Allianz gegen willkürliche Abrisse

Jedes erhaltene Gebäude trägt zum Ressourcen- und Flächenschutz bei

Eine breite gesellschaftliche Allianz hat sich gegen den "Abrisswahn" ausgesprochen. Zum Start der 75. Bauministerkonferenz am 22. November fordert das Bündnis in einem offenen Brief konkrete Sofortmaßnahmen gegen das "willkürliche Abreissen von (Wohn-)gebäuden. Zur Allianz gehören die Deutsche Umwelthilfe (DUH), Architects for Future (A4F), WWF Deutschland, der Deutsche Mieterbund (DMB), der Sozialverband VdK Deutschland (VdK) und der Paritätische Gesamtverband.

BILD: stock.adobe.com/ Henry Czauderna
BILD: stock.adobe.com/ Henry Czauderna

Die Organisationen fordern eine Genehmigungspflicht für Abrisse von Bestandsgebäuden basierend auf einer Prüfung der Umwelt- und Klimawirkung. Diese müsse in der Musterbauordnung und den Landesbauordnungen festgeschrieben werden. Zudem müssen Altbausanierung und Umbau im Bestand erleichtert und gezielt gefördert werden.

  • Gebäudeabrisse verursachen jährlich Millionen Tonnen CO2 und Abfall, zerstören bezahlbaren Wohnraum und historische Baukultur
  • Breites Bündnis fordert Genehmigungspflicht auf Grundlage einer Ökobilanzierung in allen Bundesländern
  • Musterbauordnung und Landesbauordnungen müssen Bestandssanierungen und Umbau im Bestand erleichtern

Stimmen:

Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland: "In Deutschland fehlt es flächendeckend an Wohnungen, und das Problem droht sich weiter zu verschärfen. Deshalb darf es keine willkürlichen Abrisse von bestehendem Wohnraum mehr geben. So kann in vielen Fällen bezahlbarer Wohnraum erhalten werden. Tatsächlich notwendige Neubauten müssen immer barrierefrei gestaltet sein, denn der steigende Bedarf kann schon heute bei weitem nicht gedeckt werden. Die Umsetzung ist keine Frage der Kosten, sondern des politischen Willens. Denn unter dem Strich ist der Bau von barrierefreien Wohnungen günstiger als Geld in komplizierte Umbaumaßnahmen von Bestandsbauten zu investieren."

Kathrin Samson, Vorstand Naturschutz International und Deutschland beim WWF: "Der Gebäudebereich ist das Sorgenkind des Ressourcen- und Klimaschutzes. Im Gegensatz zu Neubauten trägt jedes erhaltene und sanierte Gebäude wie keine andere Maßnahme zum Ressourcen- und Flächenschutz bei. Eine Genehmigungspflicht für den Abriss von Bestandsgebäuden in der Novelle der Musterbauordnung ist ein kleiner Schritt mit großer Wirkung. Die Baubranche produziert mehr als die Hälfte des Abfalls in Deutschland. Alle Ressourcen, die wir durch Sanieren erhalten oder durch Kreislaufwirtschaft weiterverwenden, entlasten Klima und Natur."

Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin DUH: "Indem die Bauministerinnen und Bauminister eine Genehmigungspflicht für Abrisse vereinbaren, können sie mit einem Federstrich für mehr bezahlbaren Wohnraum und mehr Klimaschutz im Gebäudebereich sorgen. Die sozialen und ökologischen Auswirkungen von willkürlichen Gebäudeabrissen sind dramatisch. Sie führen zur Verschwendung großer Mengen der verbauten 'Grauen Energie' - also der Energie, die für Bau, Herstellung und Transport aufgewendet werden musste - und befeuern gleichzeitig die Wohnungskrise durch Vernichtung von bezahlbarem Wohnraum. Gebäude sollen im Normalfall nur abgerissen werden dürfen, wenn Abriss und Neubau tatsächlich ökologischer sind als die Sanierung."

Christina Patz, Koordinatorin Bauen im Bestand bei A4F: "Jeder Neubau verursacht zusätzliche Emissionen, die wir uns mit Blick auf die 1,5 Grad Grenze nicht mehr leisten können. Ein Großteil der Politik propagierten 400.000 Wohnungen können im Gebäudebestand geschaffen werden - durch Aktivierung von Leerstand und 'unsichtbarem Wohnraum', Umnutzung, Umbau und Aufstockungen. Kombiniert mit energetischer Sanierung werden so Emissionen reduziert, statt zusätzlich emittiert und keine weitere Flächen versiegelt. Lösungen sind vorhanden - es geht darum, ins Handeln zu kommen. Dazu werden dringend gesetzliche Rahmenbedingungen benötigt, etwa Bauordnungen, die das Bauen im Bestand als neues Normal anerkennen und so sozial und ökologisch verträgliche Wohnraumschaffung im Bestand durch Umbau, Umnutzung und Aufstockung erleichtern."

Melanie Weber-Moritz, Bundesdirektorin DMB: "Bezahlbarer Wohnraum muss dringend erhalten anstatt abgerissen werden. Die Situation auf dem Wohnungsmarkt ist dramatisch, Mieterinnen und Mieter leiden unter rasant steigenden Mieten und Wohnkosten und dem massiven Verlust von bezahlbarem Wohnraum sowohl im Bestand als auch im Neubau. Die Bauministerinnen und Bauminister der Länder müssen mit ihrer Wohnungspolitik mit gutem Beispiel vorangehen und dem Gebaren renditeorientierter Unternehmen Einhalt gebieten, indem endlich wieder die Interessen der Menschen in den Mittelpunkt gestellt werden, die in diesen Häusern leben. Daher braucht es eine bessere Prüfung und strengere Genehmigung von Abrissen, gerade in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt."

Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands: "Der willkürliche Abriss von Wohngebäuden vernichtet vielfach dringend benötigten bezahlbaren Wohnraum. So werden einkommensschwache Mieter:innen und Familien aus ihrem Zuhause und ihrer Nachbarschaft verdrängt, weil sie die Mietpreise im Neubau nicht bezahlen können. Stattdessen brauchen wir mehr sozialverträgliche Sanierung, damit Wohnen bezahlbar bleibt und zugleich lebenswerter und ökologischer wird."

Quelle: DUH

Martina Eisinger

Redaktionelle Mitarbeiterin
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