Bundesregierung verabschiedet Gesetzentwurf zur kommunalen Wärmeplanung
Das Wärmeplanungsgesetz (WPG) ist eng verzahnt mit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG). Beide Gesetze sollen am 1. Januar 2024 in Kraft treten. Das Ziel des heute vom Bundeskabinett verabschiedeten Gesetzentwurfes ist, in allen rund 11.000 Kommunen Deutschlands eine Wärmeplanung zu haben, damit Bürger und Unternehmen wissen, mit welchem Energieträger und welcher Versorgung sie lokal in Zukunft rechnen können.
Darüber hinaus wird das Ziel festgelegt, bis zum Jahr 2030 die Hälfte der leitungsgebundenen Wärme klimaneutral zu erzeugen. Wärmenetze sollen bis 2030 zu einem Anteil von 30 Prozent und bis 2040 mit einem Anteil von 80 Prozent mit Wärme aus erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme zu speisen. Schließlich enthält das Wärmeplanungsgesetz eine Verpflichtung zur Erstellung von Fahrplänen für den Wärmenetzausbau und die Dekarbonisierung der Wärmenetze. Bis spätestens 2045 soll die Wärmeversorgung vollständig aus erneuerbaren Energien und unvermeidbarer Abwärme erfolgen.
Diese Vorgaben macht das neue Gesetz
Das Wärmeplanungsgesetz ist die rechtliche Grundlage für eine verbindliche und systematische Einführung einer – allerdings nicht verbindlichen und nicht verpflichtenden – flächendeckenden Wärmeplanung in ganz Deutschland. Sie soll den Kommunen helfen, die Energieinfrastrukturen und insbesondere die leitungsgebundene Wärmeversorgung effizient, koordiniert und langfristig auszubauen und zu dekarbonisieren. Die Betreiber von Wärmenetzen sowie Gas- und Stromverteilnetzen, Gewerbetreibende, Industrie und Gebäudeeigentümer sollen Planungs- und Investitionssicherheit erhalten, so die Idee.
Langfristiger Ausbau von Wärme- und Wasserstoffnetzen
Unter Wärmeplanung versteht das Gesetz „eine rechtlich unverbindliche, strategische Fachplanung, die Möglichkeiten für den Ausbau und die Weiterentwicklung leitungsgebundener Energieinfrastrukturen für die Wärmeversorgung und der Nutzung von Wärme aus erneuerbaren Energien sowie unvermeidbarer Abwärme aufzeigt und die langfristige Gestaltung der Wärmeversorgung für das beplante Gebiet beschreibt“ (WPG §3 Nr. 6). Das Wärmeplanungsgesetz nimmt dafür die Länder in die Pflicht. Sie müssen sicherstellen, dass auf ihrem Hoheitsgebiete Wärmepläne erstellt werden. Allerdings können die Länder diese Pflicht übertragen, beispielsweise an die einzelnen Kommunen. Die Frist für die Erstellung der Wärmepläne richtet sich nach der Größe der Kommune: Gemeindegebiete mit mehr als 100.000 Einwohnern müssen bis zum 30. Juni 2026 einen Wärmeplan erarbeitet haben. Gemeindegebiete mit weniger Einwohnern haben bis zum 30. Juni 2028 Zeit. Für Kommunen mit weniger als 10.000 Einwohnern können die Länder ein vereinfachtes Verfahren vorsehen. Außerdem können sich mehrere Gemeinden zusammentun.
Das Gesetz gibt Ziele für den regenerativen Anteil vor
Zwar sollen die Wärmepläne unter Berücksichtigung der Gegebenheiten vor Ort und gemeinsam mit den Bürgern und Unternehmen entstehen. Doch das WPG gibt für alle Kommunen einheitliche inhaltliche Ziele vor: In jedem Wärmenetz muss ab 1. Januar 2030 ein Anteil von mindestens 30 Prozent und ab 1. Januar 2040 ein Anteil von mindestens 80 Prozent aus erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme gespeist werden. Bis zum Jahr 2045 soll vollständige Klimaneutralität erreicht werden. Auch der Weg dahin ist im Gesetz skizziert: „Wärmenetze sollen zur Verwirklichung einer möglichst kosteneffizienten klimaneutralen Wärmeversorgung ausgebaut und die Anzahl der Gebäude, die an ein Wärmenetz angeschlossen sind, soll deutlich und dynamisch gesteigert werden.“ (§ 2 Nr. 2). Bis dahin ist noch ein weiter Weg. Nach Angaben des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hatten im Jahr 2022 Erneuerbare Energien einen Anteil von 18,7 Prozent und Abwärme einen Anteil von 6,7 Prozent an der leitungsgebundenen Wärmeversorgung.
Die wichtigsten Inhalte des Wärmeplanungsgesetzes
Das WPG steckt darüber hinaus einen bundesweit einheitlichen Rahmen für den Prozess der Wärmeplanung. Der muss nach § 13 ff in mehreren Schritten erfolgen:
- Vorprüfung: Das beplante Gebiet wird auf Teilgebiete untersucht, die sich für eine Versorgung über ein Wärmenetz oder ein Wasserstoffnetz mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht eignen und im Rahmen der weiteren Planung ausgeschlossen werden.
- Bestandsanalyse: Flurkarten, Flächennutzungspläne, Bebauungspläne, Luftbilder, Geoinformationssysteme, Informationen zu Gebäuden und der vorhandenen Heizinfrastruktur werden computergestützt zusammengeführt.
