Wirtschaftsministerium will „Entbürokratisierung“

Ende der Weiterbildungspflicht für Immobilienverwaltungen?

Die Bundesregierung will die Weiterbildungspflicht für Immobilienverwaltungen abschaffen. Das sieht ein Gesetzentwurf aus dem Bundeswirtschaftsministerium vor. Das Ministerium begründet die Aufhebung der Weiterbildungspflicht mit „Bürokratieabbau“. „Entbehrliche und nicht zwingend erforderliche Vorschriften und Berichtspflichten sollen aufgehoben werden“, heißt es im Referentenentwurf. Die Immobilienbranche reagiert mit teils heftiger Kritik.

Nach geltender Gewerbeordnung müssen Immobilienverwalter 20 Stunden berufliche Fortbildung in drei Kalenderjahren absolvieren. Diese Pflicht möchte die Bundesregierung im Rahmen des Bürokratieabbaus abschaffen. Adobestock/Daniel Ernst
Nach geltender Gewerbeordnung müssen Immobilienverwalter 20 Stunden berufliche Fortbildung in drei Kalenderjahren absolvieren. Diese Pflicht möchte die Bundesregierung im Rahmen des Bürokratieabbaus abschaffen. Adobestock/Daniel Ernst

Die Weiterbildungspflicht für Immobilienverwaltungen in § 34c Absatz 2a Gewerbeordnung (GewO) in Verbindung mit § 15b Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) geregelt. Danach sind Wohnimmobilienverwalter und Immobilienmakler verpflichtet, sich regelmäßig innerhalb eines Zeitraums von drei Kalenderjahren in einem Umfang von 20 Stunden weiterzubilden. Die Regelung gilt für WEG- und Mietverwalter mit Gewerbeerlaubnis und für alle Angestellten, die an der Verwaltungstätigkeit mitwirken. Ziel der zum 1. August 2018 eingeführten Pflicht war, Qualität und Professionalität in der Branche sicherzustellen, vor allem mit Blick auf häufige Veränderungen in der Gesetzgebung und bei technischen Entwicklungen. Damals hatte die Bundesregierung folgende Rechnung aufgestellt: „Der Aufwand kann mit sechs Minuten beziffert werden, so dass sich bei einem Lohnsatz von 18,50 Euro jährliche Bürokratiekosten in Höhe von 28.667 Euro ergeben.“

WiE fürchtet Verlust an Rechtssicherheit und Verbraucherschutz

Beim Verbraucherschutzverband Wohnen im Eigentum (WiE) stößt die geplante Abschaffung der Weiterbildungspflicht auf Unverständnis. „Die Abschaffung der erst 2018 eingeführten Fortbildungspflicht für Verwaltungen lehnen wir aus Sicht der Wohnungseigentümer entschieden ab“, betonte WiE-Vorständin Sandra von Möller. Angesichts der wachsenden fachlichen und rechtlichen Anforderung an Verwaltungen und deren Verantwortung für erhebliche Vermögenswerte seien die bestehenden Anforderungen zur Berufsausübung das Minimum, um Qualität und Rechtssicherheit zu gewährleisten. Sie kritisiert: „Das Argument des Bürokratieabbaus ist vorgeschoben." Ähnlich lautet die Einschätzung von Alexander Wiech, Geschäftsführer Politik und Kommunikation bei Haus & Grund Deutschland: „Die geplante Streichung der Fortbildungspflicht für Immobilienmakler und Wohnungseigentumsverwalter führt nicht zu einer spürbaren Entlastung, sondern schwächt Qualität, Rechtssicherheit und Verbraucherschutz. Der zu erwartende Entlastungseffekt ist minimal, während die Risiken fehlerhafter Beschlüsse und steigender Haftung erheblich zunehmen. Statt die Fortbildungspflicht abzuschaffen, sollte der Gesetzgeber auf digitale und einheitliche Nachweisverfahren setzen, um Verwaltungspraxis und Bürokratie tatsächlich zu vereinfachen.“

