Wohntrends 2040 – große Mieterbefragung des GdW

„Die Zeitenwende ist in den Köpfen angekommen“

Alle fünf Jahre lässt der GdW Tausende Mieter in Deutschland befragen, welche Wohnwünsche sie für die Zukunft hegen. Die jetzt vorgelegten Untersuchungsergebnisse 2022 zeigen, dass die Zeitenwende in den Köpfen der Menschen angekommen sei. Inflation, Reallohnverluste und Klimawandel erzwingen einerseits Sparsamkeit, verstärken aber auch den Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit und Digitalisierung.

Klimawandel führt zu Wertewandel: Immer mehr junge Menschen verzichten aufs eigene Auto und erwarten Sharing-Angebote im Quartier. Foto: Sigo GmbH
Klimawandel führt zu Wertewandel: Immer mehr junge Menschen verzichten aufs eigene Auto und erwarten Sharing-Angebote im Quartier. Foto: Sigo GmbH

Mit der Befragung der Mieterhaushalte beauftragt sind das Beratungsunternehmen Analyse & Konzepte immo.consult sowie die InWIS Forschung & Beratung. 2022 wurden dafür mehr als 2.200 Mieterinnen und Mieter in Deutschland befragt. Die Geschäftsführerin von Analyse & Konzepte, Bettina Harms, betonte: Der Klimawandel und der Krieg gegen die Ukraine mache für alle Befragten deutlich, dass wir langfristig für Energie viel Geld ausgeben müssen. Mieter erkennen, dass ihr persönliches Heizverhalten entscheidend zur Reduktion des Energieverbrauchs beitragen könne. 66 Prozent der Befragten wünschen sich vom Vermieter detaillierte Informationen zum Energieverbrauch. Diese Informationen müssten unbedingt in einer allgemein verständlichen Form aufbereitet werden. Bettina Harms nannte als Beispiel Fitness-Apps. „Die melden sich, wenn ich 10.000 Schritte gemacht habe.“ Immerhin hätten 56 Prozent der Mieterinnen und Mieter angegeben, bewusster zu heizen, seit sie ihre Verbräuche kennen. 29 Prozent der Mieterinnen und Mieter empfanden ihre Energiekosten 2022 als zu hoch und neun Prozent als viel zu hoch.

Erwartungen an Wohnungsausstattung werden bescheidener

Infolge der gestiegenen Lebenshaltungs- und Wohnkosten, so Bettina Harms weiter, reduzierten viele Menschen ihre Erwartungen an die Wohnungsausstattung. Der Anteil der Haushalte, die eine moderne Wohnungsausstattung als Standard voraussetzen oder dafür sogar mehr Geld bezahlen würden, sei von 71 auf 63 Prozent zurückgegangen. Unverzichtbar scheint allerdings eine schnelle Internetverbindung. Diese gehöre für 63 Prozent der Mieterinnen und Mieter zum Standard.

Der Wunsch, Geld zu sparen, führe zu einer signifikant höheren Umzugsbereitschaft. 37 Prozent der Befragten beabsichtigen wahrscheinlich oder auf jeden Fall, in eine neue Wohnung umzuziehen. 2018 hatte der Anteil noch 15 Prozentpunkte darunter gelegen. Ursächlich für diesen massiven Anstieg seien vor allem die Wohnkosten: Diesen Grund gaben mehr als 15 Prozent der Mieterinnen und Mieter an (2018: fünf Prozent). Bettina Harms wies allerdings darauf hin, dass sich Umzüge angesichts der Wohnungsknappheit häufig nicht werden realisieren lassen. Die Nachfrage auf dem Mietwohnungsmarkt sei in den letzten Monaten nochmals gestiegen, weil sich aufgrund des Zinsanstiegs immer weniger Menschen den Kauf von Eigentum leisten können.

