Makler haftet

Hat der Käufer einer Immobilie den Vertrag rückgängig gemacht, weil ihm schwerwiegende Mängel (hier in der Statik) vom Verkäufer arglistig verschwiegen wurden, so muss auch der Makler seine Provision wieder zurückgeben, selbst wenn er von den Mängeln nichts wusste.

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Bild: natali_mis/stock.adobe.com
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Aus dem Tatbestand

Die Kläger kauften am 6. Oktober 1995 ein im Bezirk ... gelegenes Hausgrundstück zum Preis von 185.000 DM und zahlten dafür an die Beklagte eine Vermittlungsprovision von 6.382,50 DM. Mit der Behauptung, das erworbene Wohnhaus weise zahlreiche, vom Verkäufer in betrügerischer Absicht verdeckte Mängel auf, erhoben sie im Mai 1996 gegen diesen Wandelungsklage. Das Landgericht gab der Klage rechtskräftig statt und führte zur Begründung aus, die Statik des Hauses sei dermaßen unzureichend, dass Einsturzgefahr bestehe. Diesen Mangel habe der beklagte Verkäufer arglistig verschwiegen.

Im vorliegenden Rechtsstreit nehmen die Kläger die Beklagte auf Rückzahlung der Maklerprovision und Schadensersatz in einer Gesamthöhe von zuletzt 186.820,60 DM in Anspruch. Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Kläger hat der Senat nur insoweit angenommen als die Klage auch wegen eines Teilbetrags von 6.382,50 DM abgewiesen worden ist.

Aus den Entscheidungsgründen

Im Umfang der Annahme hat die Revision Erfolg.

 

I.

Das Berufungsgericht hat die Beklagte nicht als Vermittlerin des Kaufvertrages, sondern lediglich als Nachweismaklerin angesehen. Dass die Beklagte indessen die ihr auch in dieser Eigenschaft obliegenden Aufklärungs- und Informationspflichten gegenüber den Klägern verletzt und ihnen für den Abschluss des Kaufvertrags wesentliche Umstände verschwiegen habe, habe die Beweisaufnahme nicht ergeben. Die vollzogene Wandelung des zunächst wirksam zustande gekommenen Kaufvertrags beeinflusse mangels Rückwirkung den Provisionsanspruch der Beklagten nicht.

 

II.

Diese Erwägungen halten rechtlicher Nachprüfung insoweit stand, als es um die mit der Klage hauptsächlich geltend gemachten Schadensersatzansprüche geht. Der Senat hat aus diesem Grund die Revision der Kläger größtenteils auch nicht angenommen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt hingegen in Höhe der gezahlten Maklerprovision von 6.382,50 DM aufgrund der Wandelung des Kaufvertrages ein Wegfall der Zahlungspflicht und damit ein Bereicherungsanspruch der Kläger gegen die Beklagte in Betracht (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB).

1. § 652 Abs. 1 BGB macht das Entstehen eines Provisionsanspruchs des Makler nur vom Zustandekommen des Hauptvertrages, nicht von dessen Ausführung abhängig. Demnach schließen Umstände, die einen wirksamen Abschluss des Hauptvertrags verhindern oder ihn als von Anfang an unwirksam erscheinen lassen (Formnichtigkeit, Gesetzwidrigkeit, Sittenwidrigkeit, anfängliche objektive Unmöglichkeit, Anfechtung wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung) eine Provisionspflicht aus. Dagegen lassen Umstände, die ohne eine im Vertragsschluss selbst liegende Unvollkommenheit lediglich die Leistungspflichten aus dem Vertrag beseitigen (wie nachträgliche Unmöglichkeit, Kündigung, Rücktritt oder einverständliche Vertragsaufhebung), den Provisionsanspruch regelmäßig unberührt (BGH, Urteil vom 11. November 1992, Az. IV ZR 218/91, NJW-RR 1993, 248, 249; Senatsurteil vom 20. Februar 1997, Az. III ZR 81/96, VersR 1997, 1233; MünchKomm/Roth, BGB, 3. Aufl., § 652 Rdnr. 139 m.w.N.).

2. Zu den zuletzt genannten, nur die Durchführung des nachgewiesenen oder vermittelten Geschäfts betreffenden Umständen rechnet die ganz herrschende Meinung auch eine Wandelung des Kaufvertrags, ohne Rücksicht darauf, ob der Mangel der Kaufsache bereits bei Vertragsschluss vorgelegen hat oder erst nachträglich entstanden ist (OLG Hamburg OLGE 39, 208, 209; OLG Köln MDR 1956, 294; OLG Oldenburg RDM-Slg A 137 Bl. 13; Emran/O. Werner, BGB, 10. Aufl., § 652 Rdnr. 40 a.E.; Palandt/Sprauch, BGB, 59. Aufl., § 652 Rdnr. 26; BGB-RGRK/Dehner, 12. Aufl., § 652 Rdnr. 13; Soergel/Lorentz, BGB, 12. Aufl., § 652 Rdnr. 33; Kempen, Der Provisionsanspruch des Zivilmaklers bei fehlerhaftem Hauptvertrag, 1984, S. 93 f.; im Ergebnis teilweise abweichend – bei ursprünglichen Sachmängeln könne die wirtschaftliche Gleichwertigkeit zwischen dem beabsichtigten und dem abgeschlossenen Hauptvertrag fehlen: MünchKomm/Roth, § 652 Rdnr. 150; Staudinger/Reuter, BGB, 13. Bearb., §§ 652, 653 Rdnr. 102). Etwas anderes soll nur dann gelten, wenn die Wandelung an die Stelle eines sonst bestehenden Anfechtungsrechts nach § 119 Abs. 2 BGB tritt, weil der Makler aus den auf die Verkäufer-Käufer-Beziehungen zugeschnittenen Sonderregelungen über die Sachmängelgewährleistung in den §§ 459 ff. BGB, die in ihrem Anwendungsbereich einen Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften grundsätzlich ausschließen, keine Vorteile ziehen dürfe (OLG Braunschweig NJW 1954, 1083; OLG Karlsruhe RDM-Slg A 137 Bl. 9; Erman/O. Werner, § 652 Rdnr. 40; Reichel, Die Mäklerprovision, 1913, S. 67 f.; Schwerdtner, Maklerrecht, 4. Aufl. Rdnr. 492; im Ergebnis auch Staudinger/Reuter, §§ 652, 653 Rdnr. 85 f., 103 – fehlende wirtschaftliche Gleichwertigkeit, a.A. Kempen, a.a.O., S. 65 ff., 94).

