Planungen für Stadtquartier in Bremen-Hemelingen

Wo einst Limonade, Fleisch und Wurst produziert wurden

Im Bremer Stadtteil Hemelingen haben eine Fleischwarenfabrik und Coca-Cola riesige Areale freigemacht. Auf acht Hektar planen Stadt und Investoren nun einen Mix aus Wohnen, Arbeit und Biergenuss.

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Auf dem früheren Coca-Cola-Gelände in Bremen-Hemelingen (3,5 ha) soll nach dem Willen der Stadt ein Quartier mit einem breiten Nutzungsmix aus Wohnen, Einzelhandel, Gewerbe und Berufsschule entstehen. Bild: Octagon / Studio Futura
Auf dem früheren Coca-Cola-Gelände in Bremen-Hemelingen (3,5 ha) soll nach dem Willen der Stadt ein Quartier mit einem breiten Nutzungsmix aus Wohnen, Einzelhandel, Gewerbe und Berufsschule entstehen. Bild: Octagon / Studio Futura

Nachdem Coca-Cola und die Fleischwarenfabrik Könecke die Standorte in Bremen-Hemelingen aufgegeben hatten, wurde es still um das Traditionsquartier und klassische Arbeiterviertel mit seinen großen Markenherstellern. Dass soll sich in den kommenden Jahren ändern. Auch wenn die immobilienwirtschaftlichen Rahmenbedingungen zum Schulterschluss von insgesamt rund acht 8 Hektar Baufläche komplex sind, streben die Investoren zwei zukunftsweisende (und optimal vernetzte) Quartiere mit einem breiten Nutzungsmix aus Wohnen, Einzelhandel, Gewerbe und einem Berufsschulstandort an.

Fast acht Hektar Baufläche wollen überplant werden

Der Betrieb Könecke verlagerte seinerzeit die Produktion aus Bremen nach Delmenhorst, zurück blieben ein Verwaltungsgebäude und eine ganze Reihe an Lager- und Produktionshallen, insgesamt immerhin 45.000 Quadratmeter. Das entspricht ziemlich genau viereinhalb Fußballfeldern inmitten des Bremer Stadtteils Hemelingen, platziert zwischen Wohngebieten, Bahngelände und Gewerbe. Ende 2015 schloss darüber hinaus der Coco-Cola-Konzern die Produktionsstätte in Hemelingen, das Werksgelände mit nochmals 100.000 Quadratmetern liegt gleich nebenan.

Fördergebiet „Wohnen in Nachbarschaften“

„Hemelingen wird umstrukturiert. Wir möchten Teil dieses Prozesses sein und ihn aktiv mitgestalten. Der Stadtteil soll attraktiver werden“, heißt es aus der Bremer Baubehörde zur geplanten Revitalisierung dieser Großfläche zu einem charakterstarken Quartier innerhalb des Stadtviertels.

Das Areal rund um das Coca-Cola/Könecke-Gelände gehört zu Bremens größtem WiN-Fördergebiet („Wohnen in Nachbarschaften“). Als Anspruch wurde formuliert, auf dem ehemaligen Industriegelände mittelfristig geförderten Wohnraum und verschiedene soziale Einrichtungen zu entwickeln. Außer der Wohnnutzung kommt auf der Fläche des Limonaden-Herstellers die gewerbliche Nutzung mit Einzelhandelsschwerpunkt an der Hemelinger Bahnhofstraße, Gastronomie, Dienstleistungen, aber auch Kitas, Schulen sowie ein Berufsschulcampus infrage.

Herausfordernde Aufgabe der Neustrukturierung

„Das ist ein großer Schritt für die Zukunft Hemelingens. Wohnen, Arbeiten und Berufsschulcampus werden den Stadtteil wiederbeleben“, so Hemelingens Ortsamtsleiter Jörn Hermening über die aktuellen Entwürfe. Im Rahmen des städtebaulichen Realisierungswettbewerbs mit freiraumplanerischem Ideenteil auf dem Könecke-Areal wurde der erste Preis an das Octagon Architekturkollektiv, Leipzig vergeben (gemeinsam mit Landschaftsarchitekt studiofutura, Berlin).

Vor rund zwei Jahren hat der Entwickler und Investor Wohninvest (WI) die Coca-Cola-Fläche erworben. Seither hat sich der Immobilienmarkt komplett gedreht.

Der Anspruch einer Nutzungsdurchmischung mit „bestmöglichem Mietniveau“ ist noch kostspieliger geworden. „Anspruchsvoll ist das Vorhaben in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit für die späteren Nutzer und Bewohner gleichermaßen, aber auch für die Seite der Projektentwickler“, heißt es bei WohnInvest. Als Vorbild gelte die Neustrukturierung des Bremer Quartiers „Überseeinsel“ und der bezahlbare Wohnraum in der Bremer Überseestadt.

