Forscher der Uni Stuttgart haben zwar ermittelt, dass 25 Prozent aller Wohngebäude in Europa eine Lüftungsanlage nutzen. Doch nur 1,5 Prozent fangen dabei auch die Wärme, die ins Freie flüchten will, wieder ein. Dabei gibt es inzwischen mehrere technologische, effiziente und bezahlbare Wege für die Nutzung der sonst sinnlos ins Freie gepusteten Wärme – auch zum Nachrüsten bestehender Anlagen.
Lüftungsanlagen sind im Gewerbe- und Industriebereich ein Muss
Selbst Bürogebäude sind mit diesen Raumlufttechnischen Anlagen, kurz RLT genannt, ausgestattet. Die Erklärung ist simpel: Sie garantieren hohe Einsparpotenziale im Wärmeenergieverbrauch und damit einen Return on Investment nach meist nur wenigen Monaten. In den wirtschaftlich geführten Unternehmen ist dies also eine leichte Entscheidung – zumal die Heizkosten durch den seit Anfang 2021 geltenden Emissionshandel für fossile Brennstoffe im Wärmebereich in den nächsten Jahren kontinuierlich steigen werden.
In der Wohnungswirtschaft hingegen, wo die Wärmekosten letztlich umgelegt werden und weder Verwalter noch Eigentümer etwas von den Einsparungen haben (außer eventuelle niedrige Nebenkosten, die eine Vermietung leichter machen – aber beim derzeitigen Nachfragemarkt eher irrelevant), ist dies – noch – kein Argument.
Umdenken in Wohnungswirtschaft beginnt
Der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) zählte 2019 bezogen auf das Vorjahr zwar 49.000 zentrale Lüftungsanlagen oder vier Prozent weniger. Bei den für den Wohnungsmarkt wichtigen dezentralen Lüftungsanlagen waren es hingegen 215.000 Anlagen oder neun Prozent mehr.
Im Wohnbereich spricht man bei einer solchen Technologie auch von Kontrollierter Wohnraumlüftung (KWL), die letztlich die nötige Frischluftzufuhr maschinell vornimmt. Dabei gibt es dezentrale Lüftungssysteme mit mehreren Ventilatoren in jeder Wohnung, die dann entsprechend schallgeschützt sein müssen, und zentrale Lüftungssysteme mit Lüftungskanälen über das gesamte Gebäude. Letztere Lösung ist deutlich aufwendiger, aber noch weit verbreitet, etwa bei den guten alten DDR-Plattenbauten der 1970er- und 1980er-Jahre.
RLT sind Voraussetzung für eine konventionelle Wärmerückgewinnung (WRG)
Und in dieser Kombination sollten sie auch ein Muss für die Wohnungswirtschaft sein. Denn Energieeffizienz ist nicht Selbstzweck und reiner Vorteil für Mieter, sondern ganz konkreter Umweltnutzen und zudem gesetzlich im neuen Gebäudeenergiegesetz (GEG), seit November 2020 gültig, vorgeschrieben. Die Nutzung von Abwärme wird hier wie schon in der Vorgänger-Rechtsnorm Energieeinsparverordnung (EnEV) mit dem niedrigstmöglichen Primärenergiefaktor von 0,0 belohnt. Das wiederum ermöglicht es, bei Neubauten und energetischen Sanierungen auf die Wärmerückgewinnung zu setzen und diese rechtliche Norm auf einem relativ eleganten Weg zu erfüllen.
Vorhandene Lüftungsanlage gut zu nutzen
Allerdings lässt sich eine WRG bei einer Sanierung nur dort einbauen, wo sich auch eine Lüftungsanlage installieren lässt oder diese schon vorhanden ist. Zudem muss beachtet werden, dass die Abwärmerückgewinnung auch im Sommer aktiv ist – wenn sie aus Komfortgründen eher nicht gewünscht wird. Einige Anlagen bieten daher die Möglichkeit, die Wärmerückgewinnung im Sommer zu umgehen.
Alternativ kann die Abwärme auch, statt sie zurückzugewinnen und wieder zur Beheizung des Raumes einzusetzen, auch anderweitig genutzt werden – beispielsweise zur Trinkwassererwärmung. Zu beachten dabei ist jedoch, dass das Abwärmeniveau von 20 bis 30 °C auf 45 Grad (nutzbare Warmwassertemperatur) oder sogar 60 °C angehoben werden muss, um das Trinkwarmwasser legionellensicher zu machen. Dafür gibt es jedoch technische Lösungen wie Wärmepumpen, auch wenn diese einen etwas höheren planerischen, installatorischen sowie investiven Aufwand erfordern.
