Aufzugstechnik

Wie sicher sind die Notrufsysteme in Fahrstühlen?

Aufzüge müssen funktionieren. Tun sie das nicht, ist schnelle Hilfe gefragt. Nach Norm und Gesetz muss innerhalb einer halben Stunde Abhilfe geschaffen werden. Das heißt aber nicht, dass der Aufzug danach wieder reibungslos funktioniert.

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Wenn ein Fahrstuhl stecken bleibt, muss ein Gespräch mit der Notrufzentrale gewährleistet sein. Bild: Lightfield Studios / stock.adobe.com
Wenn ein Fahrstuhl stecken bleibt, muss ein Gespräch mit der Notrufzentrale gewährleistet sein. Bild: Lightfield Studios / stock.adobe.com

Eingeschlossene Passagiere können immer mit ihrem Retter telefonieren

Aufzugsausfälle sind hierzulande äußerst selten – nicht zuletzt wegen der strengen Wartungszyklen, die der Gesetzgeber vorschreibt (und über die die IVV in einer späteren Ausgabe berichten wird). Das wird auf verschiedene Weisen gewährleistet. Erstens wird die Notruffunktion bei jeder Wartung durch Service-Techniker überprüft, normalerweise viermal im Jahr. Zweitens erfolgt eine jährliche Prüfung durch eine zur Prüfung befähigte Person. Drittens überwacht die Aufzugsanlage sich selbst mehrmals in der Woche und informiert das entsprechende Serviceteam, das 24 Stunden zur Verfügung steht, über mögliche Probleme. Und schließlich müssen die Hersteller die Vorschriften der Betriebssicherheitsverordnung einhalten.

Zwei-Wege-Kommunikation ist vorgeschrieben

Dennoch kommt es hin und wieder vor, dass ein Lift stecken bleibt. Zwar ist seit 2020 bundesweit ein Zwei-Wege-Kommunikationssystem vorgeschrieben. Es stellt bei Betätigung des Notrufknopfes eine Sprechverbindung zu einer ständig besetzten Leitstelle her. Wird dieser betätigt, sind die Betreiber von Aufzugsanlagen, in aller Regel also der Verwalter einer Immobilie, gesetzlich dazu verpflichtet, für die eingeschlossenen Personen unverzüglich Maßnahmen zur Befreiung einzuleiten. Und das sollte spätestens 30 Minuten nach Betätigen des Notrufs geschehen.

Stringente Notruf-Prozedur

Die Funktionsweise eines Mobilfunk-Notrufsystems ist wie folgt:

1. Ein Fahrgast drückt die Notruftaste für mindestens drei Sekunden, um Hilfe zu rufen, weil der Aufzug stecken geblieben ist.

2. Das Mobilfunkmodul sendet den Alarm sowie verfügbare Statusdaten des Aufzugs und stellt eine Sprechverbindung zur 24-Stunden-Einsatzzentrale her.

3. Das Personal der 24-Stunden-Zentrale kommuniziert telefonisch mit den eingeschlossenen Personen und leitet gleichzeitig die Maßnahmen zur Befreiung ein.

4. Der Befreiungseinsatz durch eine befugte Person (Servicetechniker oder der hauseigene Aufzugswärter) beginnt spätestens 30 Minuten nach Eingang des Alarms, wie es gesetzlich vorgeschrieben ist.

Doch nicht immer funktioniert das reibungslos. Die 30 Minuten, so ein Experte gegenüber IVV, werden meist zwar eingehalten. In Großstädten oder aber in ländlich geprägten Gebieten könne es aber schon mal ein paar Minuten länger dauern, bis die Befreiung der eingeschlossenen Personen beginnen kann.

Von der Hilfe für die Eingeschlossenen zu unterscheiden ist die Reparatur des Aufzugs. Letztlich hängt das auch von der Ursache und der Uhrzeit ab. Kleinere Reparaturen werden in der Regel sofort durchgeführt. Bei größeren Reparaturen, die möglicherweise Ersatzteile erfordern, kann es jedoch länger dauern. Reparaturen bis zur vollen Betriebstüchtigkeit lassen deswegen mitunter auf sich warten. Die Zeit, die benötigt wird, hängt von der Art der Störung ab. Es kann von zehn Minuten nach einer kleinen Störung bis zu zehn Wochen bei einer schwierigen Reparatur mit komplizierter Ersatzteilbeschaffung dauern.

Wenn eine nächtliche Personenbefreiung erforderlich ist, erfolgt keine Reparatur, sondern der Service-Techniker steht bereit für den Befreiungseinsatz.

Rollstuhlfahrer konnten wochenlang Wohnung nicht verlassen

Doch auch auf die Notrufe ist nicht immer Verlass. So geschehen vor gut einem Jahr in der Kasseler Anne-Frank-Straße. Hier halfen sich die Bewohner mit einem Zettel, auf dem die Notrufnummer notiert war, und dem Hinweis, lieber ein Handy mitzunehmen.