Architekt Constantin Hägele, Abteilungsleiter Bau und Entwicklung von Wohninvest berichtet: „Mit dem Abschluss des Wettbewerbsverfahrens ist der Schulterschluss zwischen den Entwicklungen auf dem ehemaligen Arealen Coca-Cola und Könecke getan. Wir freuen uns, zusammen mit unserem neuen Partner und Mitinitiator, dem Bremer Unternehmer und Architekten Lüder Kastens, auf die Umsetzung der Planungen.“

Lüder Kastens ist ein regional bekannter Entwickler und Investor mit gutem Netzwerk und tragfähigen Konzepten. Als Geschäftsführer der Union Brauerei Bremen GmbH wird Kastens nach eigener Aussage sein bereits erfolgreich in Bremen-Walle umgesetztes Konzept der „Brauerei im historischen Gebäude“ mit Erlebnisgastronomie auch in Hemelingen umsetzen. Schon vor dem Baustart von neuen Gewerbeimmobilien soll mit seinem „Silberwarenmanufaktur-Projekt“ Bier aus den Braukesseln für Belebung sorgen (siehe Kastentext).

Der Bremer Immobilienexperte Olaf Jochberg wünscht sich für das angrenzende Industrieareal der früheren Fleischwarenfabrik Könecke einen guten Mix mit Wohnbebauung sowie gewerbliche Niederlassungen, zuallererst auf dem Cola-Gelände. Die Lage sei gut, mit Mercedes in Sebaldsbrück in der Nähe, ebenso wie dem Bahnhof. Nötige Infrastrukturmaßnahmen seitens der Stadt seien zudem bereits erfolgt.

Der Stadtteil braucht günstige Mietwohnungen

Immobilienunternehmer Olaf Lehrmann, Inhaber von Gröning & Wätjen, weiß um die Besonderheiten des früheren Könecke-Grundstücks, wo es nicht allein um Herausforderungen beim Straßenbau und weiterer Infrastrukturmaßnahmen geht. Die geplante Wohnbebauung sei in der jetzigen Wirtschaftslage sicher eine enorme Herausforderung, der Stadtteil brauche zudem als „sozialer Brennpunkt“ eher niedrige Mietpreise, die aber mit der aktuellen Marktsituation schwer kompatibel seien. Dem stimmt auch Investor Kastens zu.

Bereicherung durch Erlebnisgastronomie

Dass sich der Bremer Lüder Kastens zunächst mit der Umwidmung des historischen Standortes der Bremer Silberwarenmanufaktur und dem Hauptgebäude von 1810 widmet, passt in das Bild der Bremer Wirtschaftsförderer mit ihrem geschäftsführenden Gesellschafter Andreas Heyer: „Bremen ist nach wie vor eine ‚Markenhauptstadt‘ der Genuss- und Lebensmittelbranche. Wer beim Einkauf gut hinsieht, wird Bremen häufiger als Produktionsort auf vielen Verpackungen von Lebensmitteln entdecken.“ Immerhin rund 30 Prozent aller bremischen Importe und knapp zehn Prozent der Exporte gehen auf das Konto der Ernährungswirtschaft. Im neuen Hemelinger Quartier werden Tradition und Moderne mit Brau- und Baukonzepten zusammen entwickelt. Letzteres bedeutet, dass Baumaterialien aus dem Altbestand vom Könecke-Areal für Teile des Neubaus wiederverwertet werden.

Bremer Projektentwickler: Bierbrauen und bauen

„Sie ist wohl die älteste Silberschmiede weltweit“, so Lüder Kastens, Bremer aus Leidenschaft und Investor in historischer Kulisse. Das Nutzungskonzept für das Areal „An der Silberpräge GbR“ im Bremer Stadtteil Hemelingen sieht vor, leerstehende historische Bausubstanz und alteingesessene Unternehmen so weit wie möglich am Standort zu halten. Kastens möchte darüber hinaus zusätzlich eine Braumanufaktur mit einem Gastronomie- und Veranstaltungsort sowie eine Kaffeerösterei etablieren.

Kastens, der bereits über viele Jahre als Bauträger einträgliche Immobilienprojekte in der Hansestadt und drumherum realisiert, hat, wie er selber sagt, „großen Spaß“ an Immobilien mit Geschichte und am Aufbau passender Gastronomiekonzepte. Hier setze er sein bereits bewährtes Erfolgsrezept der Revitalisierung alter Gebäude im authentischen Stil um.

Die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) hat bereits vor einiger Zeit das denkmalgeschützte Gebäude der Silberschmiede in Hemelingen und das 1,4 Hektar große Gelände im Auftrag der Stadt für 4,6 Millionen Euro an Kastens verkauft. Nach etlichen Jahren Leerstand war der Zeitpunkt für Kastens reif, in einen zweiten Standort für Genießer zu investieren. Bereits seit 2015 betreibt Kastens in Bremen-Walle die „Unions-Brauerei von 1907“. Diese Art der Erlebnisgastronomie soll auch in den historischen Mauern der Silberschmiede entstehen.

Der Investor möchte im Brauereibetrieb und im Restaurant etwa 55 Arbeitsplätze schaffen.

Unter dem Dach der traditionsreichen Wilkens Silberwarenmanufaktur möchte Bauherr Kastens nicht nur Bier brauen, sondern ebenso Kaffee rösten sowie Restaurant und Biergarten betreiben. Auch Bildungseinrichtungen und soziale Projekte könne er sich in den verfügbaren Räumen vorstellen, so Kastens weiter. Die Union-Brauerei und die Union-Rösterei als GbR werden zusammen rund 17.000 Quadratmeter Mietfläche bespielen.Autor: Hans-Jörg Werth

Hans-Jörg Werth

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Artikel Wo einst Limonade, Fleisch und Wurst produziert wurden
Seite 24 bis 25
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