Vorbesitzer muss zahlen

Ein Hausverkauf ist hinsichtlich der Betriebskosten auch für die Mieter bedeutsam. Als das Objekt veräußert wurde, hatten die Mieter noch Anspruch auf eine Erstattung aus einem schon abgeschlossenen Abrechnungszeitraum. Sie verlangten ihr Guthaben vom neuen Eigentümer. Das Gericht meinte indes, der sei dafür gar nicht zuständig. Der Anspruch der Mieter auf Rückerstattung müsse sich vielmehr gegen den Verkäufer richten, wenn die Abrechnungsperiode vor dem Eigentümerwechsel abgeschlossen war.

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Bild: MQ-Illustrations/stock.adobe.com
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Aus dem Tatbestand

Die Kläger waren im Jahr 1998 Mieter einer Wohnung in B... Mit Wirkung
vom 1. Januar 2000 erwarb der Beklagte das Eigentum an dieser Wohnung.
Im Oktober 2000 teilte die damalige Wohnungsverwaltung den Klägern
mit, für den Abrechnungszeitraum Januar bis Dezember 1998 bestünde
zugunsten der Kläger ein Guthaben von insgesamt 1.445,02 DM (114,68
DM Betriebskosten - und 1.330,34 DM Heizkostenguthaben). Eine Überweisung
des Geldbetrages erfolgte nicht.

Mit ihrer Klage fordern die Kläger vom Beklagten die Auszahlung
des Guthabens; dieser meint, Zahlung müsse der damalige Eigentümer
leisten.

Beide Vorinstanzen haben eine Verpflichtung des Beklagten zur Auszahlung
verneint. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgen die
Kläger ihren Antrag auf Verurteilung des Beklagten weiter.

Aus den Entscheidungsgründen

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Beklagte sei nicht zur
Auszahlung des Guthabens verpflichtet, weil er im Hinblick auf den Mietvertrag
nicht Rechtsnachfolger des Veräußerers sei. Der Beklagte sei
Gläubiger und Schuldner der Ansprüche, die nach dem Zeitpunkt
des Eigentumswechsels fällig geworden seien oder sich gegen ihn richteten.
Hinsichtlich der beim Eigentumswechsel bereits beendeten Abrechnungsperiode
bestehe wegen des "Fälligkeitsprinzips" allerdings eine
Ausnahme für die Ansprüche auf Abrechnung, Nachzahlungen und
Erstattungen von Guthaben. Nebenkosten für - wie vorliegend - abgeschlossene
Abrechnungsperioden seien ungeachtet eines späteren Eigentumsübergangs
allein zwischen den bisherigen Mietvertragsparteien abzurechnen, etwaige
Nachzahlungen oder Erstattungen überzahlter Beträge seien nur
zwischen diesen Parteien abzuwickeln.

Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung
stand, so dass die Revision - trotz Säumnis des Beklagten in der
mündlichen Revisionsverhandlung - durch Endurteil zurückzuweisen
ist (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 1990 - III ZR 268/89, BGHR ZPO
§ 331 Säumnis 1).

Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass sich der Anspruch
der Mieter auf Rückerstattung überzahlter Nebenkostenvorauszahlungen
gegen den Veräußerer und nicht gegen den Erwerber richtet,
sofern die Abrechnungsperiode vor dem Eigentumswechsel abgeschlossen war,
ohne dass es darauf ankommt, wann der Rückzahlungsanspruch fällig
geworden ist.

1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass sich die
Frage, welche mietvertraglichen Rechte und Pflichten infolge eines Eigentumsübergangs
nach § 571 BGB a.F. dem Veräußerer und welche dem Erwerber
zuzuordnen sind, grundsätzlich nach dem Zeitpunkt des Entstehens
bzw. der Fälligkeit des Anspruchs beantwortet. Vor dem Eigentumswechsel
entstandene und fällig gewordene Ansprüche verbleiben dem bisherigen
Vermieter, danach fällig gewordene Forderungen stehen dem (nunmehrigen)
Grundstückseigentümer zu. Ebenso richten sich vertragliche Ansprüche
des Mieters dann gegen den Erwerber, wenn sie erst nach dem Eigentumswechsel
entstehen oder fällig werden (Senatsurteile vom 14. Oktober 1987
- VIII ZR 246/86, NJW 1988, 705 unter 2 b, cc und vom 19. Oktober 1988
- VIII ZR 22/88, NJW 1989, 451 unter II 2 b; BGH, Urteil vom 14. September
2000 - III ZR 211/99, WM 2000, 2509 unter 3).

