EEG-Novelle sollte Stromerzeugung vereinfachen

Hausdächer können mehr!

Das Deutsche Energieberater-Netzwerk DEN e.V. befürchtet, dass bei der Novellierung des Erneuerbare Energien Gesetzes EEG eine Chance verpasst werden könnte: das enorme Potenzial an Dachflächen für die Erzeugung von Strom durch Photovoltaikanlagen zu nutzen. Das Netzwerk schlägt außerdem eine Vereinfachung bei der Erzeugung von eigenverbrauchtem Strom als auch beim Mieterstrom vor.

DEN: „Hausdächer könnten mehr als bisher für PV-Anlagen genutzt werden“. FOTO: PIXABAY
DEN: „Hausdächer könnten mehr als bisher für PV-Anlagen genutzt werden“. FOTO: PIXABAY

DEN-Vorsitzende Hermann Dannecker verweist darauf, dass viele Hauseigentümer sowie Gewerbetreibende und mittelständische Unternehmen angesichts komplizierter steuerlicher Regelungen auf die Installation einer Photovoltaikanlage verzichten würden.

Chance auf Stromerzeugung auf Hausdächern vereinfachen

Die derzeit innerhalb der Koalition geführten Diskussionen über Beibehaltung oder Abschaffung der EEG-Umlage zeige Dannecker zufolge, dass noch vieles offen ist bei der Novelle des EEG. Einfachere Regelungen fordert Dannecker auch, wenn es um den Mieterstrom geht: „Auch hier schrecken komplizierte und bürokratische Hürden Vermieter davon ab, ihren Mietern auf einfache und nachvollziehbare Weise Strom vom eigenen Dach anzubieten. Gerade beim Mieterstrom bieten die in Deutschland vorhandenen Dachflächen enormes Potential. Eine eigene Arbeitsgruppe des Deutschen Energieberater-Netzwerks beschäftigt sich mit Vorschlägen, wie ein künftiges Mieterstrom-Modell aussehen könnte.“

Hintergrundwissen

Komplizierte Prozesse - der Sargnagel des Mieterstroms

Mieterstrom bedeutet, dass die Mieter eines Gebäudes ihrem Vermieter den Strom abkaufen, den dieser zum Beispiel mittels einer Photovoltaik-Anlage direkt auf dem Dach des Gebäudes produziert. Bereits vor der Entscheidung, in eine Anlage für Mieterstrom zu investieren, muss der potenzielle Anlagenbetreiber zahlreiche und ggf. kostenpflichtige Recherchen auf sich nehmen. Der erste Punkt hierbei ist die Wahl des sogenannten Mieterstrommodells und die sich hieraus ergebenden Regularien -insbesondere, wenn ein staatlich geförderter Mieterstromzuschlag in Anspruch genommen werden soll.

Die einzelnen Mieterstrommodelle unterscheiden sich in der Strombelieferung: Es kann entweder nur der selbst erzeugte PV-Strom an die Mieter verkauft werden, oder es wird die Komplettversorgung gewählt, bei der der Vermieter eine Kombination aus selbstproduziertem und von ihm extern zugekauftem Stroman seine Mieter verkauft. Des Weiteren stellt sich die Frage, ob zum Strom zusätzlich Wärme geliefert werden soll; eine Wärmepumpe, die von der gleichen PV-Anlage betrieben wird, könnte beispielsweise Wärme für die Raumheizung liefern.

Für Laien ist die Vielzahl der Mieterstrommodelle kaum zu durchschauen und die jeweiligen Vor- und Nachteile nicht fachgerecht abzuwägen. Zumal die oben beschriebenen Beispiele nicht alle Facetten der Belieferung und Vertragsgestaltung schildern, es gibt noch zahlreiche weitere Varianten!

Hat sich der Vermieter für ein Mieterstrommodell entscheiden können, muss er sich spätestens jetzt Gedanken über die Akzeptanz der von ihm gewählten Variante bei seinen Mietern machen. Dazu sind sowohl Vorgespräche mit den Mietern als auch ggf. mit dem örtlichen Stromversorger erforderlich, da die technische Umsetzbarkeit derzeit auch vom örtlichen Energieversorger abhängt. Auch das erfordert wiederum eine akribische und zeitintensive Vorbereitung und Umsetzung.

Bedenken muss der Vermieter bzw. PV-Anlagenbetreiber außerdem, dass er als Betreiber einer Mieterstrom-Anlage rechtlich gesehen zum Stromversorger wird und sich daher mit den wesentlichen Details der zugehörigen Gesetzgebung vertraut machen muss.

Genannt seien hier Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG), Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende, Stromsteuergesetz (StromStG), Stromsteuerdurchführungsverordnung (StromStV).

