Submetering offen für Neues

Prozesskette der Messdienste aufbrechen

Wie die Interoperabilität von Erfassungsgeräten die Zusammenarbeit zwischen Messdienstleistern und Immobilienverantwortlichen verändern kann.

1105
Seit dem 1. Dezember 2022 müssen alle neu installierten Heizkostenverteiler, Wärmezähler und Warmwasserzähler mit Smart Meter Gateways interoperabel sein. Das heißt, die Fabrikate aller Gerätehersteller sollen untereinander kommunizieren können. Bild: DEUMESS/André Kranert
Seit dem 1. Dezember 2022 müssen alle neu installierten Heizkostenverteiler, Wärmezähler und Warmwasserzähler mit Smart Meter Gateways interoperabel sein. Das heißt, die Fabrikate aller Gerätehersteller sollen untereinander kommunizieren können. Bild: DEUMESS/André Kranert

Erfassungsgeräte für den Wärmeverbrauch, die interoperabel kommunizieren, bieten viele Vorteile. Gemäß Heizkostenverordnung müssen alle neu verbauten Geräte schon heute einem offenen Standard entsprechen, bis Ende 2031 auch alle Bestandsgeräte. Immobilienverantwortliche können auf dieser Basis ihre Dienstleistungsstrategie für Submetering neu ausrichten und neue Partnerschaften mit kleineren und mittelständischen Messdienstleistern eingehen.

Seit der Novellierung der Heizkostenverordnung (HKVO) im Dezember 2021 nimmt die Zahl der interoperablen Erfassungsgeräte für die Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten stetig zu. Seit dem 1. Dezember 2022 müssen grundsätzlich alle neu installierten Heizkostenverteiler, Wärmezähler und Warmwasserzähler nicht nur an ein Smart Meter Gateway anbindbar, sondern gemäß § 5 Absatz 5 der HKVO außerdem „einschließlich ihrer Schnittstellen mit den Ausstattungen gleicher Art anderer Hersteller interoperabel“ sein. Weiter heißt es, die Interoperabilität sei in der Weise zu gewährleisten, dass im Fall der Übernahme der Ablesung durch eine andere Person diese die Ausstattungen zur Verbrauchserfassung selbst fernablesen könne. Das Schlüsselmaterial der fernablesbaren Ausstattungen zur Verbrauchserfassung sei dem Gebäudeeigentümer kostenfrei zur Verfügung zu stellen.

Separate Datenpunkte versus Datennetz

Diese Interoperabilität, gepaart mit der ebenfalls bereits seit dem 1. Dezember 2021 für alle neu verbauten Geräte geltenden Verpflichtung zur Fernauslesbarkeit, hat das Potenzial, die Sensorik-Infrastrukturen von Gebäuden und die darauf aufbauenden Services grundlegend zu verändern. Nicht interoperable, nicht fernauslesbare Geräte sind wie ein loses Bündel isolierter Datenpunkte, die nur unter hohem Personaleinsatz ausgelesen werden können. Interoperable, fernauslesbare Sensoren dagegen können – auch unabhängig vom Hersteller oder individuellen technischen Spezifikationen – miteinander vernetzt werden. Sie lassen sich so zu einer dichten und flexiblen Sensorik-Infrastruktur vereinen, die idealerweise automatisierte und damit regelmäßige Datenflüsse erlaubt.

Investition liegt aufseiten des Infrastrukturbetreibers

Die Umstellung auf die modernen Sensoren ist für Immobilieneigentümer nur dann mit Investitionen verbunden, wenn sie die Geräte selbst gekauft haben. Wenn sie dagegen einen Miet- und Servicevertrag mit einem Anbieter abgeschlossen haben, durch den dieser eine regelkonforme Infrastruktur aufrechterhalten muss, erfolgt die Modernisierung des Geräteparks durch diesen Anbieter. Die Kosten für die Infrastruktur können dann im Rahmen der Heiz- und Betriebskostenabrechnung auf die Bewohner oder Mieter umgelegt werden.

Bei der Nutzung nicht interoperabler Erfassungsgeräte besteht in der Regel eine enge Bindung an ein und denselben Dienstleister für sämtliche Komponenten der Wertschöpfungskette Submetering, bestehend aus Aufbau und Betrieb der Infrastruktur, dem Auslesen und Allokieren der Daten sowie deren Nutzung für Analysen oder Abrechnungen. In interoperablen Infrastrukturen fällt diese Klammer weg: Verschiedene Dienstleister können zur Daten-Infrastruktur beitragen, auch das Auslesen und die spätere Nutzung der Daten für verschiedene Anwendungsfälle müssen nicht mehr durch ein und denselben Anbieter erfolgen. Die einzelnen Komponenten der Wertschöpfungskette können bei Bedarf modular von verschiedenen Dienstleistern besetzt werden.

Einbinden neuer Energie- und Gebäudeservices

Das bietet mit Blick auf die aktuelle Entwicklung neuer, innovativer Ansätze für smarte Energie- und Gebäudeservices – gerade auch von kleineren Anbietern oder Proptechs – Handlungsspielräume für Immobilienverantwortliche. Sie können sich so aus dem einstmals geschlossenen One-Shop-System großer Anbieter lösen und die Sensorik-Infrastruktur und die darauf aufbauenden Dienstleistungen bewusst nach ihren Wünschen zusammensetzen. Vor dem Hintergrund neu entstandener Services, wie etwa der digitalen Überwachung und Steuerung der Heizungsanlage oder der Information von Anwohnern über digitale Displays, öffnet das auch für die Zusammenarbeit mit mittelständischen oder kleineren Messdienstleistern neue Optionen. Auch diese können das Rückgrat der Sensorik-Infrastruktur im Gebäude abbilden, auf die andere Dienstleister bei Bedarf einfach mit zusätzlichen Sensoren oder Leistungen aufsatteln können. Das schafft neue Möglichkeiten für smarte Gebäudeservices, ohne dass dazu eine redundante Sensorik- oder Gateway-Infrastruktur aufgebaut werden muss.

