Den großen Wumms für mehr Wohnungsbau wird es nicht geben
Ein großer Teil geplanter Wohnungsbauprojekte ist angesichts von Zinsanstieg, Inflation und unzureichender staatlicher Förderung zu den (Bau-)Akten gelegt worden. Die Genehmigungszahlen befinden sich im Sturzflug. Da die Bauwirtschaft weiterhin laufende Projekte fertigstellen muss, wirkt sich der Konjunktureinbruch noch nicht auf den Arbeitsmarkt aus.
Die Immobilienwirtschaft hat zehn Milliarden Euro für die Ankurbelung des Wohnungsbaus angemahnt, am 1. März hat das Bundesbauministerium einen Topf mit 750 Millionen Euro für Gebäude mit der höchsten Energieeffizienzklasse freigegeben. 14 Milliarden hat das Klimaschutzministerium für die energetische Sanierung von Gebäuden aufgelegt – noch nicht eingerechnet die geplante Unterstützung für den Austausch von Öl- und Gasheizungen ab 2024. Der Bundeskanzler höchstselbst hat angekündigt, dass der Staat 100 Milliarden Euro Schulden (pardon: Sondervermögen) für die Sanierung der Landesverteidigung und sogar 200 Milliarden für den Energiepreisdeckel bereitstellen wird. Für die Herstellung neuer Wohnungen (oberhalb des sozialen Wohnungsbaus) wird es auf absehbare Zeit keine weiteren Milliarden geben.
Die Bundesbauministerin und ihre Staatssekretäre äußern sich öffentlich skeptisch bis ablehnend gegenüber weiteren Milliarden für den gewerblichen Wohnungsbau. Staatssekretär Rolf Bösinger erklärte auf der Messe BAU vor Journalisten, sein Ministerium sei zufrieden mit der Nachfrage nach Fördermitteln aus dem 750-Millionen-Topf. Es werde keine zehn Milliarden Euro geben. Er könne nicht erkennen, dass mehr Geld unter den derzeitigen Rahmenbedingungen zu mehr Wohnungsbau führen würde.
Deutlicher wird die Bundesbauministerin in einem Interview mit dem Stern. Trotz des Einbruchs beim Bau neuer Wohnungen lehnt Klara Geywitz zusätzliche staatliche Mittel für den Wohnungsbau ab. „Mehr Geld hilft nicht mehr“, sagt sie im Stern-Interview. „Mehr Geld und supergünstige Konditionen haben in den vergangenen Jahren nicht mehr Wohnungen auf den Markt gebracht, aber dafür die Baupreise erhöht“, sagt sie weiter. Zugleich kritisiert sie die bisherigen Förderprogramme als wenig gezielt: „Die üppige Förderung aus Steuergeldern kam sicher seltener bei den Mietern und öfter bei den Firmen als erquickliche Marge an.“ Es sei alles subventioniert worden – von der Garage bis zum Mini-Loft für 30 Euro pro Quadratmeter. „So etwas fördere ich als Sozialdemokratin nicht.“
Richtig an diesem Einwand ist: In der Nullzinsphase hat billiges Geld die Strukturdefekte des deutschen Bauwesens überdeckt. Zinsen unter der Einprozentmarke machten das Bauen trotz des Mangels an Bauland, trotz tausender Bauvorschriften und zäher Genehmigungsprozesse irgendwie möglich. Zu diesen bekannten Hindernissen gesellen sich nun Handwerkermangel und Lieferengpässe und eine nie gekannte Teuerungsrate bei Baumaterialien. Gegen dieses dichte Geflecht helfen keine Subventionen. Frische Milliarden in diesem Marktumfeld würden wahrscheinlich vor allem die Inflation weiter anheizen.
Redaktion (allg.)

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