Stromleitungen übernehmen die Datenübertragung
Insgesamt steigen die Anforderungen nicht nur für die klimaintelligente und smarte Steuerung des Wohnraums – und damit an Immobilienentwickler und Vermieter –, sondern auch an die Städte, an Wirtschaft, Verwaltung und Politik. Ob Mobilität, Kommunikation, Energieversorgung, Partizipation oder Integration – die Herausforderungen werden vielfältiger. Die Menschen zieht es vom Land in die wachsenden Städte. Ein Ende dieses Trends ist nicht in Sicht. Das zumindest prognostiziert der GdW in seiner aktuellen Studie „Wohntrends 2035“.
Herausforderungen: Kleinere Wohnungen und knappere Energieressourcen
Im Zuge der Verdichtung teilen sich die Menschen zukünftig einen schrumpfenden öffentlichen Raum. Insgesamt geht dabei der Trend zu kleineren Wohnungen. Das Statistische Bundesamt prognostiziert, dass der Anteil der Ein- und Zweipersonenhaushalte demnächst auf 75 bis 80 Prozent steigen wird. Was noch zunimmt, ist der Anteil der Älteren. Menschen über 65 Jahre werden schon 2030 ein Viertel der Gesamtbevölkerung stellen. Das wiederum hat Folgen auf die Art, in der heute Wohnungen entworfen und Häuser gebaut, wie ganze Stadtviertel konzipiert und Verkehrssysteme entwickelt werden. Und natürlich auch: Wie wir alle mit den immer knapper werdenden Ressourcen, die für die Energieproduktion benötigt werden, umgehen. Die heutige Gesellschaft achtet viel genauer als die Generationen vor ihr auf ihren Verbrauch an Energie für Wärmeversorgung oder Strom. Das hat mit den gestiegenen Energiekosten zu tun und mit einem gewachsenen Umweltbewusstsein.
Lösungen sind mit Digitalisierung verknüpft
Doch nicht nur die Herausforderungen, sondern auch die Lösungsmöglichkeiten sind vielfältig – und eng mit der Digitalisierung verknüpft. Der Ausbau der digitalen Infrastruktur und die Nutzung des Internets „bilden die zentralen Eckpunkte für die zukünftige ökonomische und räumliche Entwicklung in Deutschland“, wie die GdW-Studie zutreffend feststellt. 5G, das den drahtlosen Datenaustauch in Echtzeit ermöglicht, ist dafür unverzichtbar. Dieser neue Funkstandard gilt auch als die grundlegende Infrastruktur für das Internet der Dinge. Besonders technikaffine und anspruchsvolle Bewohner sind offen für die Vielfalt an neuen Leistungen. Sie verlangen nach Sensorik und Gerätesteuerung, nach ausgefeilter und nutzerfreundlicher Logistik, nach Augmented-Reality-Anwendungen, etwa beim Smart Shopping, oder nach E-Health-Anwendungen wie der Tele-Diagnostik oder dem Einsatz von Pflegerobotern für die Elterngeneration.
Mit 5G-Standard ginge alles schneller
Für die Wohnungswirtschaft bedeutet diese Entwicklung, dass die Online-Kommunikation mit den Kunden zum Normalfall werden wird. Rund 90 Prozent der Anliegen, prognostiziert die GdW-Studie, werden per App oder Chatbot rund um die Uhr bearbeitet. Wenn sie wollen, können sich die Kunden jederzeit über den Bearbeitungsstatus ihres Anliegens informieren. Für Vermieter wird die Bearbeitung im Gegenzug schlanker und damit effektiver und preiswerter. Schließlich können dann die meisten Anliegen in Standardprozessen mit weitreichender digitaler Unterstützung bearbeitet werden.
Die Unternehmen der noventic group legen bei einem Wohnprojekt in Rüsselsheim die Grundlagen für all diese neuen Anforderungen, die auf den Mietwohnungsbau zukommen. Gemeinsam mit einem Immobilienentwickler, der ein ehemaliges Bürogebäude zu einem Wohnhaus mit 130 Appartements umbaut, setzt die Unternehmensgruppe voll auf die Karte Digitalisierung. Zum Nutzen von Mietern, aber auch vom Bestandshalter und Vermieter. So können sich die Bewohner per Smartphone-App ständig über ihren Verbrauch auf dem Laufenden halten. Ein Benchmark-Tool in der App hilft dabei, den eigenen Verbrauch mit dem der Nachbarschaft zu vergleichen und im Zweifelsfall das eigene Verbrauchsverhalten zu hinterfragen.
Die technische Basis dafür liegt in moderner Sensorik, einem sicher verfügbaren Datenfluss über das Allgemeinstromnetz und dem sogenannten Smart Meter Gateway. Zwei Unternehmen der noventic group – Europas größter Gerätehersteller QUNDIS und die Power Plus Communications AG (PPC) – liefern hierfür die Technologie und Infrastruktur, die noventic-Tochter KALO das Know-how für Dienstleistungen, Abrechnungsservices und Anwendungen.
Weiterer Motor für die Zukunft: Die Breitband-Powerline-Technologie (BPL)
Die BPL macht aus den Allgemeinstromleitungen ein vollständiges, hochverfügbares IP-Netzwerk. Heute wird diese Infrastruktur in erster Linie für das Submetering etabliert und genutzt. Doch das ist erst ein Anfang. Denn auf Basis dieser Infrastruktur können weitere, nützliche Anwendungen ermöglicht werden. Für die Gebäudeverwaltung ergibt sich etwa die Möglichkeit, Temperatur und Luftfeuchte zu messen, um – wie die dänische noventic-Tochter KeepFocus es vormacht – Schimmelvorsorge zu betreiben und für ein gesundes Klima in den Räumen zu sorgen. Ein Plus für alle.
Es bleibt also nicht beim smarten Messen und Abrechnen des Energieverbrauchs: Die Infrastruktur ermöglicht Bestandshaltern weitere Anwendungen – system- und technologieoffen – darüber zu etablieren. Das kommt denen entgegen, die ihr Wohngebäude zu einem Smart Building machen wollen. Zum Beispiel für die ältere Generation. Sie kann künftig vom System, das in Rüsselsheim installiert wird, profitieren. Falls eine ältere, allein wohnende Mieterin überraschend von ihrem normalen Lebensrhythmus abweicht – etwa, indem sie noch am späten Vormittag kein Wasser verbraucht hat, was vom System gemessen wird – kann jemand informiert werden, der dann nach ihr sieht. Ambient Assisted Living (AAL) heißt das Modell und steht, wie das Bundesforschungsministerium es definiert, „für Konzepte, Produkte und Dienstleistungen, die neue Technologien in den Alltag einführen, um die Lebensqualität für Menschen vor allem im Alter zu erhöhen.“ Allerdings beklagt das Ministerium, es gebe „kaum erfolgreiche Beispiele für den Einsatz neuer Technologien zur Steigerung der Lebensqualität älterer Menschen.“ In Rüsselsheim sind die Grundlagen hierfür durch das Submetering gelegt.
Der Artikel erschien zuerst im Fachmagazin IVV immobilien vermieten & verwalten, Printausgabe 02/2018 mit dem SPECIAL Digitale Messdienstleistungen.
Autor: Andreas Göppel, Geschäftsführer noventic group und KALO
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