Bauen und Wohnen im Koalitionsvertrag

Für das Prinzip Hoffnung reicht’s

Zustimmung, Zuversicht und scharfe Kritik – die Reaktionen von Branchenvertretern auf die wohnungspolitischen Ankündigungen im schwarz-roten Koalitionsvertrag sind vielfältig. Wir fassen wichtige Argumente zusammen und beleuchten die Hintergründe.

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Neubauwohnungen zügiger genehmigt und geplant, schneller und kostengünstiger gebaut? Wenn die neue Regierung sich als handlungsfähig erweist, besteht eine gewisse Chance auf einfacheres Bauen. Bild: U. Kroener / stock.adobe.com
Neubauwohnungen zügiger genehmigt und geplant, schneller und kostengünstiger gebaut? Wenn die neue Regierung sich als handlungsfähig erweist, besteht eine gewisse Chance auf einfacheres Bauen. Bild: U. Kroener / stock.adobe.com

Der GdW Bundesverband deutscher Wohnungsunternehmen ist voll des Lobes wie selten: „Der Koalitionsvertrag ist ein riesiger Schritt nach vorne und steht für mehr und schnelleren bezahlbaren Wohnraum“, so der GdW in seiner ersten Stellungnahme. Lobend erwähnt wird die zeitweise Wiedereinführung der Förderfähigkeit des EH-55-Standards sowie der geplante Investitionsfonds für den Wohnungsbau, mit dem im Zusammenspiel von öffentlichen Garantien und privatem Kapital bezahlbarer Wohnraum finanziert werden soll. Die Koalitionsvereinbarung spricht von „günstigen Finanzierungskonditionen des Bundes, etwa durch die Übernahme von Garantien, damit in angespannten Märkten neue Wohnungen für eine Kostenmiete von unter 15 Euro gebaut werden können. Dies sei, so der GdW, eine seit langem vorgetragene Grundidee des Verbandes und werde sich positiv auf den Wohnungsbau auswirken.

Weniger Bürokratie

Der GdW spricht von „einem riesigen Schritt nach vorne für mehr und schnelleren bezahlbaren Wohnraum“ und verweist auf die Ankündigung der Neu-Koalitionäre, in den ersten 100 Tagen einen Wohnungsbau-Turbo einzuführen und das Baugesetzbuch zu überarbeiten. Für den sogenannten Turbo hat die gescheiterte Ampel-Koalition mit dem Entwurf für einen Paragraphen 246e im Baugesetzbuch Vorarbeit geleistet. Damit sollte der Wohnungsbau in angespannten Märkten vereinfacht und beschleunigt werden, indem kein gesonderter Bebauungsplan vorgelegt werden muss. Der Wohnungsbau durch Etagenaufstockungen und Dachausbauten soll erleichtert werden. Künftig sollen Erweiterungen von Gebäuden überall und nicht mehr nur in angespannten Wohnungsmärkten möglich sein, insbesondere Aufstockungen, auch quartiersweise oder stadtweit, ohne dass ein Bebauungsplan geändert werden muss. In Innenstädten soll leichter verdichtet gebaut werden können, das heißt in zweiter Reihe auf dem Grundstück oder auf Höfen. Bisher scheitert das daran, dass eine solche verdichtete Bebauung häufig nicht dem bisherigen Charakter des Quartiers entspricht. Mit der sogenannten Genehmigungsfiktion geben die Bundesländer den kommunalen Bauämtern vor, dass beantragte Genehmigungen als erteilt gelten, wenn die zuständige Behörde nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten über den Antrag entscheidet.

