Verlängerung der Covid-19-Sonderregeln bis 30. August 2022
Laut VDIV hätten 62,3 Prozent der Verwaltungsunternehmen ihre eingeplanten und notwendigen Beschlussfassungen zu Sanierungen verschoben.
Klimawende im Wohngebäudebereich muss endlich Fahrt aufnehmen
„Die vom Bundestag beschlossene Verlängerung der Covid-19-Sonderregeln ist zwar auf den ersten Blick eine Erleichterung für Wohnungseigentümer-gemeinschaften und deren Verwaltungen. Sie bietet jedoch nur eine Lösung für den Umgang mit Wirtschaftsplänen und Verwalterbestellungen, nicht hingegen für den Beschlussfassungsstau, der mittlerweile in der großen Mehrheit der Eigentümergemeinschaften entstanden ist“, so die Einschätzung von Martin Kaßler, Geschäftsführer des Verbandes der Immobilienverwalter Deutschland e.V. (VDIV).
Notwendige WEG-Beschlüsse für (energetische) Sanierungen sowie der Ausbau der Ladeinfrastuktur für Elektromobile kommen nicht in Gang. „Die Politik muss schnellstmöglich eine rechtssichere Regelung dafür schaffen, dass reine Online-Versammlungen mit einfacher Mehrheit beschlossen werden können. Nur so können die verschobenen Eigentümerversammlungen zeitnah nachgeholt und alle künftigen Versammlungen termingerecht durchgeführt werden.“
Nötige Fördermittel können ohne Beschlüsse nicht abgerufen werden
Zwar räumt das seit Dezember 2020 geltende Wohnungseigentumsgesetz jedem Wohnungseigentümer das Recht auf Einbau einer E-Ladestation ein. Das KfW-Förderprogramm in Höhe von rund 400 Millionen Euro – 900 Euro pro Ladesäule – biete zudem einen großen Anreiz. Doch die sanierungswilligen Eigentümer können nicht tätig werden und auch die Fördermittel nicht abrufen, solange die notwendigen Beschlüsse nicht gefasst werden.
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Sonderregelungsfrist sollte nicht ausgereizt werden
Das am 27. März 2020 beschlossene Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht regelt in Artikel 2, § 6, dass der zuletzt beschlossene Wirtschaftsplan bis zum Beschluss eines neuen Wirtschaftsplanes in Kraft und der bestellte Verwalter im Sinne des WEG bis zu seiner Abberufung oder bis zur Bestellung eines neuen Verwalters im Amt bleibt. Durch den jüngsten Beschluss des Bundestages wurde die Geltungsdauer dieser Sonderregeln bis zum 31. August 2022 verlängert. Es sei nach Ansicht des VDIV allerdings nicht im Interesse von Eigentümern und Verwaltungen, diese Frist auszureizen. Je älter der Wirtschaftsplan sei, umso höher könnten Nachforderungen an die Eigentümer ausfallen, wenn Verbraucherpreise wie Strom oder Gas steigen würden.
Gesetzgeber muss reine Online-Versammlungen rechtssicher ermöglichen
Der neue § 23 Abs. 1 WEG sieht vor, dass eine Eigentümergemeinschaft nunmehr rechtssicher beschließen kann, dass die Teilnahme an einer Eigentümerversammlung per Video- oder Online-Schaltung möglich ist. So können Wohnungseigentümer auch ohne Vor-Ort-Präsenz teilnehmen und sämtliche oder einzelne ihrer Rechte ganz oder teilweise mithilfe elektronischer Kommunikation ausüben. Aus Kundensicht bietet die Online- oder Hybrid-Teilnahme signifikante Vorzüge und stellt daher einen erheblichen Mehrwert dar.
Wohnungseigentümer können der Veranstaltung ortsunabhängig beiwohnen, mitunter lange und zeitintensive Anfahrtswege entfallen, was ihre Flexibilität erhöht. Neu ist auch die Gestattung von Umlaufbeschlüssen in Textform in § 23 Abs. 3 WEG.
Der VDIV befürwortet diese beiden Instrumente zur Durchführung von WEG-Eigentümerversammlungen, da sie ein gewisses Maß an Flexibilität böten. Präsenz-Versammlungen müssten jetzt aber bald stattfinden und die dringlichen Beschlüsse dürften nicht weiter verschoben werden. "Mit immer neuen Übergangsregeln ist angesichts der andauernden Pandemiesituation niemandem geholfen. Wir brauchen endlich eine tragfähige Lösung“, fordert Verbanddirektor Kaßler. „Die rechtssichere Möglichkeit, reine Online-Versammlungen durchführen zu können, würde die Handlungsfähigkeit und Flexibilität von Wohnungseigentümergemeinschaften erheblich vergrößern und damit maßgeblich dazu beitragen, den bestehenden Sanierungsstau endlich effektiv abzubauen. Die nächste Bundesregierung muss daher die Möglichkeit schaffen, dass diese Möglichkeit im Wohnungseigentumsrecht verankert wird.“
Quelle: VDIV Deutschland
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