52 DM nebst Zinsen gerichtete Klage hatte
in den Vorinstanzen keinen Erfolg.

 

Aus den Entscheidungsgründen

Die Revision der Kläger führt zur Aufhebung des angefochtenen
Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

 

I.

Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Genehmigung der
Nutzung des Untergeschosses als Einliegerwohnung noch möglich
ist. Es verneint eine Schadensersatzpflicht der Beklagten, weil
nicht nachgewiesen sei, dass der für die Beklagte tätig
gewesene frühere Büroleiter W... gewusst, aber den Klägern
verschwiegen habe, dass die Räume im Untergeschoss in der Baugenehmigung
nicht als Wohnräume genehmigt gewesen seien. Die Beklagte habe
auch nicht gegen die dem Makler obliegende Pflicht verstoßen,
dem Auftraggeber keine unrichtigen Vorstellungen zu vermitteln.
Zwar sei die Aussage im Exposé, das Haus verfüge über
eine Einliegerwohnung, objektiv falsch gewesen. Dass diese Aussage
bereits insofern unrichtig gewesen sei, als eine Einliegerwohnung
schon mangels einer Küche nicht vorhanden gewesen sei, hätten
die Kläger selbst erkennen können. Für die Frage
der Realisierbarkeit einer Einliegerwohnung gelte dies zwar nicht.
Insoweit treffe die Beklagte aber kein Verschulden. Der Beschaffenheit
der Fußbodenbeläge habe der Büroleiter der Beklagten
entnehmen können, dass die Voreigentümer die Räume
als Wohnräume genutzt hätten. Für die Nutzbarkeit
als Wohnräume hätten auch ihre Höhe und die großen
Fenster zur Gartenseite gesprochen. Da die Kläger nicht behauptet
hätten, dass die Möglichkeit der Nutzung einer Einliegerwohnung
bei den Kaufverhandlungen eine Rolle gespielt hätte, habe der
Büroleiter der Beklagten keinen Anlass gehabt, diese Frage
näher zu prüfen; er habe sich mit dem sich aufdrängenden
Augenschein zufrieden geben dürfen.

 

II.

Diese Beurteilung hält den Rügen der Revision in einem
maßgebenden Punkt nicht stand.

1. Der Makler steht – wie das Berufungsgericht nicht
verkennt – zu seinem Auftraggeber als dessen Interessenvertreter
in einem besonderen Treueverhältnis, aus dem sich für
ihn bei der Erfüllung seiner Aufgabe bestimmte Nebenpflichten
ergeben. Eine sachgemäße Interessenwahrnehmung gebietet
regelmäßig, den Auftraggeber nicht nur über das
aufzuklären, was unerlässlich ist, damit dieser vor Schaden
bewahrt wird, sondern auch über alle dem Makler bekannten Umstände,
die für die Entschließung des Auftraggebers von Bedeutung
sein können (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 1981, Az. Iva ZR
244/80, NJW 1981, 2685 f). Wieweit die Unterrichtungspflicht im
einzelnen zu ziehen ist, hängt von den Umständen des konkreten
Falles ab. Ist der Makler hiernach zu einer Unterrichtung seines
Auftraggebers verpflichtet, gebietet es die von ihm wahrzunehmende
Sorgfalt, keine Informationen zu erteilen, für die es an einer
hinreichenden Grundlage fehlt. Steht ihm eine solche nicht zur Verfügung
oder kann er sich nicht verschaffen, muss er – ebenso wie der
Bundesgerichtshof dies für den Anlagevermittler entschieden
hat (vgl. Urteil vom 25. November 1981, Az. Iva ZR 286/80, NJW 1982,
1095, 1096; Senatsurteile vom 13. Mai 1993, Az. III ZR 25/92, NJW-RR
1993, 1114, 1115 und vom 13. Januar 2000, Az. III ZR 62/99, NJW-RR
2000, 998) – zumindest diesen Umstand offen legen. Die Erklärungen
des Maklers müssen insgesamt so beschaffen sein, dass sie bei
seinem Kunden keine unzutreffenden Vorstellungen vermitteln (vgl.
BGH, Urteil vom 17. Oktober 1990, Az. IV ZR 197/89, NJW-RR 1991,
627, 628). Hieraus folgt für den Makler, der sich in Verhandlungen
mit einem Kunden befindet, ebenso wie für den Anlagevermittler
im Rahmen eines stillschweigend geschlossenen Auskunftsvertrags
(vgl. Senatsurteil vom 12. Juni 1997, Az. III ZR 278/95, NJW 1998,
448), auch die Pflicht, fehlerhafte Angaben richtig zu stellen.

