Einmalige Heizkostenhilfe und höheres Wohngeld
Finanziert werden sollen die Hilfen für die Bürger unter anderem durch die Abschöpfung der sogenannten „Zufallsgewinne“ bei den Stromerzeugern. Stromerzeuger haben für viele ihrer Kraftwerke weitgehend gleichbleibende Produktionskosten. Trotzdem erhalten sie aufgrund des sogenannten Strommarktdesigns für ihren günstig produzierten Strom den aktuell sehr hohen Marktpreis. Die hohen Gaspreise treiben auch die Strompreise. Denn der jeweils höchste erzielbare Preis bestimmt den Preis für alle Erzeugungsarten. Dadurch fallen bei vielen Energieunternehmen derzeit erhebliche Mehreinnahmen als „Zufallsgewinne“ an. Im Beschlusspapier des Koalitionsausschusses heißt es dazu: „Die für die Soziale Marktwirtschaft wichtige Balance zwischen Chancen und Risiken stimmt hier nicht mehr.“
Diese Hilfen sollen die hohen Wohnkosten abfedern
Einmalige Heizkostenhilfe im Herbst: Die Bezieher von Wohngeld erhalten für die Heizperiode September bis Dezember 2022 einen einmaligen Heizkostenzuschuss. Er beträgt einmalig 415 Euro für einen 1-Personen-Haushalt, 540 Euro für zwei Personen und für jede weitere Person zusätzlich 100 Euro.
Erhöhung und Ausweitung des Wohngeldes: Zum 1. Januar 2023 wird das Wohngeld erhöht. Es wird eine dauerhafte Klimakomponente und eine dauerhafte Heizkostenkomponente enthalten, um die steigenden Energiepreise stärker abzufedern. Zudem wird der Kreis der Wohngeldberechtigten von derzeit 600.000 auf zwei Millionen Bürgerinnen und Bürger erweitert. Nach Auskunft des Bundesbauministeriums seien 40 Prozent der Wohngeldbeziehenden Familien (insbesondere Alleinerziehende), 48 Prozent seien Rentner-Haushalte.
Energiepauschale für Rentner und Studenten: Bei den ersten zwei Entlastungspaketen waren Rentner und Studenten leer ausgegangen, während Erwerbstätige mit dem September-Gehalt eine einmalige Energiekostenpauschale von 300 Euro brutto erhalten haben. Nun wird diese einmalige Energiepauschale von 300 Euro auch an Rentnerinnen und Rentner ausgezahlt. Studenten erhalten die gleiche Leistung in Höhe von 200 Euro.
Einführung einer Strompreisbremse: Privathaushalte sollen durch eine Strompreisbremse vor finanzieller Überlastung geschützt werden. Diese Kostenbremse wird für den Basisverbrauch eingeführt. Den Privathaushalten kann so eine gewisse Menge Strom zu einem vergünstigten Preis gutgeschrieben werden. Neben der Entlastung bleibe gleichzeitig ein Anreiz zum Energiesparen.
Entlastung beim CO2-Preis: Die bisher zum 1. Januar 2023 geplante Erhöhung des CO2-Preises um fünf Euro pro Tonne wird um ein Jahr auf den 1. Januar 2024 verschoben. Damit verschieben sich auch die bisher vorgesehenen Folgeschritte 2024 und 2025 entsprechend um ein Jahr.
Absenkung der Umsatzsteuer auf Gas: Als Ausgleich für die Gasumlage wird die Umsatzsteuer auf den gesamten Gasverbrauch bis Ende März 2024 von 19 auf sieben Prozent gesenkt.
Keine Strom- und Gassperren: Wenn Haushalte ihre Strom- und Gasrechnungen nicht mehr bezahlen können, dürfen die Versorger die Energiezufuhr nicht absperren. Versorgungssperren sollen durch „Abwendungsvereinbarungen verhindert werden“, heißt es im Beschluss der Bundesregierung.
Liquiditätshilfen für Wohnungsunternehmen
Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) betonte in einer eigenen Stellungnahme zum Entlastungspaket, dass sie die Sorgen der Wohnungswirtschaft vor Insolvenzen eingebracht habe. „Bei manchen Unternehmen“, so die Ministerin, „reicht das Geld, das für die Wärmeversorgung der einzelnen Wohnungen vorgestreckt werden muss, für gerade mal fünf Monate.“
Um die kommunalen und sozialen Wohnungsunternehmen bei steigenden Energiekosten zu unterstützen, wird zum einen die befristete Förderung von Betriebsmitteln im KfW-Investitionskredit Kommunale und Soziale Unternehmen bis zum 31. Dezember 2023 verlängert. Private Wohnungsunternehmen können darüber hinaus die regulären ERP-/KfW-Förderkreditprogramme und bei vorübergehenden Liquiditätsengpässen außerdem die regulären Bürgschaftsprogramme von Bund und Ländern zur Liquiditätssicherung in Anspruch nehmen.
