„Immobilienportale spiegeln eher teure Mieten“
Die rund 3.000 Mitgliedsunternehmen des GdW – Genossenschaften, kommunale und kirchliche Wohnungsunternehmen – würden ihre Mietwohnungen überwiegend nicht auf den gängigen Immobilienportalen inserieren, weil bei diesen „sozialen Vermietern“ lange Wartelisten von Interessenten bestünden. Dadurch flössen in die Mietpreisstatistiken der Portale überwiegend die teureren Wohnungen ein. Die relativ hohen Angebotsmieten der Portale hätten jedoch entscheidenden Einfluss auf den politischen Ehrgeiz zu weiteren mietrechtlichen Verschärfungen zur Begrenzung von Miethöhen.
Bei Wiedervermietung bundesweit um 28 Prozent günstiger
Vor diesem Hintergrund hat der GdW in Kooperation mit dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) die Erst- und Wiedervermietungsmieten der gängigen Online-Portale mit denen der GdW-Unternehmen verglichen. Danach waren Wohnungen in Mehrfamilienhäusern, die im Zuge eines Mieterwechsels wiedervermietet werden, bei den GdW-Unternehmen im ersten Halbjahr 2022 mit monatlich durchschnittlich 7,09 Euro pro Quadratmeter um 28 Prozent günstiger als vergleichbare Inserate auf Online-Vermietungsplattformen mit durchschnittlich 9,78 Euro pro Quadratmeter. Bei erstmals vermieteten Wohnungen in Neubauten seien die Wohnungsunternehmen im GdW mit durchschnittlich 9,51 Euro pro Quadratmeter um 24 Prozent preiswerter gewesen als die in Internetportalen inserierten Neubauwohnungen mit durchschnittlich 12,56 Euro.
Mietpreisvorteil in Großstädten von 34 Prozent
Am größten sei der Preisvorteil bei den sozial orientierten Wohnungsunternehmen in kreisfreien Großstädten mit mindestens 500.000 Einwohnern. Dort waren die GdW-Mieten bei Wiedervermietung mit durchschnittlich 7,94 Euro pro Quadratmeter um 34 Prozent günstiger als die Portalmieten von durchschnittlich 12,07 Euro pro Quadratmeter. Noch deutlicher falle der Unterschied in den Großstädten bei Erstvermietungen aus: Die GdW-Neubauwohnungen waren dort mit monatlich durchschnittlich 9,89 Euro um ganze 36 Prozent preiswerter als die in Internetportalen angebotenen Wohnungen mit durchschnittlich 15,34 Euro.
Größte Preisunterschiede in den Hotspots
Das Wohnungsangebot der GdW-Unternehmen wirke aufgrund seines moderaten Mietniveaus vor allem in den stark nachgefragten Großstädten beruhigend auf die Entwicklung der Mietpreise. Insbesondere in den sogenannten Hotspots sei der Preisunterschied der GdW-Wohnungsunternehmen zu den Mieten von Online-Vermietungsplattformen eklatant:
Extrem deutlich sei der Abstand in München. Hier lagen die Wiedervermietungsmieten der GdW-Unternehmen im ersten Halbjahr 2022 mit durchschnittlich 8,20 Euro pro Quadratmeter um 57 Prozent unter den Portalmieten von im Schnitt 19,10 Euro. Die Erstvermietungsmieten der GdW-Unternehmen lagen in der bayerischen Landeshauptstadt mit 10,61 Euro um 51 Prozent unterhalb der in Inseraten dargestellten Angebote von 21,60 Euro.
In Hamburg lag die Wiedervermietungsmiete der GdW-Unternehmen mit durchschnittlich 7,82 Euro um 40 Prozent unter den Portalmieten von im Schnitt 12,94 Euro pro Quadratmeter. Bei den Erstvermietungsmieten sei die Differenz in der Hansestadt noch größer: Die GdW-Neubaumieten erstmals vermieteter Wohnungen liegen mit 7,98 Euro um 48 Prozent unter den Portalmieten von 15,28 Euro pro Quadratmeter.
Auch in Köln sei die Differenz groß: Hier lagen die GdW-Wiedervermietungsmieten mit durchschnittlich 7,80 Euro um 37 Prozent unter den Portalangeboten von im Schnitt 12,46 Euro. Die Erstvermietungsmieten liegen hier bei den GdW-Unternehmen mit 9,64 Euro um 34 Prozent unter den Portalmieten von 14,69 Euro pro Quadratmeter.
