Wirtschaftsminister kürzt Förderung der energetischen Gebäudesanierung mit sofortiger Wirkung
Was ändert sich bei der Förderung?
Die erst im vergangenen Jahr eingeführte Zuschussförderung wird komplett eingestellt und stattdessen auf Kredite und Tilgungszuschüsse umgestellt. Die Fördersätze und Tilgungszuschüsse werden deutlich abgesenkt. Sie werden auf fünf Prozent für ein Effizienzhaus 85 (bislang 30 Prozent Zuschuss) und 25 Prozent für ein Effizienzhaus 40 (bislang 50 Prozent) zurückgefahren. Zudem wird der Tilgungszuschuss für einen Neubau der Effizienzklasse 40 von 12,5 Prozent auf fünf Prozent abgesenkt.
Wie begründet das Ministerium die abrupte Förderkehrtwende?
Das Bundeswirtschaftsministerium will die vorhandenen Mittel offenbar über einen längeren Zeitraum strecken. Die rasche Umstellung sei notwendig, „um sicherzustellen, dass ohne Fadenriss weiter gefördert werden kann und Vorzieheffekte vermieden werden“. Etwas verringerte Fördersätze seien notwendig, „um möglichst vielen Bürgerinnen und Bürgern angesichts knapper Haushaltsmittel den Zugang zu Förderung zu ermöglichen“. Die Fördersätze würden daher um fünf bis zehn Prozent abgesenkt. Der Effekt für Energieeinsparung und Klimaschutz liege bei der energetischen Gebäudesanierung um das 4,5-fache höher als im Neubau. „Vor dem Hintergrund der haushaltspolitischen Vorgabe ist das eine gute Lösung“, so Bundesminister Robert Habeck.
Im Widerspruch zu den Kürzungsankündigungen stehen die Angaben des Ministeriums, wonach insgesamt mehr Fördergeld als zuvor bereitstünde. Mit der Reform des BEG (Gebäudeenergiegesetz) würden jährliche Bewilligungen von 13 bis 14 Milliarden Euro möglich bleiben. Zum Vergleich: 2021 seien nur rund acht Milliarden Euro für die Gebäudesanierung ausgegeben worden.
Welche terminliche Reihenfolge sieht die Reform vor?
Ab dem 28. Juli greifen die neuen Förderbedingungen für Anträge auf Gebäudekomplettsanierung bei der staatlichen Förderbank KfW. Für Einzelsanierungen wie Fenstertausch oder Heizungserneuerung gelten die neuen Förderbedingungen für die Antragstellung beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) ab dem 15. August 2022.
Wie wirkt sich die gekürzte Förderung konkret aus?
Beispiel Komplettsanierung: Bislang erhielten Antragsteller bei einer Komplettsanierung, das heißt bei einer umfassenden Sanierung, bei der eine bessere Effizienzhausstufe erreicht wurde (Effizienzhaus 40) einen Fördersatz von 50 Prozent, dies entsprach 75.000 Euro. Jetzt liegt der maximale Fördersatz (Tilgungszuschuss von 30 Prozent) bei insgesamt 45 Prozent, dies entspricht 67.500 Euro.
Beispiel Wärmepumpe: Früher lag der Fördersatz bei maximal 50 Prozent. Jetzt liegt der maximale Fördersatz beim Einbau einer Wärmepumpe bei 40 Prozent auf die Höchstgrenze von 60.000 Euro je Wohneinheit, dies entspricht einer Fördersumme von bis zu 24.000 Euro. Bislang bekam man bis zu 30.000 Euro für die Wärmepumpe.
Beispiel Fensteraustausch: Früher lag der Fördersatz bei bis zu 25 Prozent, nach der Reform bei rund 20 Prozent. Früher konnte man rund 15.00 Euro beim Fensteraustausch bekommen, nach Reform sind es 12.000 Euro.
Wie reagieren die Interessenverbände der Wohnungswirtschaft?
Angesichts der abrupten und ohne jede Ankündigung vollzogenen Änderung der Förderbedingungen spricht GdW-Präsident Axel Gedaschko von der „Fortsetzung des Förder-Fiaskos“. Die plötzliche Einstellung der Zuschussförderung für Komplettsanierungen wirke sich „katastrophal für die Klimaschutzpläne der sozial orientierten Wohnungsunternehmen aus“. Der Wegfall der Zuschussförderung und die Reduzierung der Tilgungszuschüsse mache die BEG-Förderung für Wohnungsunternehmen unattraktiv. Die Folge werde sein, dass Klimaschutzinvestitionen unterbleiben müssen oder nur über höhere Mieten refinanziert werden können.
Tiefes Unverständnis für das plötzliche Umsteuern zeigt auch BFW-Präsident Dirk Salewski. Das Wirtschaftsministerium habe offenbar nichts gelernt aus dem Förderchaos vom Januar. Die Immobilienwirtschaft sei ohnehin zutiefst verunsichert. Salewski wörtlich: „Wir sehen einen Einbruch der Neubautätigkeit von rund 70 Prozent. Das zeigt die jüngste Umfrage unter unseren Mitgliedsunternehmen. Wie das Ziel der Bundesregierung zu schaffen ist, 400.000 neue Wohnungen in einem Jahr zu bauen, wird immer mehr zu einem Rätsel. Gleiches gilt auch für die Sanierungsquote. Mit gekürzter Förderung geht es jedenfalls nicht.“ (Red.)