Mietspiegel auch für Einfamilienhaus

Vermieter, die Mieterhöhungen für Mieter im Einfamilienhaus durchsetzen wollen, dürfen dafür den Mietspiegel für Mehrfamilienhäuser als Begründung verwenden. Diese bislang umstrittene Rechtsfrage wurde jetzt vom Bundesgerichtshof vermieterfreundlich entschieden.

Begründung der Richter: Wohnungen in Mehrfamilienhäusern sind in der Regel billiger als gemietete Einfamilienhäuser. Deshalb ist es nicht zu beanstanden, wenn der Vermieter die günstigeren Quadratmeterpreise in Mehrfamilienhäusern als Vergleichsmieten heranzieht. Im konkreten Fall hatte die geschiedene Frau zusammen mit den gemeinsamen Kindern im Einfamilienhaus des Ex-Mannes gewohnt. Als der die Miete geringfügig erhöhte und sich auf den Mietspiegel der Stadt Krefeld bezog, widersprach die Ex-Frau der Mieterhöhung mit der Begründung, der Mietspiegel beziehe sich auf Mehrfamilienhäuser und nicht auf Einfamilienhäuser. Dem widersprach der BGH und erklärte die Mieterhöhung des Ex-Mannes für wirksam.

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Bild: natali_mis/stock.adobe.com
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Aus dem Tatbestand

Die Beklagte war aufgrund eines Vertrages vom 1. Oktober 2001 Mieterin eines Einfamilienhauses des Klägers in K. Die Parteien waren früher ein Ehepaar und gemeinsam Eigentümer dieses Hauses. Im Rahmen der Trennung wurde das Haus vom Kläger übernommen. Die Beklagte wohnte sodann dort mit den gemeinsamen Kindern.
Die Parteien vereinbarten für die 128 qm Wohnfläche eine monatliche Nettomiete von 511,29 Euro. Mit Schreiben vom 28. Februar 2006 forderte der Kläger von der Beklagten die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete auf 4,79 Euro/qm (Gesamtnettomiete von 613,55 Euro monatlich) ab 1. Mai 2006. Er bezog sich dabei auf den Mietspiegel für die Stadt K., Stand Januar 2002, unter Eingruppierung des Hauses in die dort genannte Wohnlage B.
Da die Beklagte der Erhöhung nicht zustimmte, machte der Kläger sein Verlangen gerichtlich geltend. Das Amtsgericht hat die Beklagte unter Berücksichtigung der Kappungsgrenze von § 558 Abs. 3 BGB verurteilt, der Erhöhung der Nettomiete auf monatlich 613,12 Euro zuzustimmen, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Aus den Entscheidungsgründen

Die Revision des Klägers hat Erfolg.

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Das Zustimmungsverlangen des Klägers sei formell unwirksam, weil die gesetzlich vorgeschriebene Begründung fehle. Zwar habe sich der Kläger auf den Mietspiegel der Stadt K. gestützt. Dieser sei jedoch kein taugliches Begründungsmittel, weil der Mietspiegel keine Daten für Einfamilienhäuser enthalte, sondern sich nur auf Wohnungen in Zwei- oder Mehrfamilienhäusern beziehe. Dagegen könne nicht geltend gemacht werden, die Miete für Einfamilienhäuser liege meist oder immer über der für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern.

II.
Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1.Zu Unrecht hat das Landgericht das Zustimmungsverlangen für formell unwirksam gehalten, weil der Mietspiegel für K. keine Angaben über Einfamilienhäuser enthalte.
a) Diese Rechtsansicht - sofern der Mietspiegel keine Angaben für Einfamilienhäuser enthalte, könne mit einem solchen Mietspiegel eine Mieterhöhung für ein Einfamilienhaus nicht begründet werden - wird in Rechtsprechung und Literatur vertreten (u.a. LG Berlin, GE 2002, 1197; LG Gera, WuM 2002, 497; LG Hagen, WuM 1997, 331; Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 9. Aufl., § 558a BGB Rdnr. 35).
b) Nach anderer Ansicht reicht zur Begründung des Erhöhungsverlangens für die Miete eines Einfamilienhauses die Bezugnahme auf den an sich nicht einschlägigen Mietspiegel jedenfalls dann aus, wenn die verlangte Miete innerhalb der Mietpreisspanne für Mehrfamilienhäuser liegt (Kniep, NZM 2000, 166 f. m.w.N.; MünchKommBGB/Artz, 5. Aufl., § 558a Rdnr. 17).
c) Die letztgenannte Ansicht trifft zu. Denn die Miete für Einfamilienhäuser liegt im Regelfall über der Miete für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern. Dies entspricht nicht nur einem Erfahrungssatz. Im Mietspiegel selbst ist unter IV. vermerkt, dass Wohnungen in kleineren Wohneinheiten tendenziell höherpreisig sind, wie sich aus dem Text ergibt: „Bei Wohnungen in Zweifamilienhäusern (...) ist in der Regel vom oberen Tabellenwert auszugehen“.
Dafür, dass im Streitfall Besonderheiten zu berücksichtigen wären, die ein anderes Ergebnis nahe legen würden, ist weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich.
In der Revisionsinstanz war über eine Verpflichtung zur Zustimmung zu einer Mieterhöhung auf 4,79 Euro/qm zu entscheiden. Die Spanne für sonst vergleichbare Wohnungen in Mehrfamilienhäusern wird im Mietspiegel mit 6,50 Euro bis 7,40 Euro angegeben. Es liegt daher fern, dass die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete (§ 558 BGB) für Einfamilienhäuser überschritten würde. Dies gilt umso mehr, als nach einem vom Erstgericht eingeholten Sachverständigengutachten die ortsübliche Vergleichsmiete für das Einfamilienhaus des Klägers 7,25 Euro/qm beträgt.
2. Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, die Vereinbarung in § 4a des Mietvertrages stehe einer Mieterhöhung entgegen.
§ 4a des Mietvertrages lautet:
„Auch während einer festen Laufzeit des Vertrages kann die Miethöhe durch freie vertragliche Vereinbarung einer nachfolgenden Vereinbarung oder entsprechend gesetzlichen Vorschriften geändert werden, für den Fall dass eine in eheähnliche Gemeinschaft lebende Person mit einzieht, wird eine gesonderte Vereinbarung getroffen.“
Wie das Erstgericht bereits frei von Rechtsfehlern ausgeführt hat, sollte durch die Vereinbarung lediglich klargestellt werden, dass bei einer Aufnahme einer der Vereinbarung unterfallenden Person sich die Parteien nicht mehr an die vereinbarte Miete halten lassen wollten.

III.
Nach den vorstehenden Ausführungen kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil es weiterer Feststellungen nicht bedarf (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da die Klage begründet ist, ist die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen.

Gericht: BGH Karlsruhe
Aktenzeichen: VIII ZR 58/08

Redaktion (allg.)

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