Um Grünland zu bewahren gilt beim Siedlungsbau der Grundsatz „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“. Nachverdichtung im Bestand – insbesondere durch Aufstockung und Dachausbau – bietet die Chance, Wohnraumoffensive und Klimaziele sinnvoll miteinander zu verknüpfen. Wie hoch das Potenzial für diese Art der Nachverdichtung ist, darüber wird seit Jahren geforscht. Nach mehrfachen Untersuchungen der TU Darmstadt seit 2016, zuletzt 2023, lassen sich vor allem in Städten mittels Dachaufstockungen mehr als zwei Millionen Wohnungen erstellen. Tatsächlich entstehen unter deutschen Dächern nur sehr wenige neue Wohnungen. 2024 wurden laut Statistischem Bundesamt insgesamt 251.900 Wohnungen fertiggestellt. Die Zahl fertiggestellter Wohnungen in bereits bestehenden Wohngebäuden sei mit 30.300 gegenüber dem Vorjahr konstant geblieben. In dieser Zahl dürften sich auch Wohnungen befinden, die durch Aufstockung und Dachausbau entstanden.
Die Studie „Mehr Wohnraum im Dach“
Das Wohnungspotenzial von Etagenaufstockung und Dachausbau wird durch eine aktuelle Studie, die auf dem Kongress des Netzwerks „Neues Bauen – 80 Sekunden“ vorgestellt wurde, wesentlich kleiner und damit wohl auch realistischer eingeschätzt. Die Studie „Mehr Wohnraum im Dach“ erkennt ein aktivierbares Potenzial von 272.000 Wohneinheiten mit 20,4 Millionen Quadratmetern Wohnfläche in 77.800 Gebäuden; 72 Prozent durch Dachausbau, 28 Prozent durch Etagenaufstockung.
Durchgeführt wurde die Studie vom Berliner Technologieunternehmen Leaftech, das digitale Zwillinge für Gebäude entwickelt; Auftraggeber sind das Firmennetzwerk „Neues Bauen – 80 Sekunden“ und Velux. Grundlagen der Arbeiten waren zum einen die erwähnten älteren Studien der TU Darmstadt und des Pestel-Instituts sowie Daten aus dem Zensus 2022. Zum anderen – und das mache den Unterschied aus, wie Leaftech-Geschäftsführer Michael Dittel gegenüber der IVV-Redaktion erklärte – seien 3D Geodaten sämtlicher Bundesländer in die Studie eingeflossen. Diese Gebäudedaten für jede Adresse in Deutschland seien bislang nicht frei verfügbar gewesen.
Objekte von Eigentümergemeinschaften wohlweislich nicht mit einbezogen
Auf diese Weise ergänze die Studie frühere Marktanalysen, indem sie das Potenzial nicht nur quantitativ erfasse, sondern auch qualitativ eingrenze hinsichtlich des Bedarfs, bautechnischer und baurechtlicher Parameter sowie der Wirtschaftlichkeit. Auch die Eigentümerstruktur werde in der Analyse berücksichtigt, da sie die praktische Umsetzbarkeit von Nachverdichtungsmaßnahmen erheblich beeinflusse. So seien 429.000 mögliche zusätzliche Wohnungen in Gebäuden von Eigentümergemeinschaften ebenso herausgerechnet worden wie Einheiten, die sich theoretisch in Altbauten und Einfamilienhäusern schaffen ließen.
Die vollständige Studie können Sie ist unten kostenlos herunterladen.
Thomas Engelbrecht