VDIV: „Schulungspflicht war Idee einer schwarz-roten Bundesregierung“

Von den Verwalterverbänden kommt ebenfalls deutliche Kritik. Aus Sicht des Immobilienverbandes Deutschland (IVD) steht der geringe bürokratische Aufwand in einem angemessenen Verhältnis zum Nutzen. „Eine Abschaffung oder Lockerung wäre ein Rückschritt, zumal die Anforderungen an die Branche in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen sind. Immobilien sind hochpreisige und in rechtlicher, wirtschaftlicher wie technischer Hinsicht komplexe Güter“, betont IVD-Geschäftsführer Christan Osthus. Auch Martin Kaßler, Geschäftsführer des Verbandes der Immobilienverwalter Deutschland (VDIV) weist auf die „zentrale Bedeutung“ der regelmäßigen Fortbildung in der Branche hin und erinnert daran, dass Verwalter einer treuhänderischen Tätigkeit nachgehen und dafür in der Haftung stehen. „Zahlreiche gesetzliche Regelungen betreffen Wohnungseigentümergemeinschaften und ihre Verwaltungen – von Vorgaben zu Energieeffizienz und Klimaschutz über den Werterhalt von Immobilien bis hin zu weiteren gesetzlichen Pflichten der Verwalter. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, ist es unerlässlich, sich kontinuierlich über aktuelle Entwicklungen zu informieren“, erläutert Kaßler. „Die Pflicht zur Weiterbildung wurde 2018 anstelle eines Sachkundenachweises eingeführt und war Konsens in der Großen Koalition von CDU/CSU und SPD. Dies jetzt rückgängig machen zu wollen, ist schon ein starkes Stück – haben wir doch wieder eine Große Koalition.“

Energieberater fürchten um das Basiswissen in Verwaltungen

Einwände haben auch branchenfernere Organisationen wie die Interessenvertretung für Energieberater (GIH). „Energieberater von Wohnungseigentümergemeinschaften brauchen in den Verwaltungen Partner, die über Basiswissen verfügen“, erklärt Vorstand Stefan Bolln. „Ohne das werden WEG-Sanierungen noch komplizierter, als sie ohnehin schon sind. Wenn die Grundpflicht zur Schulung gestrichen wird, ist das langfristig ein Pyrrhussieg durch Qualitätsverlust."  

Das Ministerium hatte den Referentenentwurf vor wenigen Tagen in die Verbändeanhörung gegeben. Die angeschriebenen Verbände haben bis zum 22. Oktober Zeit, Stellung zu nehmen.

Anmerkung der IVV-Redaktion:

Von einer möglichen Streichung der Fortbildungspflicht aus der Gewerbeordnung unberührt bliebe das Recht für Wohnungseigentümer auf einen "Zertifizierten Verwalter". Seit Inkrafttreten der jüngsten großen Reform des Wohnungseigentumsgesetzes können Wohnungseigentümer in bestimmten Fällen die Zusatzqualifikation "Zertifizierter Verwalter" von ihrer Hausverwaltung verlangen. Die Reform soll unter anderem den Verbraucherschutz für Wohnungseigentümer stärken. Nach § 26a Abs. 1 des Wohnungseigentumsgesetzes darf sich als zertifizierter Verwalter bezeichnen, "wer vor einer Inudstrie- und Handelskammer durch eine Prüfung nachgewiesen hat, das er über die für die Tätigkeit als Verwalter notwendigen rechtlichen, kaufmännischen und technischen Kenntnisse verfügt". 

Das Zertifikat wird an einzelne Mitarbeiter vergeben, nicht an das Unternehmen. Die IVV-Redaktion bietet gemeinsam mit der Bauakademie Berlin ein Lehrmediathek für Quereinsteiger und alte Hasen, die sich im Selbststudium online auf die IHK-Prüfung vorbereiten möchten.

www.vermieter-ratgeber.de/events/zertifizierter-verwalter

Verbraucherschutzverband 'Wohnen im Eigentum' (WiE) lehnt Abschaffung der Weiterbildungspflicht für WEG-Verwalter ab

Begründung des BMWE überzeugt nicht – Kosteneinsparung wesentlich kleiner als angenommen