Wertewandel führt zu anderem Mobilitätsverhalten

Michael Neitzel, Geschäftsführer von InWIS Forschung & Beratung betonte den Wertewandel bei vielen Mieterinnen und Mietern, der die Erwartungen an das Wohnen und an die Wohnungseigentümer zunehmend beeinflussen werde. Unter jungen Menschen sei die Sorge um die Auswirkungen des Klimawandels besonders ausgeprägt. Zukunftssorgen verschafften nachhaltigen Lebensweisen einen höheren Stellenwert. 61 Prozent der Mieterinnen und Mieter legen Wert darauf, dass sich ihr Vermieter der Nachhaltigkeit widmet. Entsprechend offen seien die Befragten für neue Mobilitätsformen: 14 Prozent haben schon ein E-Bike, 27 Prozent planen die Anschaffung innerhalb der nächsten zwei Jahre. Fast jeder Fünfte hätte Interesse an einem Sharing-Angebot für E-Lastenräder.

Auf die Frage, was Vermieter konkret tun können, gaben Mieter folgende Antworten:

  • Bezahlbares Wohnen hat die größte Bedeutung (81 % „stimme zu/voll zu“): Vermieter sollen Wohnungen zu fairen Preisen anbieten.
  • Drei Viertel wünschen sich, dass bei Digitalisierung auf Datenschutz geachtet wird.
  • Zwei Drittel erwarten, dass Gebäude energetisch saniert und erneuerbare Energien eingesetzt werden.
  • Mehr als die Hälfte erwartet die Verwendung ökologischer Baumaterialien und Produkte; 48 Prozent, dass Vermietende regelmäßig über Nachhaltigkeitsaktivitäten berichten sollen.
  • Engagement für Integration und sozialen Zusammenhalt sowie alternative Mobilitätsangebote zum Auto werden als Gemeinschaftsaufgabe gesehen; auch andere tragen dafür Verantwortung.
  • Nur 39 Prozent meinen, dass Prozesse digitalisiert werden sollten, doch 57 Prozent regen mehr Kundenorientierung und Servicequalität an.

Home Office lässt befördert den Wunsch nach größeren Wohnungen

Michael Neitzel widmete sich bei der Präsentation der Umfrageergebnisse auch den Veränderungen durch die Corona-Pandemie. Die Ausgangsbeschränkungen hätten als „Digitalisierungs-Turbo“ gewirkt und neue Arbeitsmodelle befördert. Immer mehr Menschen erledigten einen Teil Ihrer Arbeit mobil bzw. zu Hause. 16 Prozent der Befragten Mieter benötigten ein zusätzliches Arbeitszimmer, 14 Prozent eine größere Wohnung. Das Interesse an Gemeinschaftseinrichtungen wie Coworking Spaces steige deutlich: Fünf Prozent nutzen solche Einrichtungen (2018: 2 %), 29 Prozent zeigen Interesse (2018: 15 %). Der Trend zu Coworking Spaces halte an: Mehr als 1.200 Einrichtungen standen im Jahr 2020 zur Verfügung (2018: 300), immer häufiger auch in kleineren und mittleren Städten.

„Klimaschutz gibt es nicht zum Nulltarif“

GdW-Präsident Axel Gedaschko nutzte die Vorstellung der Umfrageergebnisse, um erneut mehr staatliche Investitionsförderung für die Wohnungswirtschaft zu fordern. Vieles was in Sachen Klimaschutz wünschenswert sei, lasse sich nicht umsetzen, weil es an verlässlichen und ausreichenden Förderkonzepten fehle. Für Mieterhaushalte müsse klar sein: „Mehr Klimaschutz gibt es nicht zum Nulltarif“. Der deutliche Anstieg der Zinsen und die Teuerung der Baustoffe habe, das zeigten Umfrage des Verbandes unter den Mitgliedsunternehmen, eine wahre Stornierungswelle ausgelöst. Ursprünglich hätten die Wohnungsunternehmen in den Jahren 2023 und 2024 die energetische Sanierung von 200.000 Wohnungen geplant. Storniert seien inzwischen rund 21 Prozent oder 43.000 Wohnungen. Damit gerieten die Klimaziele zunehmend in Gefahr, so Axel Gedaschko. (Red.)

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