Beim Bauen und Wohnen zeigt die Ampel Grün
Förderung des Wohnungsbaus
Die neue Regierung will 400.000 neue Wohnungen pro Jahr bauen, davon 100.000 öffentlich geförderte. Dafür werde die finanzielle Unterstützung des Bundes für den sozialen Wohnungsbau inklusive sozialer Eigenheimförderung fortgeführt und die Mittel erhöht.
Die lineare Abschreibung für den Neubau von Wohnungen wird von zwei auf drei Prozent angehoben.
Helfen soll ein „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ mit allen wichtigen Akteuren. Im Rahmen des Bündnisses will die neue Regierungskoalition die Arbeit der Baukostensenkungskommission fortsetzen
Zur Schaffung von mehr Wohnraum mit dauerhafter Sozialbindung soll kurzfristig eine neue Wohngemeinnützigkeit mit steuerlicher Förderung und Investitionszulagen auf den Weg gebracht werden.
Der Bund wird sich stärker als Bauherr engagieren. Als Instrument soll die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) dienen. Die BImA werde mehr Handlungsspielraum erhalten, etwa durch die Aufnahme von Krediten. Die BImA soll künftig selbst investieren und bauen sowie weiterhin kommunales Bauen unterstützen können. Dazu werde die Verantwortung für Planung, Bau und Betrieb der Bundesbauten und Bundesliegenschaften bei der BImA konzentriert.
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Mehr digitale Tools, weniger Bürokratie
Die Kosten für den Wohnungsbau sollen durch serielles Bauen, Digitalisierung, Entbürokratisierung und Standardisierung gesenkt werden. „Wir wollen modulares und serielles Bauen und Sanieren durch Typengenehmigungen beschleunigen. Wir wollen die Prozesse der Normung und Standardisierung so anpassen, dass Bauen günstiger wird.“
Klimaschutz und Ressourceneinsparung
Im Rahmen des Klimaschutzsofortprogramms will die neue Regierung 2022 nach dem Auslaufen der Neubauförderung für den KfW-Effizienzhausstandard 55 (EH 55) ein Förderprogramm für den Wohnungsneubau einführen, das die Treibhausgas-Emissionen pro m² Wohnfläche in den Blick nimmt. Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) wird geändert: Zum 1. Januar 2025 soll jede neu eingebaute Heizung auf der Basis von 65 Prozent erneuerbarer Energien betrieben werden; zum 1. Januar 2024 werden für wesentliche Aus- und Umbauten von Bestandsgebäuden im GEG die Standards so angepasst, dass die auszutauschenden Teile dem EH 70 entsprechen; im GEG werden die Neubau-Standards zum 1. Januar 2025 an den KfW-EH 40 angeglichen.
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Der Einsatz grauer Energie sowie die Lebenszykluskosten sollen in Zukunft verstärkt betrachtet werden. Diesem Ziel dient die Einführung eines digitalen Gebäuderessourcenpasses. So könne der Weg zur Kreislaufwirtschaft im Gebäudebereich geebnet werden.
Aufteilung der CO2-Steuer
Um das Mieter-Vermieter-Dilemma zu überwinden, wird der schnelle Umstieg auf die Teilwarmmiete geprüft. Die Modernisierungsumlage für energetische Maßnahmen werde in diesem System aufgehen. „Wir wollen eine faire Teilung des zusätzlich zu den Heizkosten zu zahlenden CO2-Preises zwischen Vermietern und Mietern erreichen. Wir wollen zum 1. Juni 2022 ein Stufenmodell nach Gebäudeenergieklassen einführen, das die Umlage des CO2-Preises nach BEHG regelt.“ Sollte dies zeitlich nicht gelingen, werden die erhöhten Kosten durch den CO2-Preis ab dem 1. Juni 2022 hälftig zwischen Vermieter und Mieter geteilt.
Schutz der Mieterinnen und Mieter
Die Ampelkoalition will das Wohngeld stärken, eine Klimakomponente einführen und kurzfristig einen einmalig erhöhten Heizkostenzuschuss zahlen. Die geltenden Mieterschutzregelungen werden verlängert. In angespannten Märkten wird die Kappungsgrenze auf elf Prozent in drei Jahren abgesenkt.
Die Mietpreisbremse bleibt bis zum Jahre 2029 im Instrumentenkoffer staatlicher Regulierung.
Der qualifizierte Mietspiegel wird gestärkt und verbreitert. Zur Berechnung sollen die Mietverträge der letzten sieben Jahre herangezogen werden. Für Gemeinden über 100.000 Einwohner:innen werden qualifizierte Mietspiegel verpflichtend.
Förderung des Wohneigentums
Die Hürden beim Eigentumserwerb werden durch eigenkapitalersetzende Darlehen gesenkt und Schwellenhaushalte langfristig z. B. mit Tilgungszuschüssen und Zinsverbilligungen beim Eigentumserwerb unterstützt.
Die Bundesländer sollen die Grunderwerbsteuer flexibler gestalten und z.B. durch einen Freibetrag den Erwerb selbstgenutzten Wohneigentums erleichtern können. Zur Gegenfinanzierung sollen steuerliche Schlupflöcher beim Immobilienerwerb von Konzernen (Share Deals) gestopft werden.
Echter Sachkundenachweis
Und schließlich versprechen die rot-grün-gelben Koalitionäre die Einführung des echten Sachkundenachweises für Makler, Miet- und WEG-Verwalter ein.