Ausweitung des Mieterschutzes

Im Gegensatz zu anderen Interessenverbänden verzichtet der GdW auf Kritik an den von der neuen Koalition geplanten rechtlichen Festlegungen zum Schutz von Mieterhaushalten. Der Zentrale Immobilienausschuss (ZIA) stellt dagegen fest: „Eine Verlängerung der Mietpreisbremse schafft keine einzige Wohnung.“ Die Mietpreisbremse ersticke die nötige Investitionsbereitschaft im Keim. Noch schärfer der Widerspruch des Immobilienverbandes Deutschland (IVD). Die positiven Ansätze, den Wohnungsbau durch weniger Bürokratie zu erleichtern, würden durch die geplanten mietrechtlichen Verschärfungen direkt wieder zunichtegemacht. „Man darf das Bauen nicht vom Vermieten abkoppeln.“ Und die Präsidentin des Verwalterverbandes VDIV, Sylvia Pruß, stellt fest: „Wer jetzt von ‚Investitionsoffensiven‘ und ‚Entbürokratisierung‘ spricht, ohne konkrete Maßnahmen zu liefern, wer eine Mietpreisbremse verlängert, ohne Neubau und Eigentumsbildung konkret zu fördern, kann nicht auf eine Lösung der Probleme hoffen.“

Anlass für die Kritik sind folgende Verabredungen aus dem Koalitionsvertrag: Die Mietpreisbremse wird für vier Jahre verlängert. Eine Expertengruppe soll eine Präzisierung der Mietwucher-Vorschrift im Wirtschaftsstrafgesetz vornehmen und ein Bußgeld bei Nichteinhaltung der Mietpreisbremse vorbereiten. In angespannte Märkten sollen die Indexmiete für Wohnräume, die Vermietung von möblierten Wohnungen und die Kurzzeitvermietung stärker reguliert werden. Außerdem werden die Vorschriften über den Umwandlungsschutz (§ 250 Baugesetzbuch) und die Bestimmung der Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt um fünf Jahre verlängert.

Verhinderte Eigentumsbildung

Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) und der Immobilienverband Deutschland (IVD) kritisieren, dass sich die Koalitionsparteien nicht zur Senkung der Grunderwerbsteuer geäußert haben, um Bauen und Erwerb zu stärken. Der IVD wörtlich: „Dieses Regierungsprogramm bestätigt zwar nicht die schlimmsten Befürchtungen der Immobilienwirtschaft, bleibt aber weit hinter den Möglichkeiten zurück, Immobilieneigentum zu erleichtern und Anreize zu geben, wieder mehr in den Wohnungsbau zu investieren.“

Das steht im Koalitionsvertrag

Einigkeit zeigen sich CDU/CSU und SPD mit der globalen Formulierung: Zur Wohneigentumsbildung, zur Neubauförderung und zur Sanierung der Bestände sollen „steuerliche Maßnahmen verbessert, eigenkapitalersetzende Maßnahmen geschaffen und die Übernahme von staatlichen Hypotheken geprüft werden“. Wie sehen Maßnahmen im Einzelnen aus?

Finanzielle und steuerliche Förderung des Wohnungsbaus

Zwei zentrale KfW-Förderprogramme: Die Förderprogramme der KfW sollen zu zwei zentralen Programmen zusammengeführt und vereinfacht werden: ein Programm für den Neubau und eines für die Modernisierung. Damit will die neue Koalition Anreize setzen für „einfaches, klimafreundliches und kostenreduziertes Bauen“. Die Koalitionäre wollen außerdem „die Förderfähigkeit des EH55-Standards zeitlich befristet zur Aktivierung des Bauüberhangs wiederherstellen“.

Investitionsfonds für den Neubau: Zur Vergabe von Eigen- und Fremdkapital soll im Zusammenspiel von öffentlichen Garantien (zum Beispiel der KfW) und privatem Kapital ein Investitionsfonds für den Wohnungsbau aufgelegt und auch kommunale Wohnungsbaugesellschaften durch eigenkapitalentlastende Maßnahmen unterstützt werden.

Neubau unter 15 Euro: Günstige Finanzierungskonditionen des Bundes, etwa durch die Übernahme von Garantien, sollen die Wohnungswirtschaft in die Lage versetzen, in angespannten Mietmärkten in großer Zahl neue Wohnungen für eine Kostenmiete von unter 15 Euro pro Quadratmeter zu bauen.

Sozialer Wohnungsbau: Die Investitionen in den sozialen Wohnungsbau sollen schrittweise „deutlich erhöht“ werden; konkrete Fördersummen nennt der Koalitionsvertrag nicht.