- Potenzialanalyse: Auf Basis von Angaben zu land- und forstwirtschaftlichen Flächen und der verfügbaren Biomasse, meteorologische Daten und geothermische Potenzialkarten werden die vorhandenen Potenziale zur Erzeugung von Wärme aus erneuerbaren Energien, zur Nutzung von unvermeidbarer Abwärme und zur zentralen Wärmespeicherung ermittelt.
- Entwicklung und Beschreibung eines Zielszenarios
- Einteilung des beplanten Gebietes in voraussichtliche Wärmeversorgungsgebiete für die Betrachtungszeitpunkte 2030, 2035 und 2040. Für Gebäudeeigentümer und -betreiber ist dieser Punkt am Ende entscheidend: Befindet sich ihre Immobilie in einem Wärmenetzgebiete, einem Wasserstoffnetzgebiete, einem Gebiet für die dezentrale Wärmeversorgung oder einem Prüfgebiet?
- Darstellung der Versorgungsoptionen
- Entwicklung einer Umsetzungsstrategie mit konkreten Umsetzungsmaßnahmen
Der Wärmeplan – „das zur Veröffentlichung bestimmte Ergebnis der Wärmeplanung“ (WPG §3 Nr. 6) – wird von einem nach Maßgabe des Landesrechts zuständigen Gremium oder der zuständigen Stelle wie beispielsweise dem Gemeindeparlament beschlossen. Auf Grundlage des Wärmeplans entscheidet dann die planungsverantwortliche Stelle der Kommune oder eine andere durch Landesrecht hierzu bestimmte Stelle über die grundstücksbezogene Ausweisung von Gebieten zum Neu- oder Ausbau von Wärmenetzen oder als Wasserstoffnetzausbaugebieten. Diese Entscheidung ist dann bei der künftigen Bauleitplanung und Flächennutzungsplanung zu berücksichtigen. Erst wenn der Wärmeplan dort rechtsverbindlich verankert ist, wissen Eigentümer mit Sicherheit, welche Wärmeversorgungsoptionen es für ihre Immobilie verlässlich geben wird.
Derzeitiger Stand in den Kommunen
Eine Umfrage des Deutschen Städtetages unter 119 Mitgliedsstädten dokumentiert, wo die Kommunen im Mai 2023 in Sachen Wärmeplanung standen: Bundesweit befand sich danach knapp die Hälfte der Kommunen (47 Prozent) noch in einer Koordinierungsphase. 18 Prozent der Befragten arbeiteten an der Bestandsanalyse, 10 Prozent an der Potenzialanalyse und 17 Prozent an der Aufstellung des Wärmeplans, also der Konzeptentwicklung. Erst vier Prozent der Städte waren dabei, die Umsetzungsstrategie zu entwickeln. Genauso viele hatten mit der Wärmeplanung noch nicht begonnen.
Diese sehr unterschiedlichen Fortschritte liegen nicht zuletzt daran, dass einige Bundesländer deutlich schneller waren als der Bund und ihre Städte und Gemeinden per Landesgesetz zu Wärmeplanungen verpflichtet haben (siehe Tabelle). So müssen beispielsweise in Baden-Württemberg alle Stadtkreise und großen Kreisstädte bis zum 31. Dezember 2023 Wärmepläne vorlegen. Bereits fertige Wärmepläne genießen laut Bundesgesetz Bestandsschutz, wenn sie die jeweiligen landesrechtlichen Vorgaben erfüllen oder den bundesrechtlichen Anforderungen im Wesentlichen entsprechen. Das bedeutet jedoch nicht, dass in diesen Kommunen das Gebäudeenergiegesetz und die darin verankerten Pflichten für Eigentümer direkt am 1. Januar 2024 in Kraft treten werden, heißt es aus dem Bundesbauministerium. Voraussetzung dafür sei auch eine gesonderte Entscheidung einer nach Landesrecht zuständigen Stelle über die Ausweisung von Gebieten zum Neu- oder Ausbau von Wärmenetzen oder als Wasserstoffnetzausbaugebiet.
Hoher Aufwand und Förderung für Kommunen
Als größte Herausforderung in der Wärmeplanung sehen die Kommunen laut Städtetag-Umfrage die aufwändige Abstimmung des Wärmekonzepts mit den betroffenen Akteuren wie etwa der Wohnungswirtschaft, dXem ortsansässigen Industrie- und Gewerbeunternehmen und den Versorgern (76 Prozent). Für gut zwei Drittel ist der Personalbedarf in der Stadtverwaltung ein Problem (70 Prozent). Etwas weniger Kommunen (67 Prozent) geben an, dass die Einsatzmöglichkeiten möglicher und künftiger Energieträger noch ungewiss und mit Planungsunsicherheiten verbunden seien. Über fehlende energetische Daten des Gebäudebestandes klagen nur 33 Prozent der Befragten. „Einen Wärmeplan aufzustellen ist ein komplexer Prozess und nimmt in der Regel zwei bis drei Jahre in Anspruch. Das gibt es nicht zum Nulltarif. Der Aufwand für eine solche Planung ist beträchtlich“, betont Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages. Vielerorts wird dafür ein externer Dienstleister beauftragt. Die Kosten hängen von Größe und Struktur der Kommune, Datenlage und Auftragsumfang ab. Das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) hält für Kommunen bis rund 10.000 Einwohnende aktuell Kosten ab 50.000 Euro für realistisch. Bis zum 31. Dezember 2023 können Kommunen, die freiwillig mit der Wärmeplanung beginnen und einen externen Dienstleister beauftragen, 90 Prozent Förderung aus der „Kommunalrichtlinie 5“ des Bundeswirtschaftsministeriums erhalten, finanzschwache Kommunen sogar 100 Prozent. Die Fördersätze verringern sich ab 2024 auf 60 bzw. 80 Prozent.