„Die Abschaffung der Weiterbildungspflicht lehnen wir entschieden ab“, betont Dr. Sandra von Möller, Vorständin des Verbraucherschutzverbands Wohnen im Eigentum (WiE). „Entbürokratisierung ist ein wichtiges Ziel, aber der vorliegende Entwurf leistet keinen wirksamen Beitrag dazu.“ Weiter erklärt sie: „Angesichts der stetig wachsenden fachlichen und rechtlichen Anforderungen an Wohnimmobilienverwalter und deren Verantwortung für erhebliche Vermögenswerte sind die bestehenden Anforderungen zur Berufsausübung das notwendige Minimum, um Qualität und Rechtssicherheit von Verwaltungsleistungen zu gewährleisten.“ Auch die beruflichen Anforderungen an Makler wachsen stetig.

„Das Argument des Bürokratieabbaus ist aus unserer Sicht nicht stichhaltig“, kritisiert Dr. Sandra von Möller. Laut Ministerium sind Einsparungen von insgesamt 47.640 000 Euro durch die Abschaffung der Fortbildungspflichten möglich. Davon sind 47.616.000 Euro als reine Fortbildungskosten angegeben, die Makler und Verwalter einsparen könnten, wenn sie sich nicht mehr fortbildeten. Gleichzeitig geht das Ministerium laut Referentenentwurf aber davon aus, dass diese sich nach der Streichung der Weiterbildungspflicht auch künftig freiwillig fortbilden. Insofern kann dieser Betrag nicht als Entlastung angerechnet werden.

Damit bleibt allenfalls ein Einsparpotenzial bei Dokumentations- und Prüfpflichten der Weiterbildung. Diese beziffert das Ministerium auf 9.000 Euro für die Wirtschaft. Für den Staat wird eine jährliche Einsparung von 15 000 Euro durch die Entlastung der Gewerbeämter geschätzt.

„Einsparungen in dieser Höhe stehen nicht im Verhältnis zum potenziellen gesamtwirtschaftlichen Schaden, der durch Qualitätseinbußen und daraus resultierenden gerichtlichen Auseinandersetzungen entstehen kann“, sagt Dr. Sandra von Möller. 
Ausweitung der Weiterbildungspflicht für Verwalter und eigenständiger Ausbildungsberuf notwendig

Bislang gibt es weder einen anerkannten Ausbildungsberuf noch ein klar definiertes Berufsbild für Wohnimmobilienverwalter – obwohl sie erhebliche Vermögenswerte betreuen. Dazu gehören die Erhaltungsrücklagen und Hausgelder sowie der Wert der Immobilien. Der verwaltete Gesamtwert dürfte in Summe mehrere Billionen hoch sein. Seit der WEG-Reform 2020 verfügen Verwalter zudem über eine weitreichende Vertretungsmacht für Wohnungseigentümergemeinschaften. Gleichzeitig steigt die Komplexität des Berufs stetig – durch neue gesetzliche Vorgaben, energiepolitische Anforderungen und aktuelle Rechtsprechung.

Die Weiterbildungspflicht sollte daher nach Auffassung von WiE nicht abgeschafft...

...sondern – wie bei Versicherungsvermittlern und -beratern, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern – auf mindestens 15 Stunden pro Jahr ausgeweitet werden. Zudem appelliert WiE, langfristig einen eigenständigen Ausbildungsberuf der Wohnimmobilienverwalter zu schaffen, damit die Immobilienwerte von Wohnungseigentümern bzw. Wohnungseigentümergemeinschaften von Beginn an in qualifizierten Händen liegen. Zwar gibt es seit 2020 die Qualifikation zum zertifizierten Verwalter durch die Industrie- und Handelskammern, allerdings ist dies aus Sicht von WiE nicht ausreichend und zudem nicht grundsätzlich verpflichtend. 

Quelle: WiE

weiterlesen:
Viertes Bürokratieentlastungsgesetz in Kraft - Was ändert sich für Vermieter und Hausverwalter?

 

Eva Kafke

Eva Kafke
Fachautorin
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