Politprominenz besucht Holzmodulwerk und die Genossenschaft 1893
Das Holzbauunternehmen timpla hat in Eberswalde eine Fabrik mit einer Produktionsfläche von 20.000 Quadratmetern errichtet. Die Anlagen haben nach Firmenangaben eine maximale Produktionskapazität von 2.000 Wohnmodulen pro Jahr im Zweischichtbetrieb. Ein solches Volumen würde in der hochautomatisierten Produktion rund 200 Mitarbeiter erfordern. Derzeit arbeiten bei timpla bereits 100 Mitarbeiter im Werk.
Nach Angaben von Wirtschaftsminister Jörg Steinbach hat das Land Brandenburg die Investition von timpla mit 13 Millionen Euro aus dem GRW-G-Förderprogramm unterstützt. Mit Hilfe der Bundesagentur für Arbeit konnten die 100 Beschäftigten gefunden und zielgerichtet qualifiziert werden. Bundesbauministerin Klara Geywitz, die selbst aus Brandenburg stammt, erklärte während der Werksbesichtigung: „Das neue Produktionswerk von timpla ist ein tolles Beispiel dafür, wie wir in Deutschland mit seriellem Bauen mehr Wohnraum schaffen können. Der moderne Holzbau bietet eine klimafreundliche Alternative zu anderen Baumethoden und schafft hochwertigen und bezahlbaren Wohnraum.“
„Bauen steckt im regulatorischen Korsett des vorigen Jahrhunderts“
Timpla-Geschäftsführer Roland Kühnel merkte kritisch an, dass die Bauwende nicht von allein kommen werde. „Bauen in Deutschland steckt im regulatorischen Korsett des letzten Jahrhunderts. Wenn mineralisches Bauen die gesellschaftlichen Folgekosten weiterhin ausklammern darf und der Holzbau die positiven Effekte nicht bewerten kann, wird sich am klimaschädlichen Bauen nicht viel ändern.“
Die timpla GmbH errichtet mehrgeschossige Häuser im seriellen Holzmodulbau. Alle Bauteile wie Wandaufbauten, Decken oder technische Einbauten seien digital vorkonstruiert und in einem digitalen Bauteilkatalog gebündelt. Timpla passe diese digital an individuelle Anforderungen der Kunden wie Grundstücksmaße, Fassaden und Wohnungsmixe an. Auf diese Art erstelle timpla individuelle Gebäude aus standardisierten Bauteilen, denen man die serielle Fertigung nicht ansieht.
Erste Aufträge vor offizieller Eröffnung
Bereits vor der offiziellen Werkseröffnung konnte sich timpla zwei Produktionsaufträge sichern. Der Landkreis Barnim hat das Unternehmen mit dem Bau von zwei Holzmodulgebäuden beauftragt, die zur Unterbringung von Flüchtlingen und Asylsuchenden in Eberswalde dienen werden. Diese modularen Gebäude umfassen jeweils drei Etagen mit sechs Wohneinheiten und erfüllen nach Angaben von timpla die Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG).
Der zweite Produktionsauftrag kommt von der Wohnungsgenossenschaft Eberswalde 1893. Bestellt sind vier Eingangspavillons in Holzelementbauweise. Die Pavillons, die sich durch eine moderne, einladende Gestaltung auszeichnen, werden die bestehenden Hintereingänge der Plattenbauten im Brandenburgischen Viertel ersetzen.
Dieser Auftrag war ein Anknüpfungspunkt für Bauministerin Klara Geywitz, auch der Wohnungsgenossenschaft 1893 und deren Quartier „Brand.Vier“ einen Besuch abzustatten. Schnelles, digital gestütztes Bauen und Lean Management standen auf der Agenda der Ministerin, die die 1893 setzte.
Dank einer Kooperationsvereinbarung mit dem Land Brandenburg und der Stadt Eberswalde konnte die Genossenschaft in den vergangenen vier Jahren mehr als 400 Wohnungen komplex sanieren und auch das Wohnumfeld deutlich verbessern. Davon profitiere das Brandenburgische Viertel, das noch vor einigen Jahren eher dem Abriss als einer Wiederbelebung entgegensah.
Geywitz beeindruckt von innovativer Genossenschaft
Die Ministerin zeigte sich beeindruckt von der „Innovationsfreude und dem Mut“ der Genossenschaft. 1893-Vorstand Volker Klich berichtete ihr vom Lean Management der Bauprozesse. Damit würden die Prozesse bis auf die kleinste Einheit heruntergebrochen und genau aufeinander abstimmt. Die Zeitpläne, die dadurch entstehen, seien echte Leitplanken, auf die sich die Baufirmen verlassen könnten. Die Gewerke rollten wie ein Zug von Wohnung zu Wohnung, erledigten wochenweise genau aufeinander abgestimmte Tätigkeiten und behinderten sich nicht. Das mache es auch kleineren regionalen Firmen möglich, die Anforderungen einer komplexen Sanierung zu erfüllen.
Symbolische Schritte auf dem 1893-Klimapfad
Gemeinsam mit Klara Geywitz spazierten die 1893-Vorstände Guido Niehaus und Volker Klich symbolisch den 1893-Klimapfad entlang. Schon 2022 beauftragte die1893 das Planungsbüro eZeit-Ingenieure, alle Bestände unter die Lupe zu nehmen und einen detaillierten Plan aufzustellen, wie die Umstellung auf klimaneutrales Wirtschaften bis 2045 gelingen kann. 2023 lag der Plan vor und inzwischen sei das erste kleinere Projekt fast fertiggestellt: Das älteste Haus der Genossenschaft aus dem Jahr 1893 wurde mit Wärmepumpen und Photovoltaik ausgestattet. Und nun seien die zweitältesten Bestände im Stadtteil Westend dran. Die Planungen für den ersten Bauabschnitt laufen. (Red.)
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