Rechte und Grenzen des Denkmalschutzes

Solaranlagen auf denkmalgeschützten Häusern und andere Fälle

Der Infodienst Recht und Steuern der LBS befasst sich in seiner Extra-Ausgabe mit neun Fällen, in denen Gerichte über die Rechte und die Grenzen des Denkmalschutzes entscheiden mussten. Mal ging es dabei um die Beschaffenheit der Fenster, mal um das Recht der Behörde, ein solches Gebäude betreten zu dürfen.

FOTO: AdobeStock/ Thomas Reimer
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Besonders umstritten: Solaranlagen auf dem Dach

In einer Berliner Siedlung aus der Zeit der Weimarer Republik untersagte das Amt eine Installation wegen einer befürchteten erkennbaren Veränderung an der Originalsubstanz des Hauses. Das Verwaltungsgericht Berlin wies darauf hin, dass heute auch die durchaus berechtigten privaten ökonomischen ökologischen Interessen an der Errichtung einer Solaranlage berücksichtigt werden müssten. Hier seien sie sogar dominierend, denn die Anlage werde an der Gartenseite des Daches angebracht, die von außen schlecht einsehbar sei. Außerdem sei die Einheitlichkeit der Dachgestaltung in dem Viertel durch Satellitenschüsseln und Antennen ohnehin schon verloren gegangen. Verwaltungsgericht Berlin, Aktenzeichen 16 K 26.10.

Bauausführung von Fenstern beachten

Wenn es um ganze Ensembles geht, dann verlagert sich der Schwerpunkt der denkmalschützerischen Maßnahmen gelegentlich etwas. So verweigerte zwar die Behörde einem Immobilienbesitzer den Einbau einflügeliger Fenster und forderte stattdessen Holzfenster mit zwei Flügeln. Doch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz sah das anders. Im konkreten Fall gehe es um die Denkmalzone (bauliche Charakteristika, Ortsbild) und deswegen seien Details der Bauausführung – zum Beispiel Material und Unterteilung der Fenster – nicht so entscheidend. Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Aktenzeichen 8 A 11176/13.

Ausgaben für Denkmalschutz genau dokumentieren

Fall 1: Wer öffentliche Gelder bzw. steuerliche Vergünstigungen für sein denkmalgeschütztes Gebäude erhalten will, der sollte sich um eindeutige, widerspruchsfreie Belege und Rechnungen bemühen. Das musste ein Eigentümer erfahren, der den Erlass der Grundsteuer begehrte, weil es sich um ein Kulturdenkmal handle. Die Finanzbehörden merkten an, er habe lediglich einen Ordner mit unspezifizierten Rechnungen vorgelegt, um seine Ansprüche zu untermauern. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden erklärte, dass aus jedem Beleg eindeutig hervorgehen müsse, ob und wie weit die Ausgaben tatsächlich für den Denkmalschutz nötig seien. Verwaltungsgericht Wiesbaden, Aktenzeichen 1 K 493/11.WI.

Fall 2: Wer wegen Unrentabilität einen Grundsteuererlass für sein denkmalgeschütztes Anwesen erreichen will, der sollte sich von vorneherein um eine angemessene rechtliche Argumentation bemühen. Der Verwaltungsgerichtshof Hessen wies eine Klage ab, weil der Betroffene nicht ausreichend dargelegt habe, dass die Denkmalschutzkosten für die behauptete Unrentabilität ausschlaggebend gewesen seien. Genau diese Kausalität sei aber unverzichtbar für einen derartigen Antrag.
Verwaltungsgerichtshof Hessen, Aktenzeichen 5 A 705/12.Z.

Aufstockung möglich?