In Berlin sind ausgefallene Fahrstühle immer wieder Thema in der Beratung, sagt Wibke Werner, Geschäftsführerin des Berliner Mietervereins, gegenüber rbb|24. Auch aus Leipzig ist ein Fall bekannt, wo in einem fünfstöckigen Haus, das komplett barrierefrei gebaut wurde, der Fahrstuhl immer wieder durch Fehlbedienung ausfällt – und Rollstuhlfahrer teilweise wochenlang in den oberen Etagen festsaßen.

TÜV-Verband: 45 Prozent der Anlagen mängelfrei

Ein funktionierender Notruf ist also noch lange keine Garantie für einen funktionierenden Aufzug. Doch wie viele Ausfälle gibt es eigentlich? Der TÜV-Verband erhebt regelmäßig Daten zum Zustand der Aufzüge in ganz Deutschland. Im Jahr 2021 waren weniger als die Hälfte der geprüften Aufzugsanlagen (45,5 Prozent) mängelfrei. Wegen gefährlicher Mängel wurden bundesweit 2.600 Aufzüge (0,7 Prozent) komplett außer Betrieb genommen. Gefährliche Mängel sind zum Beispiel der Ausfall des Notrufsystems oder verschlissene Tragseile. Weitere 14,4 Prozent der Aufzüge stufte der TÜV als „erheblich mangelhaft“ ein. In dieser Kategorie wurden 645 Unfälle mit Personenschaden registriert. Dazu gehörten zum Beispiel das Einklemmen von Fingern in Aufzugstüren oder Stürze in den offenen Aufzugschacht. Aufzugsexperten gehen davon aus, dass etwa die Hälfte der in Deutschland betriebenen Anlagen in die Jahre gekommen ist.

Komponenten regelmäßig von Profis checken lassen

Neben dem Notruf gibt es eine Reihe weiterer Komponenten von Aufzugsanlagen, deren Fehlfunktion schnell gefährlich werden kann und sofort behoben werden muss. Dazu gehören klemmende Türen, Motor- oder Schmierungsprobleme, die sich durch Quietschen und Knacken bemerkbar machen, Überlastungen durch Überschreiten der Gewichtsgrenze oder Sensorausfälle. „In modernen Aufzügen wird immer mehr Elektronik verbaut, die leider anfällig für Störungen sein kann“, so ein Experte gegenüber der IVV.

Eine der größten Gefahren ist der Stromausfall. Nicht jeder Aufzug kommt bei einem Stromausfall zum Stillstand. Einige Anlagen verfügen über eine spezielle Notstromversorgung, die dafür sorgt, dass die Kabine im Notfall noch bis zum nächsten Stockwerk fahren kann. In solchen Fällen ist eine externe Befreiung nicht notwendig.

Notstrombatterie sichert Kommunikation nach draußen

Sollte die Kabine dennoch zum Stehen kommen, greift bei allen Aufzugsanlagen eine Notstrombatterie ein. Diese gewährleistet nicht nur die Beleuchtung der Kabine, sondern auch die Funktionalität des Notrufknopfes und der dazugehörigen Sprechanlage im Aufzug. Dadurch können Fahrgäste nach wie vor Hilfe anfordern, da hinter jedem Notrufknopf rund um die Uhr ein besetzter Notdienst steht, wie es gesetzlich vorgeschrieben ist.

Grundsätzlich gilt: Personen, die im Aufzug stecken bleiben, sollten nicht versuchen, eigenständig auszusteigen, da dies lebensgefährlich sein kann. „Sie wissen schließlich nie, wann sich der Aufzug wieder in Bewegung setzt“, erklärt Alexander Wüllner, geschäftsführender Gesellschafter der Hundt Consult GmbH.

Die Zeit, die benötigt wird, um die Fahrgäste zu befreien, hängt auch von der Position des Aufzugs im Gebäude ab. Wenn die Kabine zwischen den Stockwerken und nicht direkt vor einem Ausgang steht, kann es aufwendiger sein. „Falls der Strom ausfällt, muss der Notdienst den Aufzug manuell in das nächstzugängliche Stockwerk bewegen. Dieser Vorgang dauert jedoch nur wenige Minuten“, so Wüllner.

Was die Furcht vor einem freien Fall angeht, ist sie nicht gerechtfertigt. „Ein Aufzug kann nicht wirklich abstürzen, da er Teil eines sicheren Transportsystems ist“, so Wüllner. Die Aufzugskabine ist stets mit einer Sicherheitsvorrichtung gegen zu hohe Geschwindigkeiten geschützt. Dieses System aktiviert automatisch die Bremse, wenn die Kabine eine bestimmte Fallgeschwindigkeit überschreitet. Es kommt also nur zum Stillstand der Kabine.

Frank Urbansky

Frank Urbansky
Journalist, Fachautor und Berater
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Artikel Wie sicher sind die Notrufsysteme in Fahrstühlen?
Seite 36 bis 37
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