3. Der Senat muss diese Fragen ebenso wenig entscheiden wie dazu Stellung nehmen, inwieweit ein ursprünglicher Sachmangel die wirtschaftliche Identität der beiden Geschäfte entfallen lassen kann. Eine Irrtumsanfechtung greift hier schon deswegen nicht durch, weil der Kaufvertrag einen umfassenden Gewährleistungsausschluss enthält, der auch eine Anfechtung wegen Eigenschaftsirrtums umfasst (vgl. MünchKomm/Westermann, § 459 Rdnr. 85 m.w.N.). Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass spätere Einflüsse auf das rechtliche Schicksal des Hauptvertrags sich nicht auf die Maklerprovision auswirken, ist aber jedenfalls in den Fällen geboten, in denen – wie bei der arglistigen Täuschung (§ 123 BGB) – wegen desselben Mangels ein Anfechtungsrecht neben den kaufrechtlichen Gewährleistungsvorschriften besteht und der Vollzug der Wandelung daher zugleich das aus derselben Fehlerquelle stammende, alternative Recht des Käufers, den Kaufvertrag ex tunc zu beseitigen, realisiert (vgl. auch Staudingern/Reuter, §§ 652, 653 Rdnr. 87 zur Ausübung eines gesetzlichen Rücktrittsrechts statt der Anfechtung). Der Käufer hat bei einem solchen Sachverhalt – ohne Rücksicht auf den Gewährleistungsausschluss (§ 476 BGB) – die freie Wahl zwischen dem Verlangen nach einer Gewährleistung und der Anfechtung des Kaufvertrags (MünchKomm/Westermann, § 459 Rdnr. 86 m.w.N.); wofür er sich entscheidet, wird weitgehend von den ihm im Einzelfall günstigsten Rechtsfolgen abhängen. Aus der Sicht des Maklers ist diese Entscheidung rein zufällig. Es wäre willkürlich, hiervon das Bestehen seines Provisionsanspruches abhängig zu machen. Für die Maklervergütung ist vielmehr allein maßgebend, dass der vermittelte oder nachgewiesene Vertrag wegen des "Makels der Anfechtbarkeit" von Anfang an an einer Unvollkommenheit leidet und daran wirtschaftlich auch scheitert, vergleichbar darin denjenigen Fallgestaltungen, in denen die Vertragsparteien den Hauptvertrag mit Rücksicht auf ein Anfechtungsrecht einverständlich wieder aufheben (s. hierzu OLG Köln NJW-RR 1997, 693; OLG Celle NJW-RR 1999, 128; OLG Hamburg NJW-RR 1999, 351; Schwerdtner a.a.O., Rdnr. 473; vgl. auch OLG Hamm NJW-RR 1991, 249 f.; Staudinger/Reuter, §§ 652, 653 Rdnr. 93). Eine solche Gleichbehandlung von Gewährleistung und Vertragsanfechtung setzt allerdings voraus, dass das Anfechtungsrecht noch bestand, der Käufer mithin seine Gewährleistungsrechte insbesondere noch innerhalb der einjährigen Anfechtungsfrist des § 124 Abs. 1 BGB geltend gemacht hat (vgl. Schwerdtner, a.a.O., Rdnr. 492).

4. Im Streitfall ist nicht zu bezweifeln, dass die Kläger mit ihrer am 31. Mai 1996 erhobenen Wandelungsklage diese Jahresfrist eingehalten haben. Andererseits lässt sich revisionsrechtlich nicht sicher beurteilen, ob die Voraussetzungen einer Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung auch im Übrigen vorgelegen haben. Das Berufungsgericht hat hierzu – aus seiner Sicht folgerichtig – keine hinreichenden Feststellungen getroffen; das rechtskräftige Urteil des Landgerichts im vorausgegangenen Verfahren gegen den Verkäufer, in dem das Gericht einen wesentlichen Sachmangel und eine arglistige Täuschung der Käufer über diesen Umstand bejaht hat, bindet mangels einer Streitverkündung die Beklagte nicht. Infolgedessen muss das Berufungsurteil in diesem Umfang aufgehoben und die Sache zur erneuten tatrichterlichen Prüfung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
 

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Gericht: BGH KARLSRUHE
Aktenzeichen: III ZR 3/00

Redaktion (allg.)

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