Eine Aufstockung eines Hauses um ein Geschoss ist ein kaum zu übersehender Eingriff in das Erscheinungsbild einer Immobilie. Doch selbst eine solche Baumaßnahme kann innerhalb einer geschützten Anlage möglich sein. Der entscheidende Begriff ist hier der „konkrete Denkmalwert“ eines Objekts. Das Verwaltungsgericht Berlin konnte genau das nicht erkennen, als ein Eigentümer ein Stockwerk zusätzlich errichten wollte. Im Urteil hieß es, der Aussagewert des Ensembles werde durch den Eingriff „nicht tangiert“. Schließlich gehe keine Bausubstanz verloren, sondern man erreiche lediglich eine Geschosszahl, die auch bei benachbarten Häusern vorkomme. Verwaltungsgericht Berlin, Aktenzeichen 16 A 163.08.

Untersuchung von Bauschäden

Wenn eine Behörde Hinweise darauf hat, dass die Substanz eines geschützten Gebäudes gefährdet sein könnte, dann kann sie den Zugang zum Objekt erzwingen – und auch das Recht, während der Besichtigung zu fotografieren. Der Eigentümer einer etwa 120 Jahre alten Landhausvilla hatte das mit Hinweis auf seine Privatsphäre untersagt. Aber der Bayerische Verwaltungsgerichtshof schloss sich dieser Meinung nicht an. Nachdem bereits von außen Schäden an Anbauten und Balkonen zu entdecken gewesen seien, habe man von Seiten des Amts zwingend untersuchen müssen, ob Bauschäden vorliegen. Bayerische Verwaltungsgerichtshof, Aktenzeichen 1 CS 12.2638.

Rückbau droht

Das Argument, dass bestimmte Umbauten bereits vollzogen sind und deren Beseitigung erhebliche Kosten verursachen würde, zählt im Denkmalschutz nicht unbedingt. Das musste der Besitzer eines Wohn- und Geschäftshauses erfahren, der die maroden Fenster durch neue Exemplare ersetzt hatte. Doch diese passten nach Überzeugung des Denkmalschutzes nicht zu dem Fachwerkgebäude. Das Verwaltungsgericht Stade versagte dem Bauherrn eine nachträgliche Genehmigung und ordnete den Rückbau an. Schließlich sei er selbst verantwortlich, weil er nicht vorher die Genehmigungen eingeholt habe. Verwaltungsgericht Stade, Aktenzeichen 2 A 591/01.

Verhindern eines Bau in der Nachbarschaft?

Ein denkmalgeschütztes Gebäude kann auch darunter leiden, dass in unmittelbarer Nähe ein anderes Objekt errichtet wird. Doch zu verhindern ist das nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen nur „in den Fällen, in denen eine bauliche Maßnahme wegen ihrer Ausmaße, ihrer Baumasse oder ihrer massiven Gestaltung ein benachbartes Grundstück unangemessen benachteiligt“. Dem Objekt müsse förmlich die Luft genommen werden, heißt es in dem Urteil. Genau das war im vorliegenden Fall nicht gegeben, weswegen gebaut werden durfte. Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Aktenzeichen 5 L 974/11.

Rücksicht auf die Interessen des Eigentümers

Es gibt beim Denkmalschutz Grenzen des Zumutbaren. Wo diese „roten Linien“ liegen, das bemisst sich jeweils am Einzelfall. Grundsätzlich gilt: Wenn die Kosten der Erhaltung nicht durch die Erträge oder den Gebrauchswert des Kulturdenkmals aufgewogen werden, muss verstärkt Rücksicht auf die Interessen des Eigentümers genommen werden. Die Verpflichtung, das Dach eines Gebäudes zumindest straßenseitig mit naturroten „Berliner Bibern“ aus Ton einzudecken, schien dem Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt noch zumutbar. Die finanzielle Mehrbelastung hatte 6.500 Euro betragen. Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt, Aktenzeichen 2 L 23/02.

Quelle: LBS Infodienst Recht und Steuern

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IVV-Artikel "Denk' mal nach über die Dämmung alter Gebäude" in der Ausgabe November 2017

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