Rahmenvereinbarung „Serielles und modulares Bauen 2.0“

Wird das Lego-Prinzip zum Ausweg aus der Neubau-Krise?

Wohnungen mit seriell vorgefertigten Gebäudemodulen zügig errichten lassen, das kann die Wohnungswirtschaft zukünftig bei 20 Bauunternehmen in Auftrag geben. Der GdW hat dafür nach 2018 eine zweite Rahmenvereinbarung vorgelegt. Verbunden ist damit die Hoffnung auf moderatere Baupreise, die „bezahlbare Mieten“ möglich machen sollen.

Symbolischer Start für das zweite europaweite Ausschreibungsverfahren „Serielles und modulares Bauen“ (v.li.): GdW-Präsident Axel Gedaschko, Bundesbauministerin Klara Geywitz und Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie. Foto: Henning Schacht
Symbolischer Start für das zweite europaweite Ausschreibungsverfahren „Serielles und modulares Bauen“ (v.li.): GdW-Präsident Axel Gedaschko, Bundesbauministerin Klara Geywitz und Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie. Foto: Henning Schacht

Am Rande des BIM-Hauptstadtkongresses am 12. Oktober in Berlin hatte GdW-Präsident Axel Gedaschko bereits angekündigt, dass das zweite europaweite vergaberechtliche Ausschreibungsverfahren „Serielles und modulares Bauen 2.0“ bedeutend mehr Anbieter und damit deutlich mehr Baukomponenten hervorbringen werde, als das erste Verfahren von 2018. Die damalige Rahmenvereinbarung wurde letztlich von neun Anbietern unterschrieben. Mit dem sich abzeichnenden größeren Angebot, so Axel Gedaschko auf der BIM-Tagung, könnten Bauherren deutlich günstiger Preise erwarten.

In einer gemeinsamen Presseerklärung von GdW, Bundesbauministerium und des Hauptverbandes der deutschen Bauindustrie heißt es nun, 20 Bieter hätten in dem neuen Verfahren den Zuschlag für insgesamt 25 innovative Wohnungsbaukonzepte erhalten. Die Mitgliedsunternehmen des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW könnten somit aus einem erweiterten Katalog von Modulbaukonzepten auswählen.

In einem siebenmonatigen, komplexen und kostenintensiven Verfahren seien von einer fachkundigen Jury unter Einbeziehung der Partner Bundesbauministerium und Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und unter Mitwirkung der Bundesarchitektenkammer die 25 besten seriellen und modularen Konzepte zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum ausgewählt.

Relative Preissicherheit für fünf Jahre

Die Rahmenvereinbarung gebe ein starkes Preissignal in den Markt, da die Baukosten bei rund der Hälfte der Angebote unter dem Medianwert von rund 3.200 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche und damit deutlich unter den durchschnittlichen Preisen für Mehrfamilienhäuser in Deutschland im Jahr 2022 lägen. Das Angebot sei vielfältig, reiche vom Holzbau über Stahlbeton bis hin zu Hybridbauweisen. Die Preisspanne für die innovativen Modulgebäude liege zwischen 2.370 und 4.370 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Weitere Preisvorteile könnten zusätzlich durch Mengeneffekte generiert werden. Angesichts stark gestiegener und kurzfristig stark schwankender Baukosten garantiere die Rahmenvereinbarung zudem dringend notwendige Preissicherheit. Die in der neuen Vereinbarung für fünf Jahre festgeschriebenen Preise könnten nur auf Grundlage festgelegter Material- beziehungsweise Baupreisindizes angepasst werden.

Auswahlkriterien waren Wirtschaftlichkeit, Qualität und Ökologie

Die Auswahl der Rahmenvertragspartner sei erfolgt nach ökonomischen Kriterien, wie Angebotspreis, Skaleneffekte, Liefergebiet, Lieferkosten und gleichgewichtet nach Kriterien der Kategorie Qualität und Innovation. Hier seien Punkte für städtebauliche und gestalterische Qualität, funktionale und technische Qualität sowie die ökologische Qualität vergeben worden. Die ökologische Qualität der Angebote ginge mit einem Anteil von einem Drittel nun deutlich gewichtiger in die Bewertung ein. Damit orientierten sich die Angebote auch an künftigen Förderkulissen und Nachhaltigkeitsanforderungen. Die Bewertung der Angebote erfolgte auch mit Unterstützung der Bundesarchitektenkammer.

Vorteile des seriellen und modularen Wohnungsbaus

Für Wohnungsunternehmen biete die Rahmenvereinbarung den großen Vorteil, dass Angebote aus der Vereinbarung mit vergleichsweise geringerem Aufwand lokal angepasst realisiert werden können. Das bringe vor allem für öffentliche Unternehmen einen deutlichen Zeitgewinn, da nicht einzeln in jedem Unternehmen und für jedes Projekt erneut europaweit ausgeschrieben werden müsse. Die Vorlaufzeiten für Bauvorhaben würden dadurch wesentlich verkürzt.

„Die Erwartungen in Bautempo und Qualität sind übererfüllt worden“

Als die erste Rahmenvereinbarung 2018 vorgestellt wurde, waren die Erwartungen hoch. Sie sollte endlich dem seriellen Bauen zum Durchbruch verhelfen und dazu führen, dass die dringend benötigten neuen Wohnungen schnell, in hoher Qualität und vor allem zu niedrigen Kosten realisiert werden. Serielles Bauen, sagte damals GdW-Präsident Axel Gedaschko, trage dazu bei, „dass neu gebaute Mietwohnungen auch ohne Förderung für die Mitte der Bevölkerung wieder bezahlbar werden“.

