Klimaneutralität im Gebäudebestand

GdW: „Wir müssen im Gebäudesektor einen Gang zulegen"

Der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. und der Verband für Dämmsysteme, Putz und Mörtel e.V. (VDPM) haben eine gemeinsame Studie „Klimaneutralität vermieteter Mehrfamilienhäuser – aber wie?“ vorgelegt. Es geht um praxisgerechte und wirtschaftlich umsetzbare Vorschläge für einen klimaneutralen Gebäudebestand.

BILD: PIXABAY/ mehrunissa
BILD: PIXABAY/ mehrunissa

Gebäude sollen energetisch so modernisiert werden, dass sie anschließend effizient mit erneuerbarer Energie versorgt werden können.

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Um unabhängiger von Erdgasimporten zu werden, ist ein Zusammenspiel zweier Faktoren notwendig: Der Energieverbrauch im Gebäudesektor muss entscheidend gesenkt und die dann noch benötigte Energie aus erneuerbaren Quellen bezogen werden, so die meinung des Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, Axel Gedaschko.

„Wir müssen im Gebäudesektor einen Gang zulegen. Das geht nur gemeinsam und nicht gegeneinander“, sagt Christoph Dorn, Vorsitzender des Verbandes für Dämmsysteme, Putz und Mörtel (VDPM), in dem Baustoffhersteller organisiert sind, die für die Gebäudedämmung stehen. „Wenn Gebäude mit erneuerbarer Energie versorgt werden sollen – und das ist Konsens – müssen sie dafür vorbereitet sein. Anders funktioniert es weder technisch noch vom Energiebedarf her. Eine vernünftig gedämmte Gebäudehülle ist der Türöffner für erneuerbare Energie.“

Zielführender Effizienzstandard für Mehrfamilienhäuser – Niedertemperatur-ready

Eine neue Studie von Prof. Sven Bienert MRICS REV, Leiter Kompetenzzentrum für Nachhaltigkeit in der Immobilienwirtschaft der International Real Estate Business School, IRE|BS Universität Regensburg, im Auftrag von GdW und VDPM kommt zu folgendem Ergebnis:

Eine weitere Verschärfung der Gebäudestandards – über die heutigen hinaus – senkt den realen Verbrauch in Mehrfamilienhäusern kaum noch. „Bei einem gemessenen Endenergieverbrauch von 80 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr ist meistens Schluss. Unter diesen Wert lässt sich im Mietwohnungsbereich der Energieverbrauch in der Praxis selbst mit aufwendigen Maßnahmen bei einer energetischen Bestandsmodernisierung kaum senken, auch wenn die theoretischen Bedarfsberechnungen zu anderen Ergebnissen kommen“, sagt Prof. Bienert. Deshalb sei es volkswirtschaftlich sinnvoller, möglichst viele Gebäude mit Augenmaß zu modernisieren und den verbleibenden Bedarf mit erneuerbarer Energie zu decken. Ein hochgerüstetes energetisches Modernisieren, auch als „Tiefensanierung“ bezeichnet, mache weder für Gebäudeeigentümer noch für die Bewohner Sinn. „Viel Aufwand bei nur geringem Nutzen“, heißt es in der Studie.

Damit das Umstellen auf erneuerbare Energie funktioniert, müssen die Gebäude mindestens „Niedertemperatur-ready“ sein. Dieser Begriff bedeutet, dass ein Gebäude so weit ertüchtigt und gedämmt wird, dass es mit einer Niedertemperatur-Heizung auskommt, die ihrerseits mit erneuerbarer Energie, z.B. „grünem“ Strom, betrieben werden kann. Das funktioniert beispielsweise mit Wärmepumpen oder einer Niedertemperatur-Fernheizung.

Es sei vielen Immobilienbesitzern gar nicht bewusst, so Christoph Dorn, dass eine Umstellung der Heizung ohne eine ausreichend gedämmte Gebäudehülle weder technisch noch wirtschaftlich sinnvoll sei. Strombetriebene Wärmepumpen in ungedämmten Gebäuden verbrauchen ein Vielfaches an Energie und verursachen damit zu hohe Heizkosten.

Politik mit Augenmaß: Mix aus mehr erneuerbaren Energien und energetischer Modernisierung ermöglichen

Die Emissionen sollen nach dem Willen der Bundesregierung spätestens im Jahr 2045 bei null liegen. Das sei bestenfalls zu schaffen, wenn der Endenergieverbrauch in den Wohnungen mit den richtigen Maßnahmen an der Gebäudehülle auf 70 bis 80 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr gesenkt werde. Der dann noch verbleibende Energiebedarf könne mit der richtigen Heiztechnologie und erneuerbarer Energie gedeckt werden.

Die Ergebnisse der nunmehr vorgelegten Studie entsprechen auch dem Vorgehen, das der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) in seinem aktuellen „Klimapfade 2.0“-Wirtschaftsprogramm für Klima und Zukunft vorschlägt.

Verbrauchsniveau in den Wohnungen absenken

Um die Klimaziele zu erreichen, muss das Verbrauchsniveau in den Wohnungen von heute rund 150 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr im Durchschnitt auf etwa die Hälfte und damit etwa 70 bis 80 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr abgesenkt werden, um so eine möglichst flächendeckende „Niedertemperatur-Readiness“ zu erreichen. Da energetische Modernisierung aus sozialen Gründen einer Förderung bedarf, sind so auch volkswirtschaftlich gesehen die zur Verfügung stehenden Mittel am besten angelegt.

Es besteht die Chance, die jährliche Modernisierungsrate so auf etwa 2 % zu steigern und einen intensiveren Ausbau der erneuerbaren Energien zu finanzieren. So würde auch das Ziel unterstützt, bezahlbares Wohnen und gleichzeitig den sozialen Frieden zu sichern.

Die Studie kann hier heruntergeladen werden.

Quelle: GdW

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