Kein Mietzuschlag bei Untervermietung

Die Vermietung von Wohnungen über Online-Portale verursacht Nutzungskonflikte auf verschiedenen Ebenen. In dem vorliegenden Fall versuchte ein Vermieter, den wirtschaftlichen Vorteil abzuschöpfen und damit im Ergebnis die Untervermietung zumindest uninteressant zu machen.

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Bild: M. Eisinger
Bild: M. Eisinger

Die Untervermietung über Internetportale begründet keinen Anspruch des Vermieters auf einen erhöhten Mietzins.

AG Karlsruhe, Urteil vom 6. Dezember 2022 – 6 C 615/22

Problemstellung

Die Vermietung von Wohnungen über Online-Portale verursacht Nutzungskonflikte auf verschiedenen Ebenen. Die Kommunen befürchten eine Verknappung von Wohnraum durch Zweckentfremdung für touristische Zwecke. Betroffene Wohnungseigentümergemeinschaften befürchten eine erhöhte Abnutzung auch des Gemeinschaftseigentums durch häufige Ein- und Auszüge. Das gilt entsprechend für Vermieter. In dem vorliegenden Fall versuchte ein Vermieter, den wirtschaftlichen Vorteil abzuschöpfen und damit im Ergebnis die Untervermietung zumindest uninteressant zu machen.

Die Entscheidung

Im Sommer 2015 vermietete die Klägerin an den Beklagten eine Dachgeschosswohnung zum 1. August 2015. Die monatliche Gesamtmiete setzte sich aus einer Grundmiete von 510 Euro und einer Betriebskostenvorauszahlung von 85 Euro zusammen. Die Klägerin verwendete dazu ein Vertragsmuster eines bekannten Eigentümervereins. Dieses Vertragsmuster enthält unter anderem folgende Regelung:

„Bei Untervermietung, sonstiger anderweitiger Überlassung oder gewerblicher Nutzung der Mietsache oder von Teilen derselben sind – soweit gesetzlich zulässig – ab Beginn Zuschläge zu zahlen. Diese richten sich nach Art und Umfang der Nutzung sowie nach dem vom Mieter erzielten zulässigen Entgelt.“

Ab Sommer 2020 vermietete der Beklagte die Wohnung immer wieder über verschiedene Online-Buchungsportale. Die dadurch von dem Beklagten erzielten Einnahmen sind zwischen den Parteien streitig. Im September 2021 beendete der Beklagte die Untervermietung der Wohnung. Zu Ende Februar 2022 kündigte der Beklagte das Mietverhältnis ordentlich und fristgerecht. In dem von den Parteien bei Übergabe der Mietsache erstellten Protokoll sind bis auf einen defekten Rollladengurt keine Mängel vermerkt. Die Klägerin verlangt nunmehr von dem Beklagten einen erhöhten Mietzins in Höhe von immerhin rund 15.000 Euro.

Das Amtsgericht wies die Klage ab. In erster Linie war zu prüfen, ob sich aus der oben zitierten Vertragsklausel ein vertraglicher Anspruch des Vermieters auf einen erhöhten Mietzins ergibt. Bei dem vom Vermieter verwendeten Vertragsformular handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Dafür spielt es keine Rolle, dass das Vertragsmuster nicht von dem Vermieter selbst, sondern von einem Eigentümerverein formuliert wurde. Auch dann, wenn das Vertragsformular von einem Dritten stammt, bleibt es ein Vertragsformular. Auch dem Erfordernis der sogenannten Mehrfachverwendungsabsicht ist Genüge getan. Der Dritte, der das Vertragsmuster entworfen hat, hat es nämlich für die vielfache Verwendung vorgesehen. Deswegen hat er es an seine Mitglieder als Formular herausgegeben. Ob das jeweilige Mitglied selbst die mehrfache Verwendung plant oder nicht, ist irrelevant. Die verwendete Klausel muss daher den Regelungen zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen der §§ 307 ff. BGB genügen.

Nach § 307 Abs. 1 BGB darf eine vorformulierte Vertragsklausel den Vertragspartner des Verwenders nicht unangemessen benachteiligen. Nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB kann das insbesondere der Fall sein, wenn die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Bereits daran fehlt es. Aus der Vertragsklausel geht nicht hervor, wie der Zuschlag zum Mietzins berechnet werden könnte. Der Zuschlag zum Mietzins soll sich nach Art und Umfang der Nutzung sowie nach dem vom Vermieter erzielten Entgelt richten. Der Mieter kann nicht ansatzweise vorausberechnen, welchen Anteil des von ihm erzielten Untermietzinses er an den Vermieter abzugeben hat. Ist es die Hälfte des Untermietzinses, wenn er die Hälfte der Wohnung untervermietet oder mehr oder weniger? Die Vertragsklausel ist damit intransparent und verstößt gegen § 307 Abs. 1 S. 2 BGB.

Die Vertragsklausel verstößt weiter gegen § 553 Abs. 3 BGB. Danach sind von § 553 Abs. 1 und Abs. 2 BGB abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Mieters stets unwirksam. Nach § 553 Abs. 2 kann der Vermieter die Erlaubnis zur Untervermietung von einer angemessenen Erhöhung der Miete nur dann abhängig machen, wenn ihm ansonsten die Untervermietung unzumutbar wäre. Entgegen der in dem Mustervertrag verwendeten Klausel ist es also gerade nicht so, dass der Vermieter in jedem Fall der Untervermietung einen Zuschlag zur Miete verlangen kann. Ein vertraglicher Anspruch des Vermieters lässt sich also nicht begründen.

Konsequenzen

Die Untervermietung von Wohnraum über Online-Plattformen mag dem einen oder anderen Beteiligten noch so sehr ein Dorn im Auge sein. Die Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils beim Mieter dürfte – zumindest nach dem derzeitigen Regelungsstand – kein erfolgreiches Mittel sein. Auch wenn sich die vom Gericht beklagte Intransparenz der hier verwendeten Musterklausel beseitigen ließe, indem man z.B. regelt, dass der Mieter einen bestimmten Prozentsatz des erzielten Untermietzinses abgeben muss, verstößt die Klausel immer noch gegen § 553 Abs. 2 BGB. Die Frage, ob dem Vermieter die Untervermietung nur gegen einen Zuschlag zur Miete zumutbar ist oder nicht, ist stets eine Entscheidung des Einzelfalles und dürfte daher einer Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen grundsätzlich nicht zugänglich sein.

Praxistipp

Die unerwünschte kurzfristige Untervermietung an touristische Nutzer lässt sich unseres Erachtens nur dadurch verhindern, dass im Einzelfall Vermieter konsequent von ihrem Kündigungsrecht Gebrauch machen, soweit Mieter ohne vorherige Zustimmung des Vermieters entgegen § 553 Abs. 1 BGB die Wohnung untervermieten. Ansonsten wird man auf eine Maßnahme des Gesetzgebers warten müssen. JM

Dr. Jonas Müller

Dr. Jonas Müller
RA, FA für Bau- und Architektenrecht, wronna+partner.gbr
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