Das Echo aus der Immobilienwirtschaft
VDIV-Präsident Wolfgang Heckeler begrüßt die Schaffung eines eigenen Ministeriums für Bauen und Wohnen sowie die Maßnahmen zur Erleichterung der Eigentumsbildung und Erhöhung der steuerlichen Abschreibung für Neubauten. In weiter Ferne sieht Heckeler jedoch den klimaneutralen Gebäudebestand. „Dafür fehlen im Koalitionsvertrag konkrete Zusagen, wonach bestehende Wohnungseigentümergemeinschaften bei energetischen Sanierungen unterstützt werden können“, kommentiert Heckeler. Auch bei einem Thema der Digitalisierung kneife die neue Regierungskoalition. Offenbar sehe man keinen Handlungsbedarf bei der gesetzlichen Einführung von Online-Versammlungen wie im Aktien- und Vereinsrecht. „Es bleibt zu hoffen, dass hier noch ein Umdenken erfolgt. Wird dieses Versammlungstool weiter nicht möglich sein, scheitert die Klimawende im Gebäudebestand krachend.“ so Heckeler abschließend. Seit knapp zwei Jahren seien größere energetische Sanierungen in WEGs nahezu unmöglich, da die Corona-Pandemie vielerorts keine Eigentümerversammlungen erlaubt. Bereits zuvor lag die jährliche Sanierungsrate bei unter 0,5 Prozent, statt der einstmals angepeilten zwei Prozent.
GdW reagiert durchweg positiv
Durchweg positiv ist die Reaktion des GdW auf die Versprechen im Koalitionsvertrag. Wörtlich heißt es in der ersten Stellungnahme des einflussreichsten wohnungswirtschaftlichen Verbandes: „Um die Klimaziele bis 2045 zu erreichen, die riesige Lücke auf dem Wohnungsmarkt zu schließen und für gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land zu sorgen sowie sozialen Zusammenhalt zu sichern, enthält der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung sehr richtige Vorschläge.“
Kommentar des IVD eher durchwachsen
Eher durchwachsen fällt die Kritik des IVD aus. Auf Kritik stoßen vor allem die verschiedenen mietrechtlichen Verschärfungen. Die Absenkung der Kappungsgrenze auf 15 auf 11 Prozent, die Ausweitung des Betrachtungszeitraumes auf sieben Jahre und die Verlängerung der Mietpreisbremse bis 2029 stellten weitere Hürden für private Investitionen in den Wohnungsbau dar. Der IVD begrüßt dagegen die Erhöhung der Neubau-AfA auf 3 Prozent. Denn nur durch eine Ausweitung des Angebotes lasse sich die Wohnungsknappheit in Deutschland beseitigen. Insgesamt erkennt der IVD im Koalitionsvertrag die Chance zu einem Aufbruch in der Wohnungsbaupolitik. „Ein runder Tisch mit allen relevanten Playern kann den Weg aus der wohnungspolitischen Sackgasse der vergangenen Jahre weisen. Wir werden die Arbeit in dem Bündnis tatkräftig unterstützen“, zeigt sich IVD-Präsident Jürgen Michael Schick kooperationsbereit.
BFW sichert Unterstützung zu
Unterstützung findet der Koalitionsvertrag auch beim BFW. „Wir unterstützen die Idee für ein ‚Bündnis bezahlbarer Wohnraum‘, das in Hamburg unter dem damaligen Ersten Bürgermeister Olaf Scholz zusammen mit dem BFW bereits sehr erfolgreich war“, sagt BFW-Präsident Andreas Ibel. Gut ist aus Ibels Sicht, dass die Themenbereiche Bauen und Wohnen in der künftigen Regierungskoalition mehr Gewicht bekommen: „Wir hoffen, dass die Immobilienwirtschaft mit einem eigenständigen Bauressort nun endlich einen starken Ansprechpartner erhält“, so Ibel. „Von der Ampel-Koalition erhoffen wir uns den Abbau von Bürokratie und Überregulierung sowie die Offenheit für neue Technologien und Innovationen“, sagte er.
ZIA will sich konstruktiv ins Bündnis einbringen
Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) sieht viele Fortschritt, macht aber auch klare Abstriche vom Koalitionsvertrag. Mit einem Siebenjahres-Mietenspiegel würden die Mieten eingefroren, obwohl den Eigentümern die Kosten weglaufen. Das schmälere den Willen zum Neubau durch Private, die in Deutschland den Löwenanteil stellten. Gleichzeitig wirke eine Verlängerung der Mietpreisbremse und die Senkung der Kappungsgrenze kontraproduktiv. Denn bei steigenden Bewirtschaftungskosten führten stagnierende Mieteinnahmen zu mehr nicht instand gehaltenen Wohnungen, weil die dringend benötigten Investitionen ausbleiben. Dennoch ist die Einführung eines Bündnisses für das Wohnen in den Augen von ZIA-Präsident Andreas Mattner eine gute Sache.
IW sieht keine negative Wirkung durch engere Kappungsgrenze
Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln betont, dass der Bau von 100.000 Sozialwohnungen pro Jahr sehr teuer werde und die Finanzierung noch unklar sei. Ebenso bleibe offen, wie die Ampel die Klimaschutzziele im Gebäudesektor erreichen will oder die Eigentumsförderung konkret angehen möchte. Die angekündigte Absenkung der Kappungsgrenze von 15 auf 11 Prozent über drei Jahre werde zu niedrigen Erträgen bei den Vermietern führen, dürfte darüber hinaus aber keine nennenswerten negativen Auswirkungen auf das Wohnangebot und den Umfang der Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen haben. (Red.)