Steuerentlastung: Damit das Vermieten wieder attraktiv wird, sollen Vermieter, die günstigen Wohnraum anbieten, steuerlich belohnt werden. Zur konkreten Ausgestaltung der Vergünstigung sagt der Vertrag noch nichts.

Modernisierungsumlage: Die Modernisierungsumlage soll so geändert werden, dass sie zu Investitionen in den Bestand anreizt und zugleich die Bezahlbarkeit der Mieten besser sichert als bislang. Wie das konkret aussehen kann, steht nicht im Koalitionsvertrag.

Erleichterung des Wohnungsbaus durch weniger Bürokratie

Novelle des Baugesetzbuches: Die neue Koalition will das Baugesetzbuch in zwei Schritten novellieren. Die zukünftigen Regierungsparteien versprechen: „In den ersten 100 Tagen werden wir einen Gesetzentwurf zur Einführung eines Wohnungsbau-Turbos unter Berücksichtigung der kommunalen Planungshoheit vorlegen sowie Lärmschutzfestsetzungen erleichtern.“

Vereinbarkeit von Wohnen und Gewerbe: Die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm), das Bauplanungsrecht und die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) werden weiterentwickelt, um Nutzungskonflikte zwischen Wohnen, Gewerbe und Landwirtschaft zu lösen.

Gebäudetyp E: Der Gebäudetyp E soll zivilrechtlich abgesichert werden, und das Abweichen von den anerkannten Regeln der Technik soll zukünftig keinen Mangel mehr darstellen.

Milieuschutzgebiete: In diesen Gebieten sollen Vorhaben zur Herstellung von Barrierearmut und energetische Sanierung „sozialverträglich“ erleichtert werden. Aber die Vorschriften über den Umwandlungsschutz (§ 250 Baugesetzbuch) und die Bestimmung der Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt werden um fünf Jahre verlängert.

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Rechtlicher Schutz von Mietern

Die neuen Koalitionäre stellen zunächst fest: „Mieter müssen wirksam vor Überforderung durch immer höhere Mieten geschützt werden.“

Mietpreisbremse: Die Mietpreisbremse wird für vier Jahre verlängert. Eine Expertengruppe soll eine Präzisierung der Mietwucher-Vorschrift im Wirtschaftsstrafgesetz vornehmen und ein Bußgeld bei Nichteinhaltung der Mietpreisbremse vorbereiten.

Indexmiete: In angespannte Märkten sollen die Indexmiete für Wohnräume, die Vermietung von möblierten Wohnungen und die Kurzzeitvermietung stärker reguliert werden.

Klimaschutz und Heizungsgesetz

CDU/CSU und SPD stellen zunächst kategorisch fest: „Wir werden das Heizungsgesetz abschaffen.“ Ein neues Gebäudeenergiegesetz wolle man technologieoffener, flexibler und einfacher gestalten. Und: „Die Sanierungs- und Heizungsförderung werden wir fortsetzen“.

Ein grundsätzlicher Wandel zum bisherigen Ansatz, die Gebäudedämmung maximal zu fördern, deutet sich in folgendem Satz an: „Die erreichbare CO2-Vermeidung soll zur zentralen Steuerungsgröße werden.“ Im Kapitel „Klima und Energie“ heißt es, man werde die CO2-Steuer an Bürger und Unternehmen zurückgeben und unbürokratische und sozial gestaffelte Entlastungen und Förderungen beim Wohnen und der Mobilität schaffen. Ein sogenanntes Klimageld zur Entlastung der Haushalte stand schon im Vertrag der zerbrochenen Ampelkoalition, wurde jedoch nicht auf den Weg gebracht.

Alle Ankündigungen im Koalitionsvertrag müssen in den kommenden Wochen und Monaten in Gesetze gegossen werden, was eine handlungsfähige Koalition erfordert. Und die Steuererleichterung und Fördergelder stehen zunächst unter einem Finanzierungsvorbehalt.

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Seite 20 bis 21
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