Der schwierige Umgang mit dem Heizungsgesetz

„Keine Angst vor der Wärmepumpe“

Chefredakteur Thomas Engelbrecht hat im Editorial der Juni-Ausgabe der IVV zur Versachlichung der Diskussion um das Gebäudeenergiegesetz aufgerufen. Ein Anlass für Michael Lippitsch, Head of Corporate Communications and Public Affairs bem Heimstaden Germany, für einen Gastkommentar.

„Wir sind noch ganz am Anfang der Umrüstung, aber wir sind offen für die Technologie der Wärmepumpe“, Michael Lippitsch, Pressesprecher Heimstaden Germany. Foto: Heimstaden/Guido Schwarz
„Wir sind noch ganz am Anfang der Umrüstung, aber wir sind offen für die Technologie der Wärmepumpe“, Michael Lippitsch, Pressesprecher Heimstaden Germany. Foto: Heimstaden/Guido Schwarz

Im Gespräch mit der Redaktion sagt Lippitsch: “Auch wir sehen im GEG bei weitem nicht nur Gefahren, sondern viele richtige Ansätze und notwendige Weichenstellungen für die Zukunft. Dies hat auch mit unseren positiven Erfahrungen mit Wärmepumpen in unserem Konzernmutterland Schweden zu tun.“

Heimstaden bewirtschafte in Deutschland rund 30.000 Mietwohnungen, 20.000 davon in Berlin und jeweils mehrere hundert Einheiten in ostdeutschen Großstädten wie Magdeburg, Halