Die Wärmewende gelingt nur mit Wärmenetzen
Fernwärme hatte 2020 einen Anteil von 23,5 Prozent bei Wohnungsneubauten, 2010 waren es nur 14,6 Prozent. Im Wohnungsbestand lag der Anteil bei 14,1 Prozent. Es handelt sich hierbei weitestgehend um Netze, in denen Wasser als Wärmeüberträgermedium eingesetzt wird. Es wird in einem Rohrleitungssystem von den Wärmeerzeugern (Kraftwerke, Blockheizkraftwerke, als Abwärme von Industrieanlagen) zu den Verbrauchern geleitet und hier an die Hausanschlussstationen zur Erwärmung der Gebäude abgegeben. Die Übertragungstemperatur liegt bei 120 Grad Celsius. Nach Abgabe der Wärme erfolgt die Rückleitung an den Wärmeerzeuger. Für die Energiewende sind diese Lösungen nicht ausreichend.
Zukünftige Anforderungen
In Zukunft werden weitaus leistungsfähigere Wärmenetze benötigt. Ein Wärmenetz muss in der Lage sein, Wärme von den unterschiedlichsten Quellen oder Erzeugern mit unterschiedlichem Temperaturniveau aufzunehmen, über längere Zeiträume zu speichern und zu den Endverbrauchern zu transportieren. Dazu werden leistungsfähige Speicher und Großwärmepumpen benötigt. Es sind also neue Wärmenetzsysteme zu schaffen. Diese Systeme arbei-ten mit Temperaturen zwischen 20 und 70 Grad Celsius.
Sie ermöglichen die Nutzung von Wärmequellen mit niedrigem Temperaturniveau, einen kostengünstigeren Wärmetransport und arbeiten mit geringeren Rücklauftemperaturen und nutzen somit die Wärme besser aus.
Wärmenetzsystem Wärme 4.0
Die Zukunft stellen Wärmenetzsysteme der 4.Generation dar. Sie erfüllen die genannten Anforderungen. Die Wärmeübertragung erfolgt mit einer Temperatur 70 Grad Celsius und darunter. Damit werden Übertragungsverluste minimiert und der Verschleiß der Leitungen wird geringer. Die Übertragungskosten sinken. Aber es werden Wärmepumpen und große Wärmespeicher notwendig.
Kommunale Wärmeplanung
Die Wärmewende ist komplex und erfordert einen angemessenen planerischen und organisatorischen Rahmen. Notwendig sind kommunale Wärmepläne. Ziel der Wärmeplanung ist eine möglichst effiziente und volkswirtschaftlich effektive Wärmeversorgung des Gebäudebestandes. Beispielhaft sind Rahmenwärmepläne in der Novelle zum Klimaschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg vorgegeben. Außerdem ist hier festgelegt, dass jede Kommune bis 2023 einen Wärmeplan aufzustellen hat. Er gliedert sich in folgende Abschnitte:
- Bestandsanalyse
- Potenzialanalyse
- Zielszenario
Bestandsanalyse
Inhalt der Bestandsanalyse ist die Ermittlung des Wärmebedarfs in der Kommune. Das setzt die Ermittlung des Gebäudebestandes, seiner Struktur und seiner Verteilung in der Kommune sowie seines Alters voraus. Weiterhin sind die Heizungsstruktur, der Bestand an Netzen, Speichern sowie der Stand der Nutzung erneuerbarer Energien und weitere Quellen zu ermitteln. Der Ausweis des Bestandes sollte möglichst kleinteilig erfolgen, um zu detaillierten Erkenntnissen zu kommen.
Hierbei ist die Mitwirkung der Wohnungsunternehmen, Hausbesitzer und Vermieter entscheidende Grundlage für das Gelingen. Ebenfalls zu erfassen sind Flächen, die für die Nutzung durch Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energien geeignet sind, z.B. Dachflächen, Flächen über Parkplätzen und Freianlagen. Es sollten alle Möglichkeiten der Nutzung erneuerbarer Energien aller Art aufgezeigt werden.
Potenzialanalyse
Kern der Potenzialanalyse sind:
- Die Ermittlung möglicher Energieeinsparungen, insbesondere durch energetische Sanierung des Gebäudebestandes.
- Das Aufkommen an Wärme aus der Erschließung aller Quellen erneuerbarer Energien.
- Die Bilanzierung von Bedarf und Aufkommen.
Erst wenn geklärt ist, in welchem Umfang die Sparmaßnahmen den Bedarf senken können, lässt sich der durch erneuerbare Energien zu deckende Wärmebedarf bestimmen. Die flächenmäßige Ausdehnung und Bebauung der Kommune sollten hierbei unbedingt berücksichtigt werden.
Zielszenario
Es enthält die zu erreichenden Ziele und die notwendigen Maßnahmen in zeitlicher Einordnung. Nachdem Klarheit besteht, wie hoch der Wärmebedarf ist, der durch erneuerbare Energien zu decken ist, ist zu entscheiden, welche Teile der Kommune an das Wärmenetz anzuschließen sind und für welche Teile eine dezentrale Wärmeversorgung sinnvoll ist. Als Entscheidungskriterien dienen vor allem die Wärmedichte – Mwh/Hektar/Jahr, Kosten für Erschließung und Betrieb der Wärmequellen, Kosten für Bau und Betrieb des Wärmenetzes und der Speicher sowie ein vorhandener Anschlussgrad an bereits bestehende Netze
und Kosten für ihre Integration.
Eine wesentliche Rolle werden Entscheidungen über den Anschlusszwang spielen. Gegebenenfalls müssen die Kommu-nen entsprechen-de Satzungen erlassen.
Dort wo eine dezentrale Einzelversorgung realisiert wird, ist diese auch auf erneuerbare Energien auszurichten. Nur die Dimensionen werden geringer ausfallen. Die Realisierung des Wärmeplanes wird sich über längere Zeiträume hinziehen und Anpassungen an veränderte Rahmenbedingungen erfahren. Dazu ist er mit der Bauleitplanung zu verbinden bzw. in diese einzubeziehen. Hierbei geht es zum Beispiel um die Freihaltung von Flächen für Netze, Speicher und größere Anlagen für die Solarthermie und Photovoltaik.
Fazit
Der Weg zur klimaneutralen Wärmeversorgung von Gebäuden ist langwierig und erfordert die Lösung zahlreicher Probleme. Den Rahmen hierfür bilden Wärmepläne der Kommunen. Ihre Erstellung und Realisierung ist ohne die tatkräftige Mitwirkung der Wohnungswirtschaft nicht möglich.
Quellen:
Klimaneutralität des Wohnens nur mithilfe grüner Fernwärme
Auf der Expo Real hat die Initiative Wohnen.2050 ihren ersten Bericht zur Erreichung der Klimaschutzziele vorgestellt. Felix Lüter, geschäftsführender Vorstand der Initiative erklärte: „Wir benötigen verbindliche Zeitläufe für das Bereitstellen grüner Fernwärme durch die Energieversorger.
Nur dann können Wohnungsunternehmen diesen als verlässliche Wärmeabnehmer langfristig zur Seite stehen.“
Den ausführlichen Bericht lesen sie auf Seite 22.
Fernwärme und Kunst
Literaturhinweise
www.bdew.de; Abruf am 25. 01. 2021
Ein neuer Weg zu effizienten Wärmenetzen mit Niedertemperaturwärmeströmen – Ein Leitfaden für Kommunen; Umweltbundesamt 11/2020
Grüne Fernwärme für Deutschland – Poten- ziale, Kosten, Umsetzung; Kurzstudie HIC Hamburg Institut Consulting GmbH und Forschungsgesellschaft für Energie- wirtschaft mbH 2021
Kommunale Wärmeplanung – Handlungsleitfaden; KEA Klima- schutz- und Energieagentur Baden-Württemberg GmbH 2020
Dr. Wolfgang Lange
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