„Das verzerrte Mieten-Bild entsteht dadurch, dass gerade in angespannten Märkten die preisgünstigen Wohnungen der GdW-Unternehmen kaum über Online-Plattformen vermittelt werden“, sagt Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW. Das treffe generell auch für andere preisgünstige Wohnungen zu, die über Empfehlungen und unter der Hand neu vermietet werden. Wohnungsgenossenschaften hätten oft lange Wartelisten und die kommunalen Unternehmen könnten ihren Wohnungsbestand aufgrund der dargestellten Preisvorteile oft ohne die Unterstützung kommerzieller Plattformen neu vermieten.
Mietpreis-Statistik der Internetportal ist nicht repräsentativ
Aussagen zur Entwicklung der Mieten basierten überwiegend auf Daten, die die Realität verzerrt wiedergeben. Es handele sich dabei um Auswertungen allein aus den Angebotsmieten neu- und wiedervermieteter Wohnungen – und diese beruhten mangels Alternativen oft allein auf Daten der Vermittlungsplattformen. Dabei werde ohne die nötige wissenschaftliche Sorgfalt darüber hinweggegangen, dass das aus Online-Plattformen ermittelte Mietniveau keineswegs repräsentativ sei.
Bei einem Marktanteil der sozialen Wohnungswirtschaft von 30 Prozent am Mietwohnungsmarkt klaffe in den Statistiken von Online-Plattformen also eine große Lücke, wenn dort die deutlich moderateren Angebotsmieten der Wohnungsunternehmen zum größten Teil nicht berücksichtigt sind.
BBU verlangt „Real- statt Virtualmieten“
Auch die Chefin des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), Maren Kern, nutzt den aktuellen Marktbericht (BBU-Markmonitoring 2020) für einen kräftigen Seitenhieb auf die Vermietungsplattformen. Auf der Basis von fast einer Million Bestands-, Neumietverträgen und Neubaumieten biete der BBU-Marktmonitor „Real- statt Virtualmieten“. Während die Portalstatistiken stets nur steigende (Angebots-)Mieten anzeigten, gehe aus dem BBU-Marktmonitor hervor, dass die Mieten in Berlin und Brandenburg im Jahr 2020 stabil waren oder sogar eine leicht sinkende Tendenz zeigten. „Solche wichtigen Fakten spielen in der Diskussion um zentrale wohnungs- und mietenpolitische Weichenstellungen leider oft nur eine untergeordnete Rolle. Das muss sich ändern, gerade auch mit Blick auf die anstehenden wichtigen Abstimmungen in Bund und Ländern“, mahnte BBU-Chefin Maren Kern.
88 Prozent der GdW-Unternehmen liegen unter den Mietmittelwerten der Portale
Eine aktuelle Umfrage bei allen GdW-Unternehmen zur Höhe der Neu- und Wiedervermietungsmieten unterstreiche das Daten-Problem: Die Vermietungsangebote der Wohnungswirtschaft, die in den Auswertungen der Online-Plattformen nicht vorkommen, seien deutlich günstiger als die in Inseraten aufgerufenen Wohnungsangebote. So lägen 88 Prozent der Angebote für neu- und wiedervermietete Wohnungen bei den GdW-Unternehmen unter dem Median der Angebotsmieten, die sich auf veröffentlichte Inserate stützen. Die aus den Daten der Online-Plattformen abgeleitete, hohe allgemeine Steigerung der Mieten sei deutlich überzeichnet. „Die Daten von Online-Plattformen sollten nicht als Grundlage für politische Entscheidungen herangezogen werden, schon gar nicht als Begründung für einen Mietenstopp oder ein Mietenmoratorium“, sagt GdW-Präsident Axel Gedaschko.
Für Brandenburg meldet der BBU sinkende Neuvermietungsmieten. In den Städten des Berliner Umlands lagen sie bei den BBU-Mitgliedsunternehmen 2019 im Durchschnitt bei 6,72 Euro nettokalt pro Monat und Quadratmeter Wohnfläche – ein Minus von 0,4 Prozent.
Für den Wohnungsmarkt in Berlin stellt der BBU-Monitor fest: Die Annahme, dass die Mieten in der Hauptstadt schneller steigen als die Einkommen, sei falsch. In Berlin sei es 2019 genau andersrum gewesen. Die durchschnittlichen Neuvertragsmieten bei den BBU-Mitgliedsunternehmen stiegen auf 7,95 Euro um 1,9 Prozent. Gleichzeitig seien die Haushaltseinkommen aber um 3,6 Prozent gestiegen – also fast doppelt so schnell. (Red.)
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