Aufgaben in einer WEG gemeinsam bewältigen - mit oder ohne Verwalter

Man wohnt in einem Haus, vermietet die eigene Wohnung, trifft sich einmal im Jahr zur Wohneigentümerversammlung. Meist haben Eigentümer nicht viel mehr gemeinsam, als dieselbe Anschrift. Ein Wohnhaus verpflichtet aber. Um die Verpflichtungen und Aufgaben rund ums Wohngebäude kümmert sich im Regelfall ein WEG-Verwalter. Es geht aber auch ohne.

Wohneigentümergemeinschaften entscheiden oftmals gemeinsam über weitreichende, teure Investitionen. Bild: AdobeStock/ Monkey Business
Wohneigentümergemeinschaften entscheiden oftmals gemeinsam über weitreichende, teure Investitionen. Bild: AdobeStock/ Monkey Business

Ohne WEG-Verwalter kommt es häufig zum Streit innerhalb der GdWE

Grundsätzlich schreibt das Wohnungseigentumsgesetz einer Wohnungseigentümergemeinschaft, oder laut gesetzlicher Formulierung einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, kurz GdWE, nicht vor, einen Verwalter bestimmen zu müssen, welcher die WEG vertritt[1]. Ohne Verwalter vertreten die Wohnungseigentümer die GdWE gemeinschaftlich. Doch dies kann insbesondere im Rahmen von zerstrittenen Wohnungseigentümergemeinschaften zu Problemen führen.

Eine Verschärfung dieser Problematik brachte die Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes zum 01.12.2020 mit sich. „Im Zuge dessen wurden der GdWE weitreichende Kompetenzen zugeschrieben – generell eine begrüßungswerte Entwicklung. Allerdings führt dies in der Praxis dazu, dass viele Streitigkeiten nur noch gemeinschaftlich gelöst werden können“, erklärt der Koenen-Anwalt Giesler.

Konnte beispielsweise vor der WEG-Reform noch ein einzelner Wohnungseigentümer eine Verletzung des Gemeinschaftseigentums klageweise geltend machen, steht dies nach der Gesetzesänderung nur noch der WEG zu[2].

weiterlesen: IVV-Fachartikel Der BGH zieht Grenzen für Eigentümer im Streit mit der WEG-Verwaltung

Diese muss entsprechende Entscheidungen zudem per Beschluss fassen, was auch das BGH-Urteil vom 17.03.2023 bekräftigte[3]. Demnach gilt, dass sämtliche baulichen Veränderungen einzelner Wohnungseigentümer am Wohneigentum einen Beschluss der GdWE benötigen. Will beispielsweise ein Wohnungseigentümer auf seiner Gartenfläche, für die ihm eine Sondernutzungsrecht eingeräumt wurde, einen Swimming Pool errichten, braucht er zunächst hierfür einen Beschluss der GdWE.

Die Krux der Verwalterlosigkeit

Der einzelne Wohnungseigentümer ist also auf die Gemeinschaftsentscheidung angewiesen. Besonders für verwalterlose WEGs ein Ärgernis: Die Wohnungseigentümer müssen selbst eine Wohnungseigentümerversammlung einberufen und für den Fall, dass ihre Anträge abgelehnt werden, eine gegen die verwalterlose Gemeinschaft gerichtete Beschlussersetzungsklage erheben.[4]

„Die Handlungsfähigkeit der GdWE kann somit letztlich nur noch über den Umweg der Amtsgerichte – welche hier speziell zuständig sind – gewährleistet werden. Die Überlastung von Justiz und Amtsgerichten verhindert jedoch gebotene Schnelligkeit und Gründlichkeit“, gibt Giesler zu bedenken. Im Ergebnis steht eine GdWE mit erheblich eingeschränkter Handlungsfähigkeit.

Besonders problematisch wird es, wenn ein einzelner Wohnungseigentümer gegen die GdWE klagt, ...

... diese sich aber bereits im Rahmen der Vertretung im Gerichtsverfahren uneinig ist. Die WEG wird schließlich gemeinschaftlich vertreten. Wenn einzelne Wohnungseigentümer dann mit dem Ansinnen des Klagenden einverstanden sind, andere aber nicht, wird auch keine gemeinschaftliche Vertretung der WEG möglich sein. In solchen Fällen kann schnell ein Versäumnisurteil zu Lasten der GdWE ergehen, denn bereits ihre Verteidigungsanzeige muss gemeinschaftlich erfolgen, also im Sinne aller der WEG vertretenen Wohnungseigentümer sein.

Derartige Problemsituationen lassen sich nur über komplizierte prozessuale Umwege wie beispielsweise einem Streitbeitritt lösen. Weitere Lösungsmöglichkeiten, welche von den Gerichten akzeptiert werden, haben sich in der Praxis bisher noch nicht etabliert.

Prüfe, wer sich bindet

Tritt eine Person durch den Kauf einer Eigentumswohnung sowie der entsprechenden Grundbucheintragung gegebenenfalls einer WEG bei, sollte diese vorab überprüfen, ob die Gemeinschaft durch einen Verwalter vertreten wird – damit die neuen Wohnungseigentümer ihren Kauf zu keinem Zeitpunkt bereuen.

Letztlich kann  jeder Wohnungseigentümergemeinschaft nur geraten werden, einen Verwalter zu bestellen“, so Giesler. „Nur dann ist die Handlungsfähigkeit der GdWE wirklich sichergestellt.“

Quelle: Koenen Bauanwälte

Literaturhinweise:
[1] vgl. § 9b Abs. 1 S. 2 WEG
[2] vgl. § 9a Abs. 2 WEG
[3] BGH, Urteil vom 17.03.2023 -– V ZR 140/22
[4] vgl. § 44 Abs. 1 S. 2 WEG

 

Martina Eisinger

Redaktionelle Mitarbeiterin
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