2. Gemessen an diesen Maßstäben kann nach den
bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts eine schuldhafte
Verletzung von Nebenpflichten der Beklagten nicht verneint werden.

a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass
die Aussage im Exposé, das Haus verfüge über eine
Einliegerwohnung, objektiv unrichtig war. Insoweit liegt eine schuldhafte
Pflichtverletzung der Beklagten vor; denn für ihre Aussage
im Exposé fehlte es ihr an jeder Grundlage. Soweit das Berufungsgericht
diesem Umstand haftungsrechtlich keine Bedeutung beimisst, weil
die Kläger im Rahmen der Besichtigung das Nichtvorhandensein
der Einliegerwohnung wahrgenommen hätten, ist seine Entscheidung
nicht zu beanstanden.

b)Demgegenüber konnten die Kläger bei
der Besichtigung nicht erkennen, dass die in Frage stehenden Räume
im Untergeschoss nicht als Aufenthaltsräume genehmigt waren.
Mangels anderweitiger Feststellungen des Berufungsgerichts muss
im Revisionsverfahren ferner zugunsten der Kläger davon ausgegangen
werden, dass – jedenfalls auch aus diesem Grund – die
Angabe der Beklagten, im Untergeschoss des Hauses ließe sich
eine Einliegerwohnung realisieren, unrichtig war.

c) Wegen der hierin liegenden Pflichtverletzung hat
die Beklagte den ihr obliegenden Entlastungsbeweis nicht geführt.
Das Berufungsgericht übersieht bzw. berücksichtigt nicht,
dass die Beklagte auch für ihren Hinweis auf die Realisierbarkeit
einer Eigentumswohnung im Untergeschoss keine ausreichende Grundlage
hatte. Nach ihrem eigenen Vortrag hatten die Voreigentümer
ihrem Büroleiter bei der Hereinnahme des Objekts anlässlich
einer Besichtigung erklärt, ein Raum sei von ihrem Vater als
Gymnastikraum benutzt worden, einen anderen hätten sie als
Arbeitsraum bezeichnet, in einem dritten habe einer von ihnen gewohnt.
Auch wenn diese Darstellung nicht in jeder Einzelheit mit den Bekundungen
der als Zeugen vernommenen Verkäufer übereinstimmt, lässt
sich ihr doch nichts für eine Information der Beklagten durch
die Verkäufer entnehmen, im Untergeschoss des Hauses befinde
sich eine Einliegerwohnung oder eine solche sei realisierbar. Deshalb
hätte die Beklagte lediglich die Information der Verkäufer
weitergeben dürfen, die fraglichen Räume im Untergeschoss
seien von den Vorbesitzern als Wohnräume genutzt worden. Zu
einer entsprechenden Richtigstellung ihrer ohne ausreichende Grundlage
gemachten Aussagen in der Kurzbeschreibung und im Exposé
war die Beklagte spätestens im Zusammenhang mit der Besichtigung
des Anwesens oder kurz danach verpflichtet. Denn da sich ihre haltlose
Aussage über das Vorhandensein einer Einliegerwohnung jedenfalls
bei der Besichtigung herausstellte, bestand für sie Anlass,
auch ihre weitere Aussage über die Realisierbarkeit einer Einliegerwohnung
zu überprüfen. Da die Beklagte nach ihrem Prozessvortrag
jedenfalls seinerzeit noch nicht die Erkundigungen beim Kreisbauamt
eingeholt hatte, mit denen sie im anhängigen Rechtsstreit die
Richtigkeit ihre Angaben über die Realisierbarkeit der Einliegerwohnung
dartun will, hätte eine solche Überprüfung ergeben,
dass sie ihre zu weit gehenden Angaben hätte zurücknehmen
und sich auf eine Weitergabe der von den Verkäufern erteilten
Informationen hätte beschränken müssen.