Allerdings nutzte die Wohnungswirtschaft diese Möglichkeit anfangs nur sehr zögerlich. In der zweiten Hälfte der Laufzeit des ersten Rahmenvertrags nahm das serielle Bauen mehr Fahrt auf. Fabian Viehrig, Leiter Bauen und Technik beim GdW äußerte im ersten Quartal des Jahres im IVV-Gespräch seine Hoffnung, dass bis zum Auslaufen der ersten Rahmenvereinbarung im Mai 2023 mindestens 4.000 Wohnungen seriell und modular errichtet sein würden.

Die Investitionszurückhaltung vieler Wohnungsunternehmen angesichts der Kostenexplosion wirke sich auch auf den Modulbau aus, obwohl, so Viehrig weiter, er aus dem Markt erfahre, dass sich die Modulbaufirmen vergleichsweise preisstabil verhalten würden.

„Die Erwartungen in Bezug auf die Schnelligkeit und die Qualität des Bauens sowie die Baukostensicherheit sind alle erfüllt oder sogar übererfüllt worden“, stellte GdW-Experte Viehrig fest. Die Bauzeit während der eigentlichen Bauphase betrug nach seinen Worten bei den bisherigen Modulbau-Projekten etwa sechs Monate.

Serielles Bauen hat bislang keine Kostenvorteile

Was Viehrig bei der Aufzählung der Vorteile indes nicht nannte, sind niedrigere Baukosten – also genau derjenige Aspekt, auf dem die größten Hoffnungen ruhten. „Tendenziell sind die Kosten ähnlich hoch wie beim konventionellen Bauen“, räumte Viehrig im Frühjahr ein. Dafür nannte er zwei Gründe. Zum einen hätten Bauherren in der Hochphase der letzten Jahre kaum Möglichkeiten gehabt, niedrigere Preise durchzusetzen. Zum anderen hätten Sonderwünsche der Bauherren dazu beigetragen, dass die von den Bietern in der Rahmenvereinbarung angebotenen Preise meist nicht ein zu eins realisiert worden seien. Beziffern ließen sich die durchschnittlichen Baukosten der bisher realisierten Projekte laut Viehrig nicht.

Konkrete Zahlen nannte hingegen das Forschungsinstitut InWis, das mit der Evaluierung der ersten Rahmenvereinbarung beauftragt war. Demnach betrugen die Baukosten bei den bis Dezember 2021 vergebenen Projekten zwischen 2.396 und 3.647 Euro pro Quadratmeter. Damit sei das Ziel, mittels serieller und modularer Bauweise kostengünstigen Wohnraum zu schaffen, nur bedingt erreicht worden, sagte GdW-Präsident Gedaschko auf einer vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im März 2021 organisierten Tagung. Laut der Dokumentation der Veranstaltung erklärte Gedaschko, Wohnungsunternehmen könnten Neubauprojekte in klassischer Bauweise vielfach kostengünstiger umsetzen, weshalb sie auf die Anwendung der Rahmenvereinbarung verzichteten. Zudem werde die Preisgestaltung einzelner Rahmenvertragspartner als hoch wahrgenommen. Perspektivisch, führte der GdW-Präsident der Dokumentation zufolge weiter aus, könnten allerdings Skaleneffekte dazu beitragen, die Kosten zu senken.

Eine Liste der 20 Bieter und Bietergemeinschaften aus der zweiten Rahmenvereinbarung finden Sie hier.

Thomas Engelbrecht

Thomas Engelbrecht
Chefredakteur
Nach der letzten Europarechtsreform hat das Widerrufsrecht im Mietrecht mehr Bedeutung erhalten. Auch eine Änderungsvereinbarung zum Mietvertrag, z.B. die Aufnahme eine neuen Mieters, oder der Austausch eine alten, ist nichts anderes, als ein Vertrag zwischen...
Printer Friendly, PDF & Email
13.11.2023
Rahmenvereinbarung Serielles und modulares Bauen 2.0
Weniger Kosten, weniger Zeit, weniger CO2 – Wohnungswirtschaft, Baugewerbe und Bundesbauministerium setzen sich gemeinsam massiv für das serielle Bauen ein.
20.10.2022
Serielles Bauen mit Modulen und Wandelementen
Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) nutzt offizielle Branchenanlässe regelmäßig für ein Plädoyer zugunsten des seriellen Wohnungsbaus. Bei einer Besichtigung von zwei Modulgebäuden in Berlin warb...
21.3.2023
Serielles und modulares Bauen 2.0
Gemeinsam haben das Bundesbauministerium, der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW und der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie ein neues europaweites Ausschreibungsverfahren für...
26.11.2021
Neue Regierung mit Bauministerium
Was steht im Koalitionsvertrag der Ampelregierung zum Bauen und Wohnen? Man könnte sagen: Für jeden ist etwas dabei. Das umfangreiche Werk ist reich an wohlklingenden Ankündigungen. Mehr...
14.3.2024
Holzbauinitiative der Bundesregierung
Der Bauausschuss des Bundestages befasste sich erstmals mit der Initiative der Bundesregierung zur Stärkung des Holzbaus vom Juni 2023.
15.2.2023
Frühjahrsgutachten der Immobilienweisen
Das Frühjahrsgutachten der Immobilienweisen steckt voller Alarmzeichen für einen drohenden Zusammenbruch des Wohnungsneubaus. Gestiegene Baupreise und Zinsen ließen Projektkalkulationen „zerbröseln“...