Ein Vermieter kann den Zutritt zur Wohnung für Wartungsarbeiten durchsetzen.
Problemstellung
Ein Mitbesitz des Vermieters, etwa dergestalt, dass er noch einen Schlüssel zur Wohnung behält, wäre ein klarer Verstoß gegen § 535 Absatz 1 S. 1 BGB. Dennoch gibt es Situationen, in denen der Vermieter Zugang zur Wohnung haben muss, etwa für Instandsetzungsarbeiten. Welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen, lässt sich an der zitierten Entscheidung zeigen.
Die Entscheidung
Der Kläger hatte an den Beklagten eine Zweizimmerwohnung vermietet. Die Wohnung wird mit einer Gastherme beheizt und mit warmem Wasser versorgt. Rauchmelder waren in der Wohnung nicht eingebaut. Der Kläger beauftragte den zuständigen Schornsteinfeger mit der Wartung der Gastherme sowie eine Elektrofirma mit der Nachmontage von Rauchmeldern. Der beklagte Mieter verweigerte beiden den Zutritt zu seiner Wohnung. Die Gründe für die Verweigerung sind in dem Urteil leider nicht näher geschildert. Der Kläger verlangte daher, sowohl dem Schornsteinfeger als auch einem Mitarbeiter der Elektrofirma zu bestimmten Uhrzeiten nach vorheriger schriftlicher Ankündigung Zutritt zur Wohnung zu gewähren.
Das Amtsgericht gab der Klage in vollem Umfang statt. Nach § 535 Abs. 1 S. 1 BGB ist der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Darüber hinaus ist in Art. 13 GG die Unverletzlichkeit der Wohnung als Grundrecht geschützt. Dieses Grundrecht gilt (selbstverständlich) auch für die gemietete Wohnung. Zwar gelten Grundrechte an sich nur im Verhältnis von Bürger und Staat und damit eigentlich nicht im Verhältnis zweier Vertragsparteien. Aber auch die Gerichte gehören zum Staat und müssen bei der Ausgestaltung zivilrechtlicher Rechtsverhältnisse in ihrer Rechtsprechung die grundrechtlichen Wertungen berücksichtigen. Deshalb hat der Mieter im Ergebnis auch gegenüber seinem Vermieter einen Anspruch darauf, in seiner Wohnung in Ruhe gelassen zu werden.
Andererseits ist der Vermieter nach § 535 Absatz ein S. 2 BGB verpflichtet, dem Mieter die Mietsache nicht nur in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen, sondern sie während der Mietzeit auch in diesem Zustand zu erhalten. Diese Verpflichtung lässt sich regelmäßig nur dann erfüllen, wenn der Vermieter bzw. seine Beauftragten auch Zutritt zur Wohnung haben. Die Rechtsprechung hat daraus verschiedene Voraussetzungen für einen Anspruch auf Zutritt zur Wohnung entwickelt, die auch das Amtsgericht Düsseldorf hier anwendet.
Zunächst einmal muss es einen begründeten Anlass für den Vermieter geben, die Wohnung des Mieters zu betreten. Nach der Verordnung über die Klärung und Überprüfung von Anlagen (KÜO) sowie nach der 1. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (1. BImSchVO) müssen Feuerungsanlagen wie Gasthermen in regelmäßigen Abständen auf die Einhaltung bestimmter Grenzwerte für Abgase etc. geprüft werden. Zuständig dafür sind die jeweiligen Bezirksschornsteinfeger.
Da eine Überprüfung der Gastherme nur innerhalb der Wohnung möglich ist, ergibt sich daraus ein vernünftiger Grund und ein begründeter Anlass für einen Anspruch auf Zutritt zur Wohnung. Entsprechendes gilt für die Montage von Rauchmeldern innerhalb von Wohnungen. Inzwischen gilt in allen Bundesländern über deren Bauordnungen die Verpflichtung, solche Rauchmelder in bestimmten Räumlichkeiten, zumeist Schlafzimmern und Fluren sowie Treppenhäusern, zu montieren und zu betreiben (vergleiche etwa § 44 Abs. 5 Niedersächsische Bauordnung). Auch die Montage und Wartung von Rauchmeldern setzt naturgemäß voraus, dass die Wohnung von entsprechendem Fachpersonal betreten werden kann.
Weiter ist erforderlich, dass das Betreten der Wohnung dem Mieter rechtzeitig angekündigt wird. Wann eine Ankündigung rechtzeitig ist, wird von verschiedenen Gerichten unterschiedlich gesehen. So werden einerseits drei bis fünf Tage als ausreichender Vorlauf angesehen, teilweise wird auch vertreten, dass zumindest bei berufstätigen Mietern eine Ankündigungsfrist von 14 Tagen erforderlich ist.
Dementsprechend hat das Amtsgericht den Beklagten zur Duldung des Zutritts zur Wohnung durch die fachlich qualifizierten Beauftragten des Vermieters zu bestimmten Uhrzeiten nach vorheriger schriftlicher Ankündigung verurteilt.
Konsequenzen
Die Entscheidung liegt auf der Linie der herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung. Sie verdeutlicht dennoch noch einmal die beiden sich einander gegenüberstehenden Rechtspositionen. Sowohl auf Vermieter- als auch auf Mieterseite sind grundrechtlich geschützte Positionen betroffen, nämlich zum einen das Recht des Vermieters aus seinem Eigentum, Art. 14 GG, und zum anderen das Recht des Mieters auf Unverletzlichkeit der Wohnung, Art. 13 GG. Konkretisiert werden diese Rechtspositionen für das Mietrecht in § 535 Abs. 1 S. 1 BGB (Besitzrecht des Mieters) und § 535 Abs. 1 S. 2 BGB (Instandhaltungspflicht des Vermieters). Zum Ausgleich gebracht werden diese gegenläufigen Positionen dadurch, dass dem Vermieter einerseits ein Recht auf Zutritt zur Wohnung zusteht, er andererseits dieses Recht in möglichst schonender Art und Weise ausüben muss.
Praxistipp
Für den Vermieter empfiehlt es sich, von dem Zutrittsrecht möglichst zurückhaltend Gebrauch zu machen, auch wenn das gelegentlich im Verhältnis zu den beauftragten Firmen mit zusätzlichem Organisationsaufwand verbunden ist. Zum einen sollte die Ankündigungsfrist möglichst lang sein und konkrete Zeiten für den Besuch der Handwerker genannt werden. Bei der Festlegung der Zeiten ist auf die Bedürfnisse der Mieter (Kinderbetreuung, Berufstätigkeit etc.) nach Möglichkeit Rücksicht zu nehmen. Auch bei der Auswahl bzw. der Zahl der Personen, die die Wohnung des Mieters betreten sollen, ist Zurückhaltung angebracht. So wäre in dem vorliegenden Fall kaum einzusehen, warum auch der Vermieter in Person die Wohnung betreten soll, wenn lediglich zügig zu erledigende Handwerksarbeiten ausgeführt werden sollen.JM
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