Gegen eine solche Verpflichtung kann nicht eingewandt werden, die
Kläger hätten das Haus selbst nutzen wollen und an eine
Vermietung der Räumlichkeiten im Untergeschoss nicht gedacht.
Zum einen war der Beklagten dies nicht sicher bekannt, als sie im
zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluss des Maklervertrages das
von ihr hereingenommene Objekt in der Kurzbeschreibung und im Exposé
beschrieb. Vielmehr spricht der Umstand, dass der Kunde des Maklers
auf einen solchen Nachweis eingeht und das Objekt sodann besichtigt,
grundsätzlich für ein entsprechendes Interesse. Zum anderen
ergibt sich aus der Bekundung des Zeugen K..., dass bei der Besichtigung
die Frage erörtert wurde, ob ein Raum als Küche genutzt
werden könne. Dann stand aber ungeachtet der möglicherweise
im Vordergrund stehenden Absicht der Kläger, das Haus selbst
zu nutzen, auch für die Beklagte erkennbar die Möglichkeit
der Einrichtung einer Einliegerwohnung als eine – vielleicht
später zu realisierende – Option im Raum, die die Beklagte
dazu verpflichtete, ihre wirklichen Kenntnisse zu offenbaren und
von dem zu trennen, was zum damaligen Zeitpunkt Gegenstand bloßer
Vermutungen war.

 

III.

Die angefochtene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen
Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO).

1. Ist die Genehmigung der Nutzung des Untergeschosses als
Einliegerwohnung nicht möglich, ist nach dem derzeitigen Sachstand
grundsätzlich von einer Haftung der Beklagten auszugehen. Die
Kläger, die am Kaufvertrag mit den Verkäufern festgehalten
haben, können als Ersatz ihres Vertrauensschadens den Betrag
verlangen, um den sie das Haus objektiv zu teuer erworben haben.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob es ihnen bei Kenntnis der wahren
Sachlage gelungen wäre, den Vertrag zu einem günstigeren
Preis abzuschließen (vgl. BGH, Urteil vom 8., Dezember 1988,
Az. VII ZR 83/88, NJW 1989, 1793, 1794). Dass den Klägern ,die
einen Wert ihres Hauses von maximal 627.000 DM behauptet haben,
überhaupt einen Schaden in dieser Hinsicht entstanden ist,
haben sie zulässigerweise in das Wissen eines Sachverständigen
gestellt. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Wertfestsetzung
nach § 19 Abs. 1, 2 KostO durch die Geschäftsstelle der Abteilung
6 a des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 21. November 1995 für
die Beurteilung des den Klägern möglicherweise entstandenen
Schadens ohne Bedeutung.

2. Einem Anspruch der Kläger steht auch nicht nach
§ 254 BGB entgegen, dass sie auf eine vom Zeugen G... T... bekundete
Anregung nicht eingegangen sind, mit Rücksicht auf die bekannt
gewordenen Umstände den Kauf rückgängig zu machen.
Die Kläger, die nach ihrem Vortrag zu diesem Zeitpunkt schon
mit der Renovierung des Hauses begonnen hatten, mussten sich wegen
eines möglichen Fehlverhaltens der Beklagten nicht auf eine
Rückabwicklung des Kaufvertrages einlassen, zumal die Frage
noch völlig offen war, wer für die durch den Vertragsschluss
bereits entstandenen und durch seine Rückgängigmachung
weiter anfallenden Kosten hätte aufkommen sollen. Den Verkäufern
war dies nicht anzusinnen. Dass die Beklagte bereit gewesen wäre,
die Kläger hiervon zu entlasten, hat sie nicht dargetan.

3. Der Senat kann im gegenwärtigen Verfahrensstadium
davon absehen, auf die Verfahrensrügen der Revision gegen die
Würdigung des Berufungsgerichts einzugehen, die Kläger
hätten nicht nachgewiesen, dass dem Büroleiter der Beklagten
der Originalbauplan bekannt gewesen sei. Das Berufungsgericht hat,
sollte es hierauf im weiteren Verfahren ankommen, Gelegenheit, diesen
Fragenkreis unter Berücksichtigung der von der Revision erhobenen
Rügen erneut tatrichterlich zu würdigen.

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Gericht: BGH KARLSRUHE
Aktenzeichen: III ZR 43/99

Redaktion (allg.)

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