Sonnenhäuser speichern Wärme in 48.000 Litern Wasser

Eine ambitionierte Wohnungsbaugenossenschaft steckt sich hohe Ziele: Die eG Wohnen 1902 realisiert derzeit zwei viergeschossige Wohnbauten, die sich zum Großteil selbst mit Wärme und Strom versorgen.

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Wohnhäuser als Kraftwerke: Die Gebäude werden mit einschaligem Ziegelmauerwerk errichtet. An der Südseite werden jeweils 100  m² Wärme­kollek­toren und Solarstrommodule installiert. BILD: TIMO LEUKEFELD
Wohnhäuser als Kraftwerke: Die Gebäude werden mit einschaligem Ziegelmauerwerk errichtet. An der Südseite werden jeweils 100  m² Wärme­kollek­toren und Solarstrommodule installiert. BILD: TIMO LEUKEFELD

Derzeit entstehen im Cottbusser Stadtteil Sandow zwei besondere Mehrfamilienhäuser. Die Wohnungsbaugenossenschaft eG Wohnen 1902 mit Sitzen in Cottbus und Burg realisiert in enger Zusammenarbeit mit dem Wienerberger Projektmanagement (WPM) die beiden energieautarken Viergeschosser nach dem „Sonnenhaus-Konzept“. So bezeichnete Gebäude decken ihren Jahreswärmebedarf für Heizung und Warmwasser mindestens zur Hälfte durch eine eigene Solarthermie-Anlage. Beim Cottbusser Projekt streben die Projektverantwortlichen sogar 70 Prozent an, was Solarexperten als wirtschaftliches Optimum empfehlen. Zusätzlich sollen 70 Prozent des Strombedarfs aus Eigenproduktion gedeckt werden.
Susanne Weichold, Projektentwicklerin, und Carsten Rünger, Technischer Berater, beide aus dem Wienerberger Projektmanagement (WPM), betreuen dieses Leuchtturmprojekt. Erfahrungen zum energieautarken Bauen, die der Solarpionier Professor Timo Leukefeld bislang bei Einfamilienhäusern sammelte, werden auf den Geschosswohnungsbau übertragen.

Optimierte Solarenergienutzung

Das Planungsteam optimierte die beiden identischen Häuser sowohl für die aktive als auch die passive Nutzung solarer Energie. Dazu zählt beispielsweise, dass die Dachfläche und die Wohnräume nach Süden ausgerichtet und die Dächer mit 50 Grad stärker geneigt sind als üblich. Als Baustoff für die thermische Gebäudehülle entschieden sich die Projektbeteiligten für ein hochwärmedämmendes Ziegelmauerwerk. Der ausgewählte Poroton S8-MW aus dem Hause Wienerberger ist mit Mineralwolle verfüllt und wird bei diesem Projekt in einer Dicke von 42,5 Zentimetern verwendet. Auch alle Innenwände werden – je nach Anforderungen an Statik und Schallschutz – aus unterschiedlichen Poroton-Ziegelprodukten und Systemergänzungen von Wienerberger erstellt.

Bauphysikalische Vorteile des Ziegels

Die Ziegelwände der beiden Gebäude mit je 600 Quadratmetern beheizter Wohnfläche puffern aufgrund ihrer großen Speichermasse Temperaturschwankungen sehr gut ab. Daraus resultiert im Innern eine geringe Temperaturamplitude, was sich positiv auf die Kosten für Heizung und Klimatisierung auswirkt – und im Hinblick auf heißer werdende Sommer bedeutender wird. Davon profitieren neben der Umwelt vor allem die künftigen Bewohner, die in einem Haus mit relativ konstanten Innentemperaturen leben werden. Im Sommer bleibt es im Vergleich zur Außentemperatur angenehm kühl, im Winter komfortabel warm.

Nahwärmenetz verdoppelt Solarthermie-Ausnutzung

Um möglichst viel Sonnenwärme nutzen zu können, steht in jedem der beiden Häuser ein Wasserspeicher mit 24.000 Litern Inhalt. Hier wird Sonnenwärme zwischengespeichert. Über ein Nahwärmenetz lassen sich in der warmen Jahreszeit sogar zwei benachbarte Gebäude versorgen. Die Solarthermie-Ausnutzung wird dadurch nahezu verdoppelt. Sollte der Wärmebedarf für Heizung und Warmwasser in den Wintermonaten größer sein als die Erträge, wird in jedem Gebäude einfach eine Gas-Brennwerttherme zugeschaltet.

Der Stromeintrag über die Photovoltaik-Anlagen wird für Haushaltsgeräte, Anlagentechnik und Elektroautos verbraucht. Insgesamt vier Lithium-Ionen-Akkus mit je 54 Kilowattstunden Speicherkapazität nehmen Überschüsse auf.

