Häufig landen Streitfälle über eine Eigenbedarfskündigung vor Gericht. In den vergangenen Jahren hat der Bundesgerichtshof (BGH) ein paar wegweisende Entscheidungen gefällt.
Wie ist ein "berechtigtes Interesse" definiert?
Das Bürgerliche Gesetzbuch (§ 573 BGB) stellt klar, dass ein Vermieter seinem Mieter nur dann kündigen kann, „wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat“. Berechtigtes Interesse heißt zum Beispiel: Der Vermieter benötigt die Räume für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts. Familienangehörige sind Kinder, Ehepartner, eingetragene Lebenspartner, Eltern und Großeltern. Aber auch Geschwister (BGH, Urteil vom 09. 07. 2003, Az. VIII ZR 276/02) sowie Nichten und Neffen (BGH, Urteil vom 27. 01. 2010, Az. VIII ZR 159/09) gehören dazu, Onkel und Tante dagegen nicht. Als Angehörige eines Haushalts gelten Haushaltshilfen und Pflegepersonal.
Aus dem Kündigungsschreiben muss also genau hervorgehen, für wen der Vermieter den Eigenbedarf anmeldet und warum. Mögliche Gründe sind beispielsweise das geplante Studium der Tochter in der Stadt oder eine pflegebedürftige Mutter, für die die Erdgeschosswohnung hilfreich wäre. Unzulässig ist eine Eigenbedarfskündigung „auf Vorrat“, wenn noch gar nicht sicher feststeht, ob der jeweilige Angehörige des Vermieters überhaupt in die Wohnung einziehen will (BGH, Urteil vom 11. 10. 2016, Az. VIII ZR 300/15).
Wann ist der Anspruch auf Eigenbedarf gerechtfertigt?
Der Vermieter muss die Gründe für die Eigenbedarfskündigung im Kündigungsschrei-
ben schlüssig darlegen. Unterlässt er dies, ist die Kündigung unwirksam und das Mietverhältnis besteht weiter. Das heißt: Er kann den Mieter nicht erfolgreich verklagen, die Wohnung zu räumen.
Ebenso muss der Wohnbedarf des Vermieters im richtigen Verhältnis zur Mietwohnung stehen. Wer beispielsweise eine Studentenbleibe für seine Tochter benötigt, kann kein Einfamilienhaus kündigen. Auch müssen die Nachmieter tatsächlich die Personen sein, die der Vermieter in der Kündigung angegeben hat (BGH, Urteil vom 29. 03. 2017, Az. VIII ZR 44/16). So darf er nicht vorgeben, die Wohnung für einen Verwandten zu benötigen, und sie dann teurer an Fremde vermieten.
Widerspruchsrecht des Mieters
Tricks wie den letztgenannten erkennt der Mieter in der Regel erst nach seinem Auszug. Dann kann er Schadenersatzansprüche geltend machen. Falls der Umzug den Mieter zum Beispiel aufgrund von Alter, auch in Verbindung mit besonders langer Mietdauer, sowie Krankheit oder Suizidgefahr unzumutbar hart treffen würde, kann er der Kündigung wegen sozialer Härte widersprechen (§ 574 BGB). Einen solchen Widerspruch kann er bis zwei Monate vor dem Kündigungstermin einlegen. Stellt sich heraus, dass der Vermieter bereits bei der Unterzeichnung des Mietvertrags fest geplant hatte, die Wohnung ein paar Jahre später zum Beispiel an seinen Sohn zu übergeben, kann die Kündigung unter Umständen rechtsmissbräuchlich und somit unwirksam sein.
Quelle: D.A.S. Leistungsservice
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