In Berlin betrage die Differenz zwischen den durchschnittlichen GdW-Wiedervermietungsmieten von 7,69 Euro und den Portalmieten von 11,60 Euro pro Quadratmeter 34 Prozent. Ähnlich groß sei die Differenz mit 32 Prozent bei den Erstvermietungsmieten: Bei den GdW-Unternehmen liegen sie mit 10,98 Euro um 32 Prozent unter den Portalmieten von 16,04 Euro pro Quadratmeter.
„Portale vermitteln ein lückenhaftes Bild“
Die Diskussion um die Entwicklung der Mietpreise in Deutschland sei verzerrt, denn sie basiere bislang nahezu ausschließlich auf Angebotsmieten aus online veröffentlichten Inseraten, kritisiert der GdW. Denn ein guter Teil der preisgünstigen Mietwohnungen in Deutschland werde neu vermietet, ohne dass diese in der Statistik sichtbar würden. Dazu zähle ein Großteil der Neuvermietungen der im GdW vertretenen Wohnungsgesellschaften und Wohnungsgenossenschaften. (vgl. IVV-Artikel aus 2021: Portale verzerren Mietpreisstatistik)
„Ein großer Teil der Mietdaten preisgünstiger Wohnungen fließt nicht in die von den Online-Plattformen allgemeingültig als ‚Bestandsmieten‘ und ‚Neubaumieten‘ bezeichneten Daten mit ein. Die Darstellung durch Online-Vermietungsplattformen ist dadurch lückenhaft und stellt die Realität auf den Wohnungsmärkten nicht vollständig dar“, sagt GdW-Präsident Axel Gedaschko. Gerade in angespannten Märkten würden die Wohnungen preisgünstiger Anbieter kaum über Online-Plattformen vermittelt. Wohnungsgenossenschaften hätten oft lange Wartelisten und kommunale Unternehmen könnten ihren Wohnungsbestand aufgrund ihrer Preisvorteile oft ohne die Unterstützung kommerzieller Plattformen neu vermieten. Privatvermieter günstiger Wohnungen vermittelten diese zudem häufig über Empfehlungen unter der Hand.
Vergleichspreise aus Niedersachen und Bremen
Die Vergleichszahlen aus der Studie von GdW und Bundesinstitut BBSR ergänzt der VdW Niedersachsen Bremen mit Wiedervermietungspreisen für folgende Städte:
Bremen: 7,74 Euro (vdw-Mitgliedsunternehmen) / 9,54 Euro (in Onlineportalen)
Region Hannover: 7,33 Euro/ 9,32 Euro
Oldenburg: 8,07 Euro / 9,41 Euro
Wilhelmshaven: 6,01 Euro / 6,29 Euro
Wolfenbüttel: 6,67 Euro / 7,43 Euro
Wolfsburg: 7,14 Euro / 9,00 Euro
Brancheneigenes Vermietungsportal scheiterte 2017
Die Kritik der Wohnungswirtschaft an der Marktmacht der Immobilienportale ist nicht neu. Bereits 2017 spitzten sich die Interessengegensätze zu. Damals warnte der GdW vor einem Verlust der Hoheit über Mieterdaten und kritisierte gleichzeitig „nicht nachvollziehbare und unverhältnismäßige Preiserhöhungen der Immobilienportale in den vergangenen Jahren“.
Die Furcht vor der wachsenden Marktmacht von Internetkonzernen hatte die führenden Verbände GdW, BFW sowie Haus & Grund 2017 enger zusammenrücken lassen. Gemeinsam wollte man eine Internetplattform für Vermietung und Verkauf aufbauen und betreiben. Es ging den Beteiligten um die Rückeroberung der Datenhoheit und die Kontrolle über die Vermarktungsprozesse.
In Vorbereitung war damals ein wohnungswirtschaftliches Immobilienportal in der Rechtsform einer nicht börsennotierten Aktiengesellschaft. Als mögliche Gesellschafter wurden genannt: Mitgliedsunternehmen des GdW, der GdW und seine Regionalverbände, Haus & Grund sowie seine Ortsverbände, der BFW, seine Mitgliedsunternehmen und BFW-Regionalverbände, die Aareal Bank AG, die Hypoport AG und die Schufa Holding AG.
Die Inbetriebnahme eines brancheneigenen Vermietungsportals verlief dennoch im Sande, unter anderem aufgrund der mangelnden Bereitschaft von Wohnunternehmen zur finanziellen Beteiligung. Schon vor sechs Jahren lief die Vermietung von Wohnungen wie geschmiert.
Thomas Engelbrecht
