Die Position der Mieterinitiative
Nach den Vorstellungen der Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ sollen zwölf Prozent der Berliner Mietwohnungen – das sind rund 240.000 Einheiten – „in den Besitz einer Anstalt des öffentlichen Rechts überführt und demokratisch, transparent und gemeinwohlorientiert verwaltet werden“. Wenn diese Wohnungen der Spekulation entzogen würden, ermögliche das dauerhaft bezahlbare Mieten und verhindere die Verdrängung von Menschen, die sich steigende Mieten nicht leisten können. Die Initiative beruft sich auf Artikel 15 des Grundgesetzes, der die Vergesellschaftung von Grund und Boden zulasse. Der Volksentscheid musste zugelassen werden, nachdem die Initiative 360.000 Unterschriften eingereicht hat.
Der Wohnungsmarkt in Berlin
Mieter sind in der Hauptstadt eine wichtige Wählergruppe. Denn der Anteil an Mietwohnungen ist im Vergleich der Bundesländer, aber auch im Vergleich zu anderen deutschen Metropolen, relativ hoch. Rund 1,66 Millionen Wohnungen in der Hauptstadt (84 %) zählten im Jahr 2019 zu den Mietwohnungen. Ihr Anteil liegt damit weit über dem Bundesdurchschnitt. Der überwiegende Teil der Berliner Wohnungen (89%) befindet sich in Mehrfamilienhäusern mit mindestens drei Wohnungen (Quelle: BBU-Marktmonitoring 2020). Der jüngste Vergleich von 80 Großstädten durch die Statistiker des Portals Immo-welt ergab, dass die Angebotsmieten in den letzten fünf Jahren in Berlin um 42Prozent gestiegen seien; München folge mit 24Prozent.
Nach der Bundestagswahl 2021: Berliner stimmen mehrheitlich für Enteignung von Wohnungsunternehmen
Wie der Volksentscheid Druck aufbaut
Ein erfolgreicher Volksentscheid für die Enteignung hat keine unmittelbare Wirkung. Es bliebe Aufgabe des Abgeordnetenhauses ein Vergesellschaftungsgesetz zu erlassen. Dafür gibt es keine Mehrheit im Parlament, auch innerhalb der rot-rot-grünen Regierungskoalition nicht. Einzig die Linke spricht sich klar für Enteignungen aus. Die SPD ist dagegen, und die Position der Grünen zeigt, dass die Enteignungsforderung große Zugkraft im Berliner Wahlkampf entwickelt. Für die Grünen stellen Enteignungen die Ultima ratio der Wohnungspolitik dar, gleichwohl hat die Spitzenkandidatin für das Amt der Regierenden Bürgermeisterin, Bettina Jarasch, öffentlich erklärt, sie werde für die Enteignung stimmen. Die Berliner Bündnisgrünen wollten „den Druck des Volksentscheids als Auftrag verstehen und nutzen, um einen sozialen und klimafreundlichen Wohnungsmarkt zu schaffen“. Jarasch fordert von Wohnungsunternehmen einen „Mieterschutzschirm“: fünf Jahre Mietenmoratorium, preiswerte Wiedervermietung, verlässliche Instandhaltungen und ein Recht auf Wohnungstausch. Im Gegenzug soll es Anreize geben: exklusiven Zugang zu städtischen Grundstücken, vergünstigten Erbbauzins und mehr Förderung ökologischer Modernisierungen.
Senat erlässt schon mal ein weitgehendes Umwandlungsverbot
Unterdessen hat der Berliner Senat – schon vor Beginn der heißen Phase des Wahlkampfes – die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentum deutlich erschwert. Bislang benötigten Eigentümer nur in Milieuschutzgebieten eine amtliche Erlaubnis für die Umwandlung. Anfang August hat der Senat beschlossen, die ganze Stadt als Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt auszuweisen. Bis 2025 sind Umwandlungen jetzt genehmigungspflichtig, also faktisch verboten. Ausnahmen: Der Genehmigungsvorbehalt gilt für Gebäude ab fünf Wohnungen und an Mieter darf verkauft werden.
Redaktion (allg.)
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