GdW sieht die Gefahr sozialer Verwerfungen abgewendet
Auf die Gefahr von Insolvenzen von sozial orientierten Wohnungsunternehmen hatte im Vorfeld der Koalitionsbeschlüsse der GdW das Bundesbauministerium hingewiesen. GdW-Präsident Axel Gedaschko schloss aus der jüngsten Umfrage unter Mitgliedsunternehmen, dass 38 Prozent der Wohnungsunternehmen die Gaspreissteigerungen nicht aus eigener Liquidität bewältigen könnten und daher staatliche Hilfe bräuchten. Existenzbedrohend könne die Situation für 22 Prozent der sozial orientierten Wohnungsunternehmen in ganz Deutschland werden. In einigen Regionen Deutschlands werde mit Heizkostensteigerungen von 200 bis 300 Prozent gerechnet. Wohnungsunternehmen sowie ihre Mieter im ländlichen Raum träfen die Preissprünge besonders hart. Für eine Durchschnittswohnung mit 60 Quadratmetern müssten die Wohnungsunternehmen jetzt schon mit teilweise über 1.600 Euro voraussichtlicher Jahreskosten bei den Energieversorgern in Vorleistung gehen.
In einer ersten Stellungnahme zeigte sich GdW-Präsident Gedaschko insgesamt zufrieden. „Mit dem dritten Entlastungspaket dürfte es gelingen, die größten ansonsten zu befürchtenden sozialen Verwerfungen zu verhindern und so letztlich auch den Zusammenhalt in schwierigen Zeiten zu wahren.“ Allerdings mahnte Gedaschko, die Einzelheiten und Konditionen für die Ausweitung des Empfängerkreises beim Wohngeld sowie für die Liquiditätshilfen für Wohnungsunternehmen zügig konkret auszuformulieren. Vieles sei noch „nebulös“.
Haus & Grund sieht wirksame Entlastung für Mieter
Der Präsident des Eigentümerverbands Haus & Grund; Kai Warnecke, begrüßt die Verbesserungen beim Wohngeld mit dem Heizkostenzuschuss sowie die Ausweitung des Berechtigtenkreises. „Hier wird gezielt jenen geholfen, die sonst in den kommenden Monaten noch größere Probleme hätten, ihre Heizkosten zu zahlen“, sagte Warnecke. Zudem kämen diese Verbesserungen sowohl betroffenen Mietern als auch – über den Lastenzuschuss – betroffenen Haus- und Wohnungseigentümern zugute.
Deutscher Mieterbund vermisst einen „echten Mieterschutz“
Für den Deutschen Mieterbund ist das dritte Entlastungspaket allenfalls ein Schritt in die richtige Richtung. Trotz der Ausweitung und Aufstockung des Wohngeldes im nächsten Jahr, so die Kritik von Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten, gebe es Millionen von Mieterinnen und Mietern, die sich knapp oberhalb der Wohngeldgrenzen bewegen und die ebenfalls dringend einen Heizkostenzuschuss bräuchten. Ausreichender Mieterschutz ist aus Sicht des Deutschen Mieterbundes auch in diesem Entlastungspaket Mangelware, weil es weder ein Kündigungsmoratorium noch einen Energiepreisdeckel enthalte. „Nur wenn Energiepreise gedeckelt, Übergewinne abgeschöpft, die betroffenen Haushalte direkt bezuschusst und vor Wohnungsverlust geschützt werden, kann man von einem wirklichen Entlastungspaket für Mieterinnen und Mieter sprechen“, erklärte Siebenkotten.
Institut IW hat Entlastung pro Haushalt berechnet
Mit insgesamt 20 Maßnahmen fällt das dritte Entlastungspaket der Bundesregierung sehr umfangreich aus. Doch wie groß fällt die Ersparnis für einzelne Haushalte aus? Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) hat nachgerechnet.
Ein wesentlicher Pfeiler des Pakets sei „die längst überfällige Korrektur der Kalten Progression“. Die Bundesregierung verbinde die Streichung der heimlichen Steuererhöhung mit einer Kindergelderhöhung. Allerdings gleiche auch diese lediglich die Inflation aus. Ein weiterer Punkt, der sich im nächsten Jahr unmittelbar auf dem Gehaltszettel bemerkbar machen werde, sei die steuerliche Freistellung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung. Was wie ein großes Entgegenkommen klinge, sei tatsächlich die Reaktion auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts: Das hatte den Schritt bereits gefordert, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden.
Nicht für alle Punkte lasse sich der Effekt genau beziffern, dafür sei einiges noch zu vage formuliert. Auch bei der geplanten Strompreisbremse seien noch einige Fragen offen. Erste Berechnungen der Bundesregierung gingen jedoch von einer Entlastung von 140 Euro für einen Single und von 308 Euro für eine Familie mit zwei Kindern aus. In der Summe aller Maßnahmen komme so für eine Familie mit einem Bruttoeinkommen von 50.000 Euro eine Entlastung von rund 1.110 Euro im Jahr zusammen, Singles mit gleichem Einkommen werden um 566 Euro entlastet.
Redaktion (allg.)
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