Für jedes Bestandsgebäude gibt es den passenden Wärmeschutz
Rund minus 19 Prozent lautet die Prognose für Wärmedämmverbundsysteme für das Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr. Dabei spielt die Wärmedämmung für Altbauten nach wie vor eine wichtige Rolle.
Vor allem die Häuser, die vor der ersten Wärmeschutzverordnung aus dem Jahr 1977 geplant wurden, verschlingen für Heizung und für Warmwasser reichlich Energie. Haben die Eigentümer danach nicht saniert, macht es Sinn zu prüfen, welche Einsparungen sich mit einer verbesserten Dämmung erreichen lassen. „Und das gilt teils auch für jüngere Baujahre“, betont Alexander Steinfeldt, Energie-Experte bei der gemeinnützigen Beratungsgesellschaft Co2online.
Bevor die Handwerker beauftragt werden, sollte man genau kalkulieren – und zwar auf Grundlage des konkreten Gebäudes und der geplante Dämmmaßnahmen. Schließlich hängen die Sanierungskosten und die Amortisationsdauer immer vom Einzelfall ab. Wie weit das Zahlenwerk in den roten Bereich rutschen kann, zeigen auch Untersuchungen von Co2online: Bei manchen der analysierten Sanierungsfahrplänen ergab sich etwa für die Dachdämmung oder den Fensteraustausch eine Amortisationsdauer von 100 Jahren und mehr. „Die Kosten und die Amortisationsdauer von Dämmmaßnahmen gehen teils stark auseinander“, erklärt Steinfeldt.
Kosten und Erfolg einer Sanierung hängen stark von der fachlichen Beratung ab
Einen grundlegenden Überblick zu sinnvollen Maßnahmen liefert etwa der Modernisierungscheck von co2online, der eine digitale Bestandsaufnahme der Immobilie ermöglicht (www.co2online.de/modernisierungscheck). Dabei werden verschiedene Aspekte wie die Wärmedämmung, die Heizungsanlage, die Fenster, die Lüftung sowie der Energieverbrauch analysiert und Handlungsempfehlungen erstellt. „Jedes Gebäude und jedes Budget ist anders, allgemeine Betrachtungen bringen deshalb wenig“, sagt Steinfeldt. Der Erfolg eines Sanierungsvorhabens hänge zudem stark davon ab, wie der Hauseigentümer fachlich beraten wird. „Ein guter Energieberater zeigt sinnvolle energetische Maßnahmen, die Kosten sowie die anteilige Förderung auf.“ Dabei untersucht er das Gebäude umfassend, errechnet den individuellen Wärmebedarf und ermittelt, wie hoch die Heizlast ausfällt und wieviel Wärme über die Gebäudehülle verloren geht und schlägt Alternativen zur Sanierung vor. Zudem kann der Energieberater einen individuellen Sanierungsfahrplan erstellen, der ausweist, wie sich energetische Schritte auswirken und optimal ineinandergreifen.
Für den Sanierungsfahrplan gewährte das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) bisher einen Zuschuss von 80 Prozent des Beratungshonorars, der allerdings mit der Haushaltssperre gestoppt wurde. „Aber auch ohne Förderung kann der Sanierungsfahrplan eine gute Investition sein“, versichert Steinfeldt. Orientieren sich energetische Einzelmaßnahmen daran, gibt es weiterhin einen Bonus von 5 Prozent auf die bewilligte Unterstützung im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude. Vorrausetzung dafür ist, dass die WEG oder deren Verwaltungen einen Energieberater beauftragen. Dieser muss zugelassen und auf der Energie-Effizienz-Expertenliste geführt sein (www.energie-effizienz-experten.de). Grundsätzlich gilt: „Bei einer Rund-um-Sanierung sollte immer zuerst gedämmt und danach eine neue Heizung installiert werden, um diese richtig zu dimensionieren“, sagt Steinfeldt. Das gilt vor allem für Wärmepumpen, die in schlecht gedämmte Altbauten mit sehr hohen Vorlauftemperaturen arbeiten und so viel zu viel Strom verbrauchen würden.
In den Hohlraum von zweischaligem Mauerwerk lassen sich Dämmflocken einblasen
Zwei einfache Maßnahmen rechnen sich ohnehin regelmäßig für unsanierte Häuser: „Die Dämmung einer ungedämmten obersten Geschossdecke und der Kellerdecke“, erklärt Steinfeldt. Aufwendiger wird die Dämmung der Fassade. Von Hanf und Kork über Jute bis Schafwolle – inzwischen gibt es eine breite Auswahl ökologischer Dämmstoffe, aus Kostengründen entscheiden sich die meisten aber nach wie vor für ein Wärmedämmverbundsystem mit Polystyrol oder Mineralwolle. Für einen Klinkerbau kann eine Kerndämmung noch günstiger sein. „Ältere Baujahre warten oft mit einem zweischaligen Mauerwerk auf, der Hohlraum dazwischen kann dann unter Umständen gut mit Mineralwollflocken oder Perlite verfüllt werden, hier können ökologische Dämmstoffe wie Zellulose preislich durchaus mithalten“, berichtet Steinfeldt. Der Vorteil zur Außendämmung: Es muss meist kein Baugerüst aufgestellt und der Dämmstoff nicht verkleidet werden. Da die Dämmung die Bauphysik des Hauses verändert, befördert sie falsch ausgeführt im schlimmsten Fall Schimmel oder Feuchteschäden. „Auch deshalb ist es entscheidend, immer das gesamte Gebäude mit allen relevanten Elementen zu betrachten – dazu gehören neben der Fassade auch das Dach und die Fenster“, betont Steinfeldt.
Bettina Brüdgam