Mehr Flexibilität bei der Heizkostenabrechnung

Auch für die klassische Heizkostenabrechnung ändert sich das Spielfeld. Der Einbau und Betrieb von Heizkostenverteilern oder Wärmezählern, die Ablesung und die Abrechnungserstellung müssen dank der Interoperabilität und Fernauslesbarkeit der Erfassungsgeräte nicht mehr – wie bisher meistens üblich – vom gleichen Dienstleister erfolgen. Immobilieneigentümer oder WEG-Verwalter haben jetzt die Möglichkeit, ihren Ansprüchen entsprechend auch dafür verschiedene Dienstleister zu beauftragen und, bei Unzufriedenheit mit dem Ergebnis der Zusammenarbeit, diese auch unabhängig voneinander zu wechseln. Das heißt, dass auch bei Messtechnik, die noch voll im Rahmen der Eichfrist oder der Batterielaufzeit ist, der Dienstleister für die Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten oder für ergänzende Services rund um Energie- oder Gebäudemanagement unabhängig vom Anbieter der Zählerinfrastruktur gewählt werden kann.

Schnittstellen müssen geklärt sein

Wichtig ist dabei in jedem Fall das Klären der Datenschnittstellen. Dabei stehen grundsätzlich zwei Konstellationen zur Verfügung. Entweder kann das für die Sensorik-Infrastruktur verantwortliche Unternehmen weiterhin das Auslesen der Daten übernehmen und diese dann dem für den Abrechnungsservice zuständigen Unternehmen und weiteren Serviceanbietern zur Verfügung stellen. Oder es erfolgt eine Auswechslung der Gateway-Infrastruktur, sodass der Service-Partner mithilfe der vom Infrastrukturpartner zur Verfügung gestellten Geräteschlüssel selbst die Ablesung übernehmen kann. In jedem Fall ist darauf zu achten, dass der Datenfluss automatisiert und bei Bedarf in einem möglichst kurzen Rhythmus erfolgt, um perspektivisch alle Services zu ermöglichen, die auf den erfassten Daten basieren.

Verändertes Spielfeld für neue Partnerschafen

Zusammengefasst: Die Verpflichtung zur Fernauslesbarkeit und Interoperabilität von Erfassungsgeräten für Wärmeenergie kann das Zusammenspiel der Akteure im Submetering und angrenzenden Services dauerhaft verändern. WEG-Verwalter und Wohnungsunternehmen können davon profitieren, indem sie die Prozesskette dieser Dienstleistungen aufbrechen und bei Bedarf an verschiedene Anbieter verteilen. Gründe dafür können insbesondere unterschiedliche Stärken in der Qualität von Technik oder Service sein, ebenso Unterschiede im Portfolio weitergehender smarter Dienstleistungen.

Hier können kleinere und mittelständische Messdienstleister, wie die Mitglieder von Deumess, ihre Stärken ausspielen: Das sind zum einen offene und flexible Prozesse, kurze Wege, persönlicher Service und schnelle Entscheidungen bei gleichzeitig hoher Expertise. Zum anderen ist es die hohe Bereitschaft zu Partnerschaften mit anderen Anbietern für Energie- oder Gebäudeservice. Gerade Deumess-Mitglieder sind durch ihre Verbandsmitgliedschaft in ein Ökosystem eingebunden, das nicht nur aus klassischen Submetering-Unternehmen, Stadtwerken und Wohnungsunternehmen besteht, sondern auf Augenhöhe den regelmäßigen Austausch mit anderen Akteuren für digitale Energie- und Gebäudeservices mit sich bringt. Dazu gehören Anbieter für den digitalen Heizungskeller ebenso wie für Smart-Metering, Mieterstrom oder Ladesäulenmanagement.

Hartmut Michels

Hartmut Michels
AnhangGröße
Beitrag als PDF herunterladen357.81 KB

◂ Heft-Navigation ▸

Artikel Prozesskette der Messdienste aufbrechen
Seite 34 bis 35
7.2.2023
Energiemanagement: Effizienz durch Transparenz
Verschiedene Gesetze und Regelungen treiben die Digitalisierung der Wohnungswirtschaft voran und sollen durch mehr Transparenz die Energieeffizienz steigern.
23.2.2023
Übersicht über die gesetzlichen Pflichten
Das Streben nach Energieeinsparung führt zu umfangreichen „Hausaufgaben“ für die Vermieter der Republik in Gestalt baulicher Maßnahmen, Informationspflichten gegenüber Mietern und Zusatzanforderungen...
1.4.2022
CO2-Preis und Digitalisierung
Die neue Bundesregierung will im Gebäudebereich mehr Effizienz, mehr erneuerbare Energien und damit weniger CO2. Einer Preissteigerung durch die Verteuerung von CO2-Emissionen und damit einer...
30.5.2022
AAL-Systeme in der Haustechnik
Interview mit Janina Laurila-Dürsch, Normungsmanagerin Health und Industry, Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik in DIN und VDE, zu individuellen Bedürfnissen, Sicherheit...
28.1.2022
Gestaltung der Energiewende
Interview mit Christopher von Gumppenberg, Gründer und Geschäftsführer von der KUGU Home GmbH. Das Unternehmen bietet eine Plattform für digitales Gebäudemanagement.