Beim umgesetzten Projekt bedeutet das natürlich auch, dass der Betreiber sich kontinuierlich auf dem neusten Stand der Gesetzgebung halten muss.

Hat sich der Vermieter in seinem Vorhaben trotz aller Schwierigkeiten und Unwägbarkeiten nicht entmutigen lassen und wurde die Anlage tatsächlich installiert, ist diese bei verschiedenen Stellen anzumelden:

Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG), Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende, Stromsteuergesetz (StromStG), Stromsteuerdurchführungsverordnung (StromStV), allen anderen relevanten Steuergesetzen wie EStG, UStG und GewStG bei der Bundesnetzagentur (BNetzA)

  • Ggf. kann beim Hauptzollamt Stromsteuerbefreiung beantragt werden.
  • Ggf. kann bei der BNetzA Mieterstromzuschlag beantragt werden. Als Folge gelten
  • Melde-, Nachweis- und Mitteilungsfristen.
  • Ggf. besteht Anzeigepflicht bei der Regulierungsbehörde.

Darüber hinaus bestehen für den Betreiber folgende wiederkehrende Pflichten:

  • Meldungen an Verteilnetzbetreiber (VNB) - jährlich bis spätestens 28.2.
  • Meldungen an Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) aufgrund der EEG-Umlage- jährlich
  • bis spätestens 31.5.
  • jährliche Rechnungsstellung an den Endkunden unter Beachtung des Gesetzes über die Elektrizitäts- und Gasversorgung EnWG:
  • die Daten zur Stromkennzeichnung müssen in den Rechnungen veröffentlicht und in Vergleich zu den entsprechenden Durchschnittswerten in Deutschland gesetzt werden.
  • visuelle Darstellung der Informationen zum Energiemix

Fazit: Ambitioniert muss man sein

Das Vorhaben, ein Mieterstromprojekt zu realisieren, zu betreiben und unter Einhaltung aller Regularien richtig abzurechnen, ist ausgesprochen ambitioniert. Schon vor der Installation sind zeit- und kostenintensive Recherchen erforderlich, die bei den geltenden staatlichen Vorgaben ohne Einbindung von Sachverständigen kaum zu bewältigen sind. Im laufenden Betrieb ist der Verwaltungsaufwand für eine Mieterstromanlage immens. Hinzu kommen wirtschaftliche Unwägbarkeiten, wie zum Beispiel die Strompreisentwicklung des zuzukaufenden Stroms und die Menge des selbst produzierten Stroms, der an die Mieter verkauft werden kann.

Die Praxis zeigt, dass auch das aktuelle Mieterstromgesetz, das den Mieterstrombetreibern nach heutigem Stand noch ca. 1,3 Cent je Kilowattstunde an Mieterstromzuschlag beschert, keinen Anreiz schafft, sich eine Mieterstromanlage anzuschaffen. Weniger als 0,1 % des heute erzeugten PV-Stroms ist derzeit Mieterstrom.

Dass die Akzeptanz der Eigenstromversorgung durch PV Strom (Eigentümer ist gleichzeitig der Stromnutzer) schon längst gegeben ist, zeigen aber unstrittig die zahlreichen PV-Anlagen auf vom Eigentümer genutzten Gebäuden.

Die ganze, durch die Gesetzgebung größtenteils hausgemachte, Komplexität des Mieterstroms versperrt das große Potenzial, welches durch das Mieterstromkonzept als Win-Win-Win-Situation für Umwelt, Mieter und Vermieter erschlossen werden könnte. Eine Komplexität, die zudem den „kleinen“ Vermieter stärker trifft. Gerade die kleineren Vermieter würden ein besonders großes Risiko tragen. Wie bei normalen Stromanbietern, besteht für den Mieterstrom eine freie Anbieterwahl für den Mieter und somit für den Anlagenbetreiber eine nicht beeinflussbare Größe in der wirtschaftlichen Kalkulation. Mit jeder Wohneinheit, die den Mieterstrom nicht bezieht, wird die Anlage unrentabler, im Extremfall speist der Betreiber 100 % des erzeugten Stroms ins Netz ein – und spätestens damit wäre die Mieterstromanlage aktuell ein Zuschussgeschäft seitens des Vermieters.

Eine Vereinfachung des ganzen Prozesses ist daher dringend geboten. An dieser Stelle seien vorab zu einem Gesamtkonzept, das das DEN e.V. noch erarbeiten wird, 2 Punkte erwähnt, die dringend angegangen werden müssen:
1. Mieter müssen verpflichtet werden, Mieterstrom abzunehmen, wenn dieser unter dem Preis der örtlichen EVUs liegt.
2. Es muss eine zentrale Koordinierungsstelle für alle gesetzlichen Meldepflichten rund um die Mieterstromanlage eingerichtet werden.

Quelle: Deutsches Energieberater-Netzwerk (DEN) e.V.

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