Für eine sinnvolle wie energieeffiziente Nutzung bedarf es jedoch immer eines guten Dämmstandards von mindestens KfW 70. Im neuen Gebäudeenergiegesetz (GEG) ist dieser für Wohnungsneubauten sowieso vorgesehen und sollte auch bei umfassenden Sanierungen im Bestand angestrebt werden. So ausgestattete Gebäude können im Sommer gut kühl gehalten werden. Doch das ist trotz des Klimawandels im Wohnungsbau immer noch eine Ausnahme. Es gibt mehrere Möglichkeiten der Wärmerückgewinnung.
WRG übertragen die Wärme der Abluft auf die frische Zuluft
Lüftungsanlagen mit WRG nutzen meist Wärmeübertrager, manchmal auch, aber technisch etwas ungenau, Wärmetauscher genannt. Sie übertragen die Wärme der Abluft auf die frische Zuluft. Dazu dienen Plattenwärmeübertrager. Es gibt verschiedene Bauarten, wie reine Kreuz- oder reine Gegenstrom-Wärmeübertrager. Am häufigsten werden Kreuzgegenstrom-Wärmeübertrager eingesetzt. Die Funktionsweise ist immer gleich: Die Wärme der Abluft überträgt sich erst auf das Material (die Platte), von dort wiederum geht die Energie auf die kältere Zuluft über. Wichtig: Die Luftströme kommen dabei nicht miteinander in direkten Kontakt, nur die Wärmeenergie wird übertragen. Materialien für den Wärmeübertrager sind Aluminium, Edelstahl oder Kunststoffe.
Wärmepumpe kann Trinkwarmwasser erzeugen
Eine seit etwa zwölf Jahren verfügbare Technologie sind Enthalpie-Wärmeübertrager. Sie bieten den zusätzlichen Vorteil, dass nicht nur die Wärmeenergie, sondern auch ein Teil der Feuchtigkeit aus der Abluft auf die Zuluft übertragen wird. Das geschieht nach dem Osmose-Prinzip: Die Membran zur Trennung der Zu- und Abluft ist salzbeschichtet. Das Wasser kondensiert auf der warmen Abluftseite und geht zur kühleren, mit Salz beschichteten Zuluftseite über. Diese nimmt das Kondensat auf. In Europa werden dafür Kunststoffmembranen eingesetzt, die die Entstehung von Bakterien und Schimmel verhindern.
Ein Austausch von Gerüchen, Mikroorganismen oder Ähnlichem ist ausgeschlossen. Hersteller gehen von einer 80-prozentigen Abwärmenutzung und 60-prozentigen Feuchtigkeitsnutzung aus.
Im nichtgewerblichen Wohnungsbau, also bei Ein- oder Zweifamilienhäusern, sind Wärmepumpenheizungen heute schon die Nummer Eins im Neubau. Bei Sanierungen oder im gewerblichen Wohnungsneubau wächst ihre Bedeutung, jedoch spielt sie hier, trotz vieler praktischer Beispiele, noch eine untergeordnete Rolle.
Legionellensichere 60 °C durch eine Wärmepumpe
Im Zusammenhang mit der Abwärmenutzung ist die Wärmepumpe jedoch eine interessante Alternative, zumal sie, im Gegensatz zu reinen Wärmeübertrager-Lösungen, die Temperaturen für Trinkwarmwasser auf legionellensichere 60 °C anheben kann. Besonders effizient wird sie durch den Fakt, dass sie immer auf ein relativ kontinuierliches Temperaturniveau der Abluft zurückgreifen kann. Das ist ein Vorteil gegenüber ihren Verwandten, den Luft-Wasser-Wärmepumpen etwa vor Einfamilienhäusern, die auch bei tiefen Minusgraden für wohlige Wärme sorgen sollen – allerdings dann eben mit einer geringeren Effizienz.
Im Wohnungsbau kommen drei Varianten zum Einsatz:
- Pendellüfter (ohne Wärmepumpe), die direkt in der Außenwand sitzen und ohne Verrohrung auskommen. Ein Gerät pustet 50 Sekunden lang die warme Luft raus, dabei erwärmt sich ein Wärmeübertrager im Innern des Lüfters. Ein anderes Gerät pustet 50 Sekunden lang frische Luft rein. Die frische Zuluft wird beim Einströmen mit der Wärme aus dem Wärmeübertrager vorerwärmt.
- Wohnungsweise zentrale Be- und Entlüftung: Lüftungsgerät ohne Wärmepumpe, das die Zu- und Abluft zentral regelt, natürlich mit Wärmerückgewinnung. Vollständige Verrohrung aller Räume in einer Wohnung notwendig.
- Abluftgerät mit Wärmepumpe, die mit der Energie aus der Abluft aus Küche und WC das Warmwasser bereitet. Zuluft in Wohn- und Schlafzimmer über Außenwandventile durch Unterdruck, daher ist keine Verrohrung dieser Räume notwendig.
Förderungen von WRG
Frank Urbansky
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