2.Zwar ist der Anspruch des Mieters auf Auszahlung des Betriebskostenguthabens
für den Abrechnungszeitraum Januar bis Dezember 1998 erst mit Erteilung
der Betriebskostenabrechnung vom 16. Oktober 2000 fällig geworden
(vgl. BGHZ 113, 188, 194; Senatsurteil vom 27. November 2002 - VIII ZR
108/02, NJW-RR 2003, 442 unter III 1). Wie der Bundesgerichtshof für
den vergleichbaren Fall eines Eigentumswechsels nach dem Vermögensgesetz
jedoch entschieden hat, ist der frühere Eigentümer gegenüber
dem Mieter bezüglich der zum Zeitpunkt des Wechsels im Grundstückseigentum
(Bestandskraft des Rückgabebescheids) abgelaufenen Abrechnungsperiode
zur Abrechnung der Betriebskosten verpflichtet und zur Erhebung etwaiger
Nachzahlungen berechtigt. Diese Lösung sorgt für Rechtsklarheit
und vermeidet insbesondere das ungereimte Ergebnis, dass eine vor dem
Eigentumswechsel fällig gewordene Abrechnungspflicht beim bisherigen
Vermieter verbleibt, während Nachzahlungen und Erstattungen, deren
Vorbereitung und Berechnung die Abrechnung dient, dem Erwerber zustehen,
bzw. von diesem zu erbringen sind (BGH, Urteil vom 14. September 2000
a.a.O.).

Der erkennende Senat hält diese Betrachtungsweise auch im vorliegenden
Fall für sachgerecht. Das strikte Festhalten am sog. Fälligkeitsprinzip
würde einmal die Abrechnung der Nebenkosten im Regelfall erschweren,
da sich der Erwerber die nötigen Unterlagen vom Veräußerer
unter Umständen erst beschaffen muss; im übrigen können
sich für den Erwerber erhebliche Hindernisse ergeben, wenn er mit
dem Mieter über die Nebenkosten für bereits vor seinem Eigentumserwerb
abgeschlossene Rechnungsperioden abrechnen soll. Zum anderen ist zu berücksichtigen,
dass der Erwerber in der nun abzurechnenden Periode die Vorauszahlungen
nicht erhalten hat. Er müsste sich dann an den Veräußerer
wenden und eventuelle Ansprüche möglicherweise gerichtlich durchsetzen.
Auch stünde im Fall geschuldeter Nachzahlungen ein hierauf gerichteter
Anspruch dem Erwerber selbst nicht zu, nachdem der Veräußerer
die Aufwendungen für die abgelaufene Abrechnungsperiode getragen
und er deshalb Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen hat (im Ergebnis
ebenso OLG Düsseldorf NJW-RR 1994, 1101; Staudinger/Emmerich, [2003],
§566 BGB, Rdnr. 55; Schmidt-Futterer/Gather, Mietrecht, B. Aufl., § 566
Rdnr. 59; Blank/Börstinghaus, Miete, § 571 BGB Rdnr. 26; Wolf/Eckert/Ball,
Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 8. Aufl., Rdnr.
1411; a.A. OLG Naumburg, NJW-RR 1999, 160; Schenkel, NZM 1999, 5 ff.).
Soweit den Mietern danach Nachteile entstehen können, weil es ihnen
verwehrt ist, mit ihnen zustehenden Rückzahlungsforderungen gegenüber
Mietzinsforderungen des Erwerbers aufzurechnen, ist dies die Folge des
Erwerbs ihres Vertragsgegners und von ihnen hinzunehmen.
 

Gericht: BGH Karlsruhe
Aktenzeichen: - VIII ZR 168/03

Redaktion (allg.)

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