Heizungsmodernisierung im Bestand

Hybridanlage mit Wärmepumpe ersetzt alte Gas-Heizkessel

Vier Zeilenbauten der späten 1960er-Jahre in Aachen Mitte waren reif für eine umfassende energetische Sanierung. Dabei wurden auch die atmosphärischen Gas-Heizkessel durch Hybridheizungen mit Wärmepumpen und Gas-Brennwerttechnik ersetzt. Eine noch nicht alltägliche Lösung

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Fassadendämmung und Photovoltaikelemente auf den Dächern kennzeichnen die sanierten Gebäude. Bild: Michel König/Wildenberg
Fassadendämmung und Photovoltaikelemente auf den Dächern kennzeichnen die sanierten Gebäude. Bild: Michel König/Wildenberg

Das Aachener Familienunternehmen Fecken-Kirfel stellt spezielle Schneidemaschinen her zur Bearbeitung von Hart- und Weichschaum sowie von Kunststoffen, Kork und ähnlichen Materialien. Die Immobilienverwaltung zählt nicht zu diesem Kerngeschäft. Trotzdem gehören auch einige Häuser mit insgesamt 300 Mietwohnungen zum Familienvermögen. Mit den Immobilien möchten die Eigentümer möglichst wenig Umstände haben und bemühen sich daher um eine beständig hohe Mieterzufriedenheit. Hierfür lohnt es sich, regelmäßig in den Erhalt der Gebäudesubstanz zu investieren und durch sinnvolle Modernisierungsmaßnahmen die Energieverbräuche und Nebenkosten niedrig zu halten. Die Mieterinnen und Mieter schätzen das, die Fluktuation ist gering, manche Mieter leben schon seit 50 Jahren (Erstbezug) in ihren Wohnungen, die durchschnittliche Mietdauer liegt bei über zehn Jahren.

Energetische Ertüchtigung von vier Geschosswohnhäusern

In den Jahren 2020 bis 2023 wurde die umfassende energetische Sanierung von vier benachbarten Zeilenhäusern mit je vier Vollgeschossen geplant und durchgeführt. Insgesamt handelt es sich um 64 Wohneinheiten. Eine besondere Herausforderung bestand darin, die Arbeiten möglichst störungsarm und sensibel für die Mieter durchzuführen, die während der gesamten Sanierungsdauer in ihren Wohnungen verbleiben sollten. Neben der Dämmung der Gebäudehülle inklusive Dach und Fenstertausch war die Modernisierung der veralteten Wärmeversorgung ein wesentlicher Teil der geplanten Maßnahmen. Insbesondere sollten die veralteten Gas-Heizkessel ersetzt werden.

Am Anfang des Projekts stand die Gebäudehülle

Im ersten Schritt wurde deshalb eine 16 Zentimeter dicke Fassadendämmung aufgebracht. Zusätzlich wurden die unter den Wohnungen liegenden Garagendecken und -tore gedämmt und neue Fenster mit einem U-Wert von 0,8 eingebaut. Anschließend bekam jeder Wohnblock Photovoltaikanlagen mit einer Leistung 60 kWp aufs Dach. Diese deckten bislang den überwiegenden Strombedarf in den Häusern, lediglich im Dezember und Januar muss Strom aus dem öffentlichen Netz zugekauft werden. Es wird eine Selbstversorgung von über 60 Prozent erreicht. Die mit der Photovoltaik gewonnene elektrische Energie sollte über ein attraktives Mieterstrommodell vor allem in den Häusern selbst genutzt werden.

Die energetische Sanierung hätte auch aktuelle GEG-Standards erfüllt

Noch ohne die aktuellen Verpflichtungen zur Nutzung erneuerbarer Energieträger zu kennen, wie sie das zu Jahresbeginn 2024 in Kraft getretene Gebäudeenergiegesetz vorschreibt, sollte die neue Heizung zu einem wesentlichen Teil mit regenerativer Energie betrieben werden. Dem Bauherrn wäre eine Vollversorgung der Gebäude ausschließlich über Wärmepumpen am liebsten gewesen. Im Zuge einer umfassenden energetischen Analyse der Gebäude kamen allerdings Zweifel daran auf, dass die damit erzeugte Energie bei extremen Minustemperaturen noch ausreichen würde, um die in den Wohnungen vorhandenen Radiatoren mit dem erforderlichen Temperaturniveau zu versorgen. Deshalb entschied man sich, zur Spitzenlastabdeckung sicherheitshalber zusätzlich auf Gas-Brennwertkessel zu setzen. Alle Heizungskomponenten sollten von ein und demselben Hersteller stammen, damit man ein bestmöglich kommunizierendes System erhielte. Die Wahl fiel auf Komponenten des norddeutschen Herstellers Brötje. Dessen über Jahre hinweg fortentwickelte hochwertige Wärmeerzeuger schienen in ihrer Vernetzung am ausgereiftesten zu sein.

