Seit 2015 geltende Verordnung ist kein Erfolgsmodell
Die seit 2015 geltende Verordnung hat sich bislang nicht gerade als Erfolgsmodell zur Schaffung von mehr bezahlbaren Wohnraum erwiesen – und wird nun vermutlich zum Wahlkampf-Thema. Eine Mehrheit im Bundestag zeichnet sich aber aktuell nicht ab, trotz der Appelle von Bauministerin Klara Geywitz (SPD), des Städtetags und des Mieterbunds. Geywitz erklärte nach der Kabinettssitzung im Dezember 2024, nur durch die Verlängerung könne man die mehr als neun Millionen Haushalte in mehr als 400 Städten und Gemeinden schützen, für die die Mietpreisbremse derzeit gilt.
Städtetags-Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy sagte, der Bundestag möge die verlängerte Mietpreisbremse noch vor den Neuwahlen beschließen. Und Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbunds, hatte schon vor dem Kabinettsbeschluss betont, angesichts explodierender Mieten und fehlender bezahlbarer Wohnungen sei die Mietpreisbremse „momentan wichtiger denn je“.
Kaum Unterstützung aus der Opposition
Während sich auch die Linkspartei für eine schnelle Verlängerung der Mietpreisbremse ausspricht, sieht es für die rot-grüne Bundesregierung mit Unterstützung aus den Reihen von Union, AfD und FDP schlecht aus. Der wohnungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Daniel Föst, erklärte, weitere Verschärfungen des Mietrechts wären „Gift für dringend benötigte Investitionen in den Wohnungsbau und würden den Mangel weiter verschärfen“.
Der CDU-Wohnungspolitiker Jan-Marco Luczak hält den Kabinettsentwurf sogar für verfassungswidrig und spricht gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio von einem „Affront gegenüber dem Bundesverfassungsgericht, das klare Vorgaben für die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in das Eigentum gemacht hat“.
Juristische Fragen
Hintergrund ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2019. Die Karlsruher Richter hatten die Mietpreisbremse damals zwar für rechtens erklärt, aber auch betont, dass ein Eingriff in Eigentumsrechte gute Begründungen erfordere und nicht ohne Weiteres von Dauer sein könne.
Auf diese Vorgaben hatte das Bundesjustizministerium im Oktober noch hingewiesen und damit die Einschränkungen begründet.
Im aktuellen Regierungsentwurf heißt es lediglich, „Maßnahmen zur Erhöhung des Angebots an Wohnraum“ würden nur mittel- und langfristig wirken. Daher sei die Verlängerung der Mietpreisbremse „für einen weiteren Übergangszeitraum“ notwendig.
Ökonomische Bedenken
Kritik an der Verlängerung der Mietpreisbremse kommt auch aus der Wirtschaftswissenschaft. So hatte der Sachverständigenrat Wirtschaft in seinem jüngsten Jahresgutachten darauf hingewiesen, dass der Anreiz, auch einmal eine zu groß gewordene Wohnung aufzugeben, dadurch geschmälert werde. „Generell sollte eine restriktive Mietenregulierung mit abgesenkten Kappungsgrenzen und Mietpreisbremse nur temporär gelten und zwingend mit wirksamen Maßnahmen zur Schaffung von Wohnraum einhergehen“, so das Votum der fünf Wirtschaftsweisen.
Regelung wird häufig schlicht ignoriert
Schon vor der Kabinettsitzung hatte es in der Wohnungswirtschaft im Hinblick auf die Pläne zur Verlängerung der Mietpreisbremse gebrodelt. Die Kritik an der Umsetzung der 2015 erstmals beschlossenen Verordnung wird immer lauter. Viele Vermieter ignorierten oder umgingen die gesetzlichen Regelungen bei Neuvermietung, kritisiert der Berliner Mieterverein. Die Befürworter der Mietpreisbremse kritisieren vor allem, dass Vermieter erst dann reagieren müssten, wenn Mieter klagen. Nach dem Motto „Wo kein Kläger ist, gibt es keinen Angeklagten“.
In der Begründung einer Anfrage an die Bundesregierung durch die Fraktion Die Linke im Bundestag heißt es, es gebe viel nur wenig Kontrollen, ob die Mietpreisbremse überhaupt eingehalten wird. Ahndungen gegen Vermieter sind nicht vorgesehen. Und dass betroffene Mieterinnen und Mieter gegen den Mietpreis klagen, kommt eher selten vor. Viele Mieter wollen es sich mit dem Vermieter nicht verscherzen, außerdem sei eine Klage zu bürokratisch, heißt es oft.
Indes bietet der Mietwohnungsmarkt das bekannte dramatisch Bild: In den deutschen Großstädten ist Wohnraum knapp, die Zahl der Bewerber, die beim Besichtigungstermin in endlosen Schlangen durch die Wohnung laufen, werden immer größer und die Chance, als neuer Mieter auserkoren zu werden, ist gering. Außerdem geht aus einer im November von der Bundesregierung veröffentlichten Drucksache hervor, dass gleichzeitig die Mieten in den Großstädten immer teurer werden. Demnach sind die Mieten im Schnitt in Berlin am deutlichsten gestiegen. Sie verdoppelten sich zwischen 2013 und 2024 von 8,10 Euro pro Quadratmeter auf 16,35 Euro.
Die höchsten Mietpreise hat nach wie vor München. Hier lag der Quadratmeter-Preis 2023 durchschnittlich bei 20,59 Euro. Das ist ein Plus von knapp 50 Prozent im Vergleich zu 2014. Insgesamt lagen die Mieten pro Quadratmeter in acht der 14 Großstädte bei mehr als zehn Euro. 2014 war das nur in München, Stuttgart und Frankfurt am Main der Fall.
Pfandbriefbank: Mehrfamilienhäuser mit stärkstem Preisanstieg
Die Entwicklung der letzten Jahre setzt sich weiter fort. Laut Pfandbriefbank sind die Neuvertragsmieten in Mehrfamilienhäusern im dritten Quartal 2024 weiter gestiegen: Auf Quartalssicht um 0,7 Prozent und auf Jahressicht sogar um 5,6 Prozent. Die Renditen von Mietobjekten, gemessen am vdp-Index für Liegenschaftszinsen, nahmen auf Jahressicht um 5,3 Prozent zu. Dies sei allerdings der geringste Renditeanstieg seit dem dritten Quartal 2022.
„Wohnraum ist jetzt schon ein viel zu knappes Gut. Dennoch werden Monat für Monat weniger Baugenehmigungen gemeldet, die Baufertigstellungen verharren auf viel zu geringem Niveau. Die Situation auf dem Wohnungsmarkt spitzt sich weiter zu“, betonte Jens Tolckmitt, Hauptgeschäftsführer des Verbandes deutscher Pfandbriefbanken (vdp).
Tolckmitt appelliert trotz der Regierungskrise an die politischen Akteure: „Es bedarf dringend entschlossener Maßnahmen, die den Wohnungsbau schnell und spürbar beleben. Diese Entscheidungen vertragen keinen weiteren Aufschub.“
Steigende Immobilienpreise in Top 7-Städten
In den sieben größten Städten zogen die Kaufpreise im vdp-Index für das dritte Quartal 2024 gegenüber dem Vorquartal ausnahmslos an – am stärksten in Frankfurt am Main (plus 1,6 Prozent) sowie in Düsseldorf und München (jeweils plus 1,5 Prozent).
Auf Jahressicht war die Entwicklung uneinheitlich: Köln verzeichnete in diesem Zeitraum ein Preisplus von 1,4 Prozent, Berlin von 0,4 Prozent und Frankfurt am Main von 0,1 Prozent. In München (minus 1,7 Prozent), Düsseldorf und Stuttgart (jeweils minus 1,5 Prozent) sowie Hamburg (minus 0,2 Prozent) haben die Preise noch Nachholbedarf. Einheitlich zeigte sich die Entwicklung der Neuvertragsmieten in Mehrfamilienhäusern in den sieben Top-Metropolen, die alle deutliche Anstiege – durchschnittlich um plus 4,6 Prozent – vermelden konnten. Den größten Renditezuwachs im dritten Quartal 2024 erreichte Stuttgart (plus 5,4 Prozent), knapp vor München (plus 5,3 Prozent), Berlin (plus 5,2 Prozent) sowie Düsseldorf (plus 5,1 Prozent).
Im Durchschnitt belief sich der Renditeanstieg in den sieben Metropolen auf plus 4,7 Prozent.
Vermieter haben keine Sanktionen zu fürchten
Aus Sicht der Kritiker der Mietpreisbremse ist die Verordnung gescheitert und wirkungslos, es sei denn, die Vorgaben würden stark verschärft. Ein Bericht des Portals Mietenmonitor kommt zu dem Schluss, dass die Mietpreisbremse ihr Ziel deshalb verfehle, weil Vermieter keinen finanziellen Anreiz hätten, sich an die Regelung zu halten und selbst bei aufgedeckten Verstößen weder ein Bußgeld noch eine andere Sanktion vorgesehen ist.
Laut Mietenmonitor UG, einem Unternehmen, das für eine exemplarische Studie zum Düsseldorfer Wohnungsmarkt im Auftrag des Mietervereins mit einer speziellen Software Immobilienanzeigen durchforstet und Mieten herausgefiltert hat, die überteuert sein könnten, verstößt ein Viertel der Angebote gegen die Mietpreisbremse.
Kritik von der Wohnungswirtschaft
GdW-Präsident Axel Gedaschko warnt davor, übereilt eine Entscheidung zu treffen. Die Prüfung über das ‚Ob‘ und ‚Wie‘ der Mietpreisbremse solle dem neu gewählten Bundestag überlassen werden. „Es bleibt ausreichend Zeit für die Prüfung, inwieweit steigende Preise, eine Vielzahl regulatorischer Eingriffe und die Beschränkung der Einnahmen durch das Mietrecht nicht gerade dazu geführt haben, dass die Zahl der Baugenehmigungen seit 2022 rückläufig ist und sich angespannte Wohnungsmärkte zementiert haben“, sagt Gedaschko.
„Auch ist kritisch zu betrachten, dass die Mietpreisbremse nicht zwischen einkommensschwachen Mieterinnen und Mietern und solchen, die sich auch höhere Mieten problemlos leisten können, differenziert. Die Mietpreisbremse gilt unabhängig des Einkommens“, sagt Gedaschko. Die Mietpreisbremse müsste an Bedingungen geknüpft werden. Sie sollte nur dann verlängert werden, wenn parallel mit der Ausweisung angespannter Wohnungsmärkte zum Beispiel
- zusätzliche Bauflächen ausgewiesen werden,
- Nachverdichtungspotenziale genutzt werden,
- zusätzliches Personal in den Bauämtern bereitgestellt wird,
- die Anforderungen an den Neubau deutlich abgesenkt werden („Regelstandard E“)
Es wäre zu prüfen, ob die Mietpreisbremse angespannte Wohnungsmärkte zementiert", sagt Axel Gedaschko, GdW-Präsident.
BFW: Bremse ist Eingriff in Eigentumsrechte
Der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) weist darauf hin, dass es sich bei der Mietpreisbremse um einen weiteren mietrechtlichen Eingriff in die Eigentumsrechte handelt. Erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit blieben bestehen. Insbesondere um die verfassungsrechtlich geforderte Übergangslösung handele es sich bei der mittlerweile seit 2015 geltenden Mietpreisbremse nicht mehr.
BFW-Präsident Dirk Salewski sagt: „Es ist unmöglich, dass mit der Mietpreisbremse erschwinglicher Wohnraum für breite Bevölkerungsschichten gesichert werden kann. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es Investitionen in den Wohnungsbau. Davon sind wir aktuell weit entfernt. Wir haben bekanntermaßen eine Wohnungsbaukrise. Wir sind weit von der verfassungsrechtlichen Vorgabe entfernt, dass eine Mietpreisbremse als vorübergehendes Schmerzmittel zur Abmilderung von Symptomen durch eine wirksame Wohnungsbauoffensive flankiert wird.“
„Die Marktteilnehmer wissen schlichtweg nicht, was zukünftig noch alles an Regulierung auf sie zukommt. Planungssicherheit und valide Wirtschaftlichkeitsberechnungen werden beeinträchtigt oder verhindert. Verringern sich Mietanpassungspotenziale bei der Weitervermietung, sinkt auch die Investitionsbereitschaft der Vermieter“, heißt es in einer Presseerklärung des BFW.
Auch die Bestandssanierung ist gefährdet
Das Gleiche gelte für die Bestandsbewirtschaftung. Staatliche Eingriffe in den Markt verunsicherten die Marktteilnehmer. Die Investitionsbereitschaft sinke. Sanierungen werden aufgeschoben. Bestände würden teilweise aufgegeben. Wenn Investitionen im Bestand ausbleiben, nähere sich die Wohnqualität schrittweise dem staatlich regulierten Mietpreis an. Ein sinkender Standard der Wohnungen wäre die Folge.Auch energetische Sanierungen könnten dann aus wirtschaftlicher Sicht unattraktiv für den Vermieter werden.
Und: Verdrängungsprozesse würden bei Neu- und Wiedervermietung auch durch mietpreisrechtliche Eingriffe nicht verhindert. Bei 50 Bewerbern für eine Wohnung gehen auch weiterhin 49 leer aus. Damit bleiben die Vermögensverhältnisse das entscheidende Kriterium bei der Wiedervermietung. Der Mieter mit der besten Bonität bekommt die Wohnung“, warnt der BFW.

"Die Mietpreisbremse verhindert den Bau von erschwinglichen Wohnungen" sagt Dirk Salewski, BFW-Präsident. Bild: BFW

"Es braucht dringend entschlossene Maßnahmen, die den Wohnungsbau schnell beleben", ist Jens Tolckmitt, Hauptgeschäftsführer Verband deutscher Pfandbriefbanken, überzeugt. Bild: vdp
415 Gemeinden stehen auf der Bremse
Christina Hövener-Hetz


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