Nach Angaben des Portals finanzen.net konnte sich Vonovia nur 47,62 Prozent des Grundkapitals und der Stimmrechte der Deutsche Wohnen sichern. Vonovia hatte einen Mindestanteil von 50 Prozent als Bedingung in das Übernahmeangebot geschrieben. Diese Vollzugsbedingung sei endgültig ausgefallen, die eingereichten Deutsche-Wohnen-Aktien würden zurückgebucht. Schon vor dem Übernahmeangebot sei der Branchenriese Vonovia mit fast 18,4 Prozent der Anteile größter Aktionär von Deutsche Wohnen. Das Aktienpaket sei rund 3,4 Milliarden Euro wert.
Gegenüber dem Handelsblatt erklärte Vonovia-Vorstand Rolf Buch das Scheitern der Übernahme mit der Aktionärsstruktur der Deutschen Wohnen. So hätten Indexfonds, die zum Beispiel den Aktienindex DAX automatisiert nachbilden, ihre Anteile nicht übertragen können. Die restlichen 30 Prozent der Anteile seien auf Hedgefonds entfallen, die auf ein höheres Angebot gehofft hätten.
Das zunehmende Engagement von Index- oder Immobilienfonds erschwert nach Ansicht von Rolf Buch solche Vorhaben. Je mehr "passives" Geld unter den Anteilseignern verteilt sei, desto schwieriger werde es. Weil die Indexfonds nichts tun konnten, sei die Übernahme an den Hedgefonds gescheitert.
Vonovia hatte im Mai nach fünf Jahren den zweiten Versuch zur Übernahme der Deutsche Wohnen unternommen. Vorstände und Aufsichtsräte der beiden börsennotierten Wohnungskonzerne waren Pfingsten übereingekommen, den Aktionären der Deutsche Wohnen ein freiwilliges Übernahmeangebot zu machen. Aktionäre sollten 53,03 Euro pro Anteilsschein erhalten. Durch den Zusammenschluss wäre Europas größter Wohnimmobilienkonzern mit einer kombinierten Marktkapitalisierung von rund 45 Mrd. Euro und 550.000 Wohnungen mit einem kombinierten Immobilienwert in Höhe von knapp 90 Mrd. Euro entstanden.
Bundeskartellamt: Keine marktbeherrschende Größe
Rund vier Wochen nach dem Übernahmeangebot erklärte das Bundeskartellamt, keine Einwände gegen einen Zusammenschluss der beiden Wohnungskonzerne zu haben. Die Anbieterstruktur für Mietwohnungen bleibe weiterhin sehr zersplittert. Auf lokaler oder regionaler Ebene sei durch einen Zusammenschluss keine erhebliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs zu erwarten. Auf den relevanten Märkten seien neben zahlreichen Privatvermietern zumeist auch kommunale Wohnungsunternehmen, Wohnungsbaugenossenschaften sowie gewerbliche Anbieter vertreten, die den Verhaltensspielraum von Vonovia weiterhin begrenzten. Besonderes Augenmerk legten die Wettbewerbshüter auf Berlin. Von den rund 1,658 Millionen Mietwohnungen in der Stadt (zum 31. Dezember 2019) gehörten rund 322.000 städtischen Wohnungsunternehmen, rund 189.000 seien in genossenschaftlicher Hand und rund 1,147 Mio. gehörten privaten Wohnungsunternehmen und Einzeleigentümern, davon halte Vonovia rund 41.000 und Deutsche Wohnen rund 110.000 Wohnungen. Damit liege der gemeinsame Marktanteil der beiden Konzerne insgesamt bei rund 10 Prozent in Berlin.
Grund für Zusammenschluss: Mehr politische Durchsetzungskraft
Das freiwillige Übernahmeangebot der Vonovia war einvernehmlich mit dem Vorstand der Deutsche Wohnen ausgehandelt worden. Zur Begründung hieß es, ein kombiniertes Unternehmen verfüge über ein robustes und langfristig orientiertes Geschäftsmodell. Die notwendigen Investitionen in bezahlbares Wohnen, Klimaschutz und Neubau ließen sich nach einem Zusammenschluss gemeinsam besser schultern. Durch den Zusammenschluss wollten Vonovia und Deutsche Wohnen nach eigener Aussage ein mieterorientiertes und gesellschaftlich verantwortungsvolles Wohnungsunternehmen schaffen, das in enger Partnerschaft mit der Politik verlässlich zu Lösungen vor allem für den Berliner Wohnungsmarkt beitragen kann.
Bei Veröffentlichung des Übernahmeangebots äußerte das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln die Ansicht, dass es bei dem Zusammenschluss weniger um betriebswirtschaftliche Vorteile gehe, als vielmehr um die Bildung von mehr Macht gegen politische Einschränkungen wie Mietenstopps und Enteignungen. Durch politische Interventionen entstünden Risiken für die Unternehmen, die tendenziell für große Marktteilnehmer besser zu bewältigen seien als für kleine Unternehmen oder Privateigentümer. Die Unwägbarkeiten hätten in den vergangenen Jahren noch einmal zugenommen. Sie reichten von Enteignungen bis zu weitreichenden Mietstopps und Einschränkungen bei der Umlagefähigkeit nach Modernisierungen. (Red.)