Die Branchenverbände BBU Verband Berlin-Brandenburgische Wohnungsunternehmen und IVD Nord setzen sich unabhängig voneinander für eine „Versachlichung“ der Diskussion über steigende Mieten ein. Eine Mietpreisexplosion gebe es nicht. Die Preisangaben in den Immobilienportalen trügen maßgeblich zu diesem falschen Bild bei.
Anika Schönfeldt-Schulz, Vorsitzende des IVD Nord: „Die Diskussion um die Steigerung Mietpreise muss versachlicht werden, um keine falschen Emotionen oder sogar Aggressionen zu schüren, die im schlimmsten Fall zu einer Spaltung in der Gesellschaft führen. Deswegen ist es wichtig, faktisch zu bleiben. So verzeichnen wir aktuell keine der viel zitierten Mietpreisexplosion in Hamburg, sondern sehen, dass in den letzten Jahren der Mietpreisanstieg nicht über der aktuellen Inflationsrate von 3,8 Prozent liegt.“
IVD Nord: Keine Mietpreisexplosion in Hamburg dank starker Neubautätigkeit
Nach Angaben des IVD Nord verzeichnen die Neuvertragsmieten bei Bestandswohnungen in Hamburg für das Jahr 2020 einen Anstieg zwischen ein und zwei Prozent, je nach Lage und Ausstattung der Wohnung. 2019 habe die Steigerung noch 1,5 bis 3 Prozent betragen, 2018 lag sie bei 1,5 bis 2 Prozent.
Diese Tendenzen zeige auch eine aktuelle Analyse des Immobilienverbandes Deutschland IVD. Dazu habe IVD-Research bundesweite Preisdaten und Daten aus 14 Großstädten des Statistischen Bundesamtes (Destatis), des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBSR), des unabhängigen Forschungsinstituts F+B sowie eigene Daten verglichen. Demnach steigen sowohl bundesweit als auch in Hamburg die Mieten seit 2018 deutlich langsamer als in den Jahren zuvor. Grund für die geminderte Dynamik des Mietpreisanstiegs sind die gestiegenen Baufertigstellungen. Diese lagen laut Statistischem Bundesamt in Hamburg 2020 bei 11.269, 2019 bei 9.805, 2018 bei 10.674 und 2017 bei 7.920 Wohnungen.
In der Mietpreisdiskussion sei es wichtig, `echte´ Daten als Grundlage zu betrachten und nicht Angebotsmieten aus Internetportalen. Diese verfälschten das Bild und zeigten nicht den echten Mietmarkt. Viele Wohnungen würden ohne ein Internetangebot an Nachmieter oder vorgemerkte Interessenten vermietet, berichtet die IVD Nord-Vorsitzende Schönfeldt-Schulz.
Für eine „längst überfällige Versachlichung der wohnungspolitischen Diskussion“ warb auch die BBU-Vorständin Maren Kern auf der Jahrespressekonferenz des Verbandes.
BBU: Günstige Mietwohnungen nur zu geringem Teil auf Portalen inseriert
Zur Versachlichung der Diskussion gehöre auch ein starkes Faktenfundament. Aus diesem Grund habe der BBU seine Berliner Unternehmen gefragt, wo sie ihre Wohnungsangebote annoncieren. Das klare Ergebnis: Von den rund 44.000 Wohnungen, für die bei ihnen 2020 neue Mietverträge abgeschlossen worden sind, wurden für weniger als 12.000 Wohnungen Anzeigen (rd. 28 %) in kommerziellen Online-Portalen geschaltet. Kern: „Gerade unsere Mitgliedsunternehmen bieten günstige Mieten auch beim Abschluss neuer Mietverträge.
Deshalb liegt auf der Hand: Je weniger sie im Vergleich zu anderen Anbietern in den kommerziellen Immobilien-Portalen schalten, desto stärker werden die Portalmieten nach oben verzerrt. Sie zeigen deshalb nur einen Ausschnitt der Realität, aber längst nicht das ganze Bild.“ Das Gros der Wohnungen werde auch weiterhin beispielsweise über Annoncen auf der eigenen Webseite, das Portal www.inberlinwohnen.de (von den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften), Wartelisten (bei Genossenschaften) oder Aushängen bzw. in Schaukästen in den Quartieren vergeben. (Red.)
auch interessant:
Biete groß, suche klein
Bewerbungsprozess zwischen Mieter und Vermieter
Wohnungswirtschaft dämpft Mietpreisentwicklung
„Portale verzerren Mietpreisstatistik“
Gestiegene Angebotsmieten in Großstädten
Welche Daten dürfen Vermieter vom Mieter erheben?
Thomas Engelbrecht
