Mehr Transparenz, weniger CO2
Eine der Kernaussagen dieser Studie lautet: Umweltprobleme werden ernst genommen, das Verhalten aber nicht in gleichem Maße angepasst. Für die Erreichung der Klimaziele stellt dies eine Herausforderung dar, denn Verhaltensänderungen sind ein schneller und kostengünstiger Weg, um den Energiebedarf zu reduzieren. Das gilt in besonderem Maße für den Immobiliensektor, der für etwa ein Drittel des gesamten CO2-Ausstoßes verantwortlich ist.
Doch wie lässt sich das Verhalten steuern? Naheliegend wäre es, das gewünschte Verhalten vorzuschreiben. Verbote sind jedoch ein problematisches Mittel zur Verhaltenssteuerung, da sie sich negativ auf die Akzeptanz der gewünschten Maßnahmen auswirken. Ist – wie in der oben genannten Studie – ein grundsätzliches Verständnis für die Problematik vorhanden, gibt es elegantere Methoden als strikte Vorschriften. Häufig bedarf es nur kleiner Anstöße, um ohne Zwang große Wirkung zu entfalten.
Nudging – kleiner Stups, große Wirkung
Die Wissenschaft spricht hier von Nudging (eng.: anstupsen). Dabei nutzt man Erkenntnisse, wie und warum Menschen Entscheidungen treffen, um deren Verhalten zu lenken. Ein Beispiel hierfür sind die unterjährigen Verbrauchsinformationen (UVI), die seit Ende 2021 in der Heizkostenverordnung verankert sind. In der Vergangenheit erhielten Bewohnende in Mehrfamilienhäusern lediglich mit der Jahresabrechnung Auskünfte zu ihren Heizungs- und Warmwasserverbräuchen. Durch monatliche Informationen möchte der Gesetzgeber die Transparenz erhöhen und Nutzende motivieren, ihr Verhalten kurzfristig anzupassen. Neben den aktuellen Verbrauchswerten enthält die UVI auch Vergleiche zum Vorjahr und zum Durchschnitt der eigenen Liegenschaft. Auf eine spielerische Art wird so der Ehrgeiz geweckt, mindestens genauso gut im Energiesparen zu sein wie der Nachbar.
Voraussetzung für die Umsetzung der UVI sind monatliche Auslesungen der Verbräuche. Basis hierfür ist fernablesbare Gerätetechnik, die die Monatswerte mit Hilfe sicherer Funktechnik übermittelt. Alle neu auszustattenden Gebäude erhalten bereits diese Technik. Bereits installierte, nicht fernablesbare Technik muss bis Ende 2026 ausgetauscht werden.
Der Start der UVI hat gezeigt, dass dieses Instrument zwar auf den ersten Blick einfach aussieht, viele Tücken jedoch im Detail liegen. Aus Sicht der Eigentümer und Verwalter liegen die Herausforderungen hauptsächlich im Registrierungsprozess und in der Nutzerverwaltung. Adrienne Stamm, Leitung Finanz- und Rechnungswesen bei der Wohnungsbaugesellschaft Salzgitter, beschreibt die Problematik. „Sinnvollerweise übermittelt man die UVI über ein Online-Portal oder per Mail. Von vielen Mietern liegt uns aber keine E-Mail-Adresse vor. Und bei Mieterwechseln muss sichergestellt sein, dass der neue Mieter nicht die Verbräuche seines Vorgängers einsehen kann.“
Ali Öztürk, Leiter Abrechnungsservice bei METRONA Hürth, hat mit seinem Team in den letzten Monaten viel dafür getan, die Prozesse rund um die UVI für die Kunden des Unternehmens zu vereinfachen. Auch er sieht das Online-Portal als besten Weg für die Kommunikation mit den Wohnungsnutzern. „Wir drucken die Registrierungscodes jetzt zusätzlich direkt auf die Jahres-Einzelabrechnung. So erreichen wir ohne Mehraufwand alle Bewohnerinnen und Bewohner“, erklärt er. Sollten diese bei der Registrierung Probleme haben, können sie sich direkt an den Abrechnungsdienstleister wenden. Dadurch wird der Verwalter entlastet. „Unsere Kunden müssen die Registrierungsdokumente nicht mehr ausdrucken, sondern können sie direkt aus dem Portal an die Mieter schicken“, so Öztürk weiter. „Dort haben sie auch den Status der Anmeldungen jederzeit im Blick.“
Bewohnende sparen, Vermietende profitieren mit
Allen Prozesserleichterungen zum Trotz könnten sich Vermietende die Frage stellen, warum sie die UVI einführen sollten, wenn sie dadurch zusätzliche Arbeit haben, während die Mietenden Heizenergie und Heizkosten sparen. Die juristische Antwort lautet: um die Anforderungen aus der Heizkostenverordnung zu erfüllen. Möglicherweise ist jedoch die finanzielle Antwort überzeugender. Diese ergibt sich aus dem Kohlendioxidkostenaufteilungsgesetz (CO2KostAufG). Zu Beginn dieses Jahres in Kraft getreten, legt es fest, dass die in den Brennstoffkosten enthaltenen CO2-Kosten in Abhängigkeit von der Nutzung, den gesetzlichen Besonderheiten und dem energetischen Zustand des Gebäudes zwischen Mietenden und Eigentümern aufgeteilt werden.
Für Wohngebäude kommt ein Stufenmodell zur Anwendung. Die Einstufung der Immobilie erfolgt in Abhängigkeit von deren energetischem Zustand: je besser dieser ist, desto weniger Kosten trägt der Vermietende. Damit soll ein Sanierungsanreiz geschaffen werden.
Für Nichtwohngebäude gilt zunächst eine Pauschalregelung – Mietende und Vermietende tragen jeweils die Hälfte der CO2-Kosten. Allerdings soll zukünftig auch hier ein Stufenmodell eingeführt werden.
Die Kosten für CO2 in fossilen Brennstoffen liegen aktuell bei 30 Euro pro Tonne und werden bis 2025 schrittweise auf 55 Euro steigen. Allerdings ist das Ende längst noch nicht erreicht. Das Klima- und Wirtschaftsforschungsinstitut MCC in Berlin rechnet damit, dass die Abgabe für CO2 bis 2030 auf 200 Euro bis 300 Euro pro Tonne steigen könnte2. Sicherlich wird dies den Umstieg auf erneuerbare Energien beschleunigen. Aber bis es soweit ist, bleibt die UVI ebenso hilfreiches wie kostengünstiges Instrument zur CO2-Reduktion.
1www.umweltbundesamt.de/publikationen/umweltbewusstsein-in-deutschland-2…2www.mcc-berlin.net
Redaktion (allg.)


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