DigiWoh: Auf dem Weg zur digitalen Wohnungswirtschaft
Unter Federführung des GdW wurde vor drei Jahren das Kompetenzzentrum Digitalisierung der Wohnungswirtschaft, kurz „DigiWoh“, gestartet. Ziel ist es, gemeinsam Best-Practice-Lösungen zu entwickeln und Branchenstandards zu etablieren. Ist dies gelungen?
Ja, der Austausch auf Fachebene zwischen den Wohnungsunternehmen klappt hervorragend und wir konnten bereits viele spannende Online- und Präsenzveranstaltungen zu verschiedensten Aspekten der Digitalisierung der Wohnungswirtschaft umsetzen. Insbesondere kleineren Wohnungsunternehmen hilft es, von den Projekten anderer Unternehmen, die vielleicht auf dem Weg der digitalen Transformation schon weiter fortgeschritten sind, zu lernen. Der Austausch soll Wohnungsunternehmen helfen, die für sie richtige Digitalisierungsstrategie zu entwickeln.
Welche Chancen sehen Sie generell in der Digitalisierung des Gebäude-managements? Und worin liegt eigentlich das Nutzenversprechen, sowohl für Vermieter als auch Mieter?
Die Chancen der Digitalisierung in der Bewirtschaftung der Bestandsgebäude sind riesig, denn insbesondere durch die eingebrochenen Neubauzahlen lassen sich hier die größten Skalierungseffekte erzielen. Hohes Potenzial sehe ich insbesondere bei der Messung, Steuerung und Darstellung der Energieverbräuche. Zukünftig könnten Sensordaten aus den Gebäuden verstärkt mittels KI-Software ausgewertet werden und auf Anomalien, Wetterdaten oder Nutzerverhalten reagieren. Für den Gebäudebetreiber entstehen hierdurch große Potenziale bei der effizienten Bewirtschaftung der Immobilien, da Schäden frühzeitig erkannt (Stichwort „Predictive Maintenance“) und die Energieversorgung an den tatsächlichen Bedarf in Echtzeit angepasst werden könnte. Auch für den Mieter bringt dies entscheidende Vorteile: So lassen sich durch smarte Steuerung die Heizkosten nachweislich reduzieren und auch von einer schnelleren Schadensbehebung durch automatisierte Prozesse profitieren die Bewohner.
Der GdW setzt sich schon länger für das serielle und modulare Bauen und Sanieren ein, was industrielle Herstellungsprozesse voraussetzt. Diese wiederum sind nur mittels digitalisierter Prozesse effizient umsetzbar. Ist die Wohnungswirtschaft in der Lage, solche komplett durchdigitalisierten Prozesse abzubilden?
Unsere Unternehmen stehen zunächst nicht im Fokus, die digitalen Planungs- und Bauprozesse abzubilden. Wir planen und bauen in der Regel nicht selbst, sondern sind lediglich Auftraggeber. Aktuell besteht noch ein deutlicher prozessualer Bruch zwischen der Planungs- und Erstellungsphase eines Gebäudes und der Bewirtschaftung. Die im Bau erstellten Daten müssen in der richtigen Form in die Bewirtschaftung übergeben werden, was durch unterschiedliche Datenstandards oftmals erschwert wird. Für die Wohnungsunternehmen wäre eine fortschreitende Digitalisierung der Bau- und Sanierungsprozesse wünschenswert, da dies Planungsabläufe verkürzen sowie Kosten senken könnte. In der aktuellen Praxis bremsen kaum digital arbeitende Bauämter sowie ein Wust an verschiedenen Landesbauordnungen mitsamt zusätzlichen Vorgaben von EU, Bund und Kommunen jedoch viele serielle Bau- und Sanierungsprojekte aus.
Wäre es nicht generell wichtig, von Anfang an auf ein durchgängig digitalisiertes Datenmanagement zu setzen, also in allen Phasen des Gebäudelebenszyklus? Alleine schon aus Kostengründen, aber auch aus Gründen des Klimaschutzes, Stichwort: ESG?
Im Neubau ist es sicherlich sinnvoll, von Beginn an auf BIM zu setzen. Dies ist in vielen Architektur- und Planungsbüros ohnehin bereits immer häufiger der Standard. Schwierig wird es hingegen im Bestand, da hier die Datengrundlage unserer Wohnungsunternehmen oft bescheiden und nur selten vollständig digital abgebildet ist. Die Relevanz, technisch-energetische Gebäudedaten zu erheben bzw. vorhandene Daten zu aggregieren, um für ESG-Berichtspflichten und Sanierungsentscheidungen eine solide Grundlage zu haben, ist bei den Wohnungsunternehmen bereits angekommen. Oftmals zeigen hier jedoch die branchenüblichen ERP-Lösungen, die technisch-energetische Gebäudedaten nur schwer verarbeiten können, den Unternehmen Grenzen auf.
Welche Aspekte werden in den kommenden Jahren die Digitalisierung der Wohnungswirtschaft bestimmen?
Die rasanten Entwicklungen im Bereich Künstliche Intelligenz (KI) machen auch vor der Wohnungswirtschaft nicht halt. Wohnungsunternehmen haben einen riesigen Datenschatz zu ihren Gebäuden, der mittels KI ausgewertet werden kann. Auch die Kommunikation zwischen Mietern und Vermietern wird digitaler werden. Für die sozial orientierte Wohnungswirtschaft bedeutet Digitalisierung jedoch keineswegs den menschlichen Kontakt durch Technologien zu ersetzen: Prozessautomatisierung kann im Gegenteil in Zeiten von Fachkräftemangel Freiräume schaffen, den Kontakt zwischen Wohnungsunternehmen und Mietern zu verstärken, wenn die Mitarbeiter von repetitiven Verwaltungsprozessen entlastet werden.
Redaktion (allg.)
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