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Qualitätssicherung baulicher Umsetzung

Die hochwärmedämmende Außenhülle mit einem U-Wert von 0,18 W/(m²K) und der verminderte Wärmebrückenzuschlag nach DIN 4108, Beiblatt 2, bringen weitere Vorteile mit sich. Der Transmissionswärmeverlust wird nur 66 Prozent im Vergleich zum Referenzgebäude betragen (KfW-Haus 55, Vorgabe: < 70 %). Beim Jahresprimärenergiebedarf geht das Planungsteam von 8,40 kWh/(m2a) aus, was nur 14 Prozent des Referenzgebäudes entspricht (Vorgabe: < 55 %). Grundlage dafür ist eine Vorbemessung der wärmeübertragenden Umfassungsfläche durch das WPM-Team, die auch eine Überprüfung der Wärmebrücken mit pauschal 0,05 W/(m²K) beinhaltet. Dazu verwendeten sie Planungsbeispiele nach DIN 4108, Beiblatt 2, beziehungsweise das Poroton-Wärmebrücken-Tool.

Für die Einhaltung des erhöhten Schallschutzes nach DIN 4109, Beiblatt 2, übernahm Carsten Rünger vom WPM ebenfalls zwischengedie Vorbemessung. Außerdem beriet er die Planer der Helma Eigenheimbau AG bei der Ausbildung verschiedener konstruktiver Details. Dadurch ließen sich die Außenwände bezüglich der Anforderungen an Schall- und Wärmeschutz sowie Statik und Ausführbarkeit optimieren.

Bewährte Bausteine neu kombiniert

Timo Leukefeld freut sich, in der größten Baugenossenschaft des Landes Brandenburg einen Partner gefunden zu haben, der sich für zukunftsweisende Lösungen interessiert: „Unser gemeinsames Ziel ist es, den Gedanken wirtschaftlich vernetzter Energieautarkie auch in der Wohnungswirtschaft auf breite Schultern zu stellen.“ Uwe Emmerling, Vorstandsvorsitzender der Cottbusser Wohnungsbaugenossenschaft, ist sich sicher, dass gerade diese Eigentumsform solche Entwicklungen fördert. „Das Faszinierende daran ist, dass wir bewährte Bausteine, wie die monolithische Ziegelwand, den Solarspeicher und die Gas-Brennwerttherme neu zusammengeführt haben und nicht ins Experimentelle abgeglitten sind.“

Autor: Oliver Rühr, Leitung Wienerberger Projektmanagement

Das Prinzip Sonnenhaus

Die vernetzten energieautarken Mehrfamilienhäuser der eG Wohnen sind für die aktive und passive Nutzung der Solarenergie optimiert.

Die Gebäude (KfW-Effizienzhaus-Standard 55) mit jeweils 600 Quadratmeter beheizter Wohnfläche werden mit hochwärmedämmendem einschaligem Ziegelmauerwerk errichtet. Deswegen ist keine außen aufgebrachte Dämmung mehr erforderlich. Hierdurch, aber auch durch die Ausrichtung nach Süden, wird der Wärmebedarf sehr stark reduziert. Der Heizwärmebedarf wird fast auf Passivhausniveau liegen.
Die Dächer sind mit 50 Grad steiler als üblich, damit im Winter bei tief stehender Sonne viel Wärme und Strom erzeugt werden kann. Auf den nach Süden gerichteten Dächern und einem Teil der Fassaden werden jeweils 100 Quadratmeter Solarwärmekollektoren und Solarstrommodule mit jeweils 30 Kilowatt Leistung montiert.

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Die Heizenergie, die gerade nicht benötigt wird, fließt für den späteren Verbrauch in einen Langzeitwärmespeicher mit 24 Kubikmeter Wasser.
Im Sommer kommt überschüssige Wärme über ein Nahwärmenetz zwei Nachbargebäuden zugute. Dadurch werden auch hier die Heizkosten reduziert und der Ertrag der Solarthermieanlage wird verdoppelt. Der geringe verbleibende Heizenergiebedarf wird mit einem Gasbrennwertkessel mit 40 Kilowatt Leistung erzeugt. Das warme Wasser wird über Frischwasserstationen bereitet.
Die Photovoltaikanlage wiederum liefert Strom für die Haushaltsgeräte, die Anlagentechnik und Elektroautos. Für die Speicherung des Solarstroms werden Lithium-Ionen-Akkus eingebaut.

Quelle: Prof. Timo Leukefeld

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Weiterführende Links:
http://www.eg-wohnen.de/de/index.php
https://wienerberger.de/
www.timoleukefeld.de

Redaktion (allg.)

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