Zusammenspiel der Komponenten bestimmt die Effizienz der Hybridheizung

Pro Häuserblock wurde eine Wärmepumpe Brötje BLW NEO mit 18 kW in Verbindung mit einem Gas-Brennwertkessel Brötje WGB 50 IE installiert, ferner je ein Pufferspeicher mit 300 Litern und ein weiterer mit 500 Litern Volumen. Die Außeneinheiten der Wärmepumpen wurden auf besonders elegant wirkende Aluminiumsockel montiert. Die Bauherren und der Heizungsbauer loben diese Wärmepumpensockel gleichermaßen, nicht nur der Optik wegen, sondern auch wegen der Öffnungen für alle notwendigen Anschlüsse, mit denen Wartungen besonders leicht vonstattengehen.

Zu den Produktvorzügen der Hybridheizung mit einer Wärmepumpe der Familie BLW NEO und einem Gas-Brennwertkessel der Baureihe WGB zählen ein großer Modulationsbereich von 10 bis 100 Prozent der Gesamt-Heizleistung, die Abdeckung der Grund-last über regenerative Energie sowie eine schnelle Reaktion auf hohe Leistungs- und Temperaturanforderungen.

Hoher Eigenstromanteil aus Photovoltaik hält die Energiekosten gering

Die großflächige Belegung der Dachflächen mit Photovoltaikelementen spielt eine wesentliche Rolle für die Nachhaltigkeitsbilanz der Energieversorgung. Auf jedem der insgesamt vier Einzelgebäude wurden über 140 Module mit einer Gesamtleistung von 60 kWp installiert. Diese Investition amortisiert sich unter anderem durch ein attraktives Mieterstrommodell, bei dem die einzelnen Haushalte häufig weniger Stromkosten bezahlen als bei ihrem bisher auf dem freien Markt gewählten Anbieter. Ein Teil der Stromerzeugung wird natürlich auch zum Betrieb der Wärmepumpen genutzt und hält deren Betriebskosten gering.

Ein Modell für zehn weitere Sanierungsprojekte

Die energetische Sanierung der Mehrfamilienhäuser aus den 1960er-Jahren bildete nur den Auftakt für zehn weitere Projekte, die vom Unternehmen Fecken-Kirfel verwaltet werden und die auf vergleichbare Weise modernisiert werden sollen. Genaue Zahlen liegen wegen der Kürze der Betriebsdauer zwar noch nicht vor, aber die bisherigen Erfahrungen und überschlägige Daten aus den hier gezeigten Objekten deuten bereits darauf hin, dass auch in weiteren Gebäuden eine Hybridheizung mit Wärmepumpen und Gas-Brennwertkesseln zum Einsatz kommen wird.

„Anfangs gab es viel Unruhe unter den Mietern“

Während die Arbeiten am ersten Zeilenbau in der Feldstraße in Etappen nacheinander ausgeführt wurden und sich über einen Zeitraum von zwei Jahren erstreckten, hat man sich beim gleichartigen Objekt in der Straße „Zum Kirschbäumchen“ bemüht, möglichst viele Arbeiten parallel und ohne Pausen durchzuziehen. So war die Sanierung hier bereits nach 15 Monaten abgeschlossen. Dieser Ansatz wird auch Prämisse für die nächsten Projekte sein. „Anfangs gab es etwas Unruhe unter den Mietern, bis die Heizung eingeregelt war“, erinnert sich Bauherr Claus Schiffler. „Teilweise war es doch zu kühl. In enger Zusammenarbeit mit dem SHK-Betrieb und Energieberater sowie in Abstimmung mit den Mietern wurde die Temperatur daher kurzfristig höher eingestellt als geplant, um sie dann schrittweise wieder zu senken“.

„Jetzt fahren wir mit 40 Grad Vorlauf und 35 Grad Rücklauf. Die Spreizung liegt teilweise bei zehn Grad“, so Michel König vom SHK-Betrieb Wildenberg. „Für die Mieter waren es zunächst harte Zeiten. Wir waren im dauernden Austausch und haben transparent informiert. Ausgezogen ist am Ende niemand.“

Objekt: 4 viergeschossige Mehrfamilien-Zeilenhäuser mit je 8 Wohneinheiten, Bj. 1967/1968

Bauherr: Claus Schiffler, Aachen

SHK-Betrieb: W. Wildenberg Heizung-Sanitär, Aachen

Wärmedämmung: Fassadendämmung 16 cm, gedämmte Garagendecken, gedämmte Garagentore, neues Dach, Fenster U-Wert 0,8 – mit BAFA-Förderung

PV-Anlage: über 200 Module je Häuserblock, 600 kWp

Heiztechnik: Hybridanlage kombiniert aus (Angaben je Häuserblock mit 16 WE):

  • Luft-/Wasser-Wärmepumpe Brötje BLW NEO 18 (18 kW) mit Brötje Hydro-/Powerbox
  • Gas-Brennwertkessel Brötje WBG 50 IE
  • 2 Pufferspeicher Brötje (300 l und 500 l)

Michaela Waldecker

Michaela Waldecker
Geschäftsführerin Waldecker PR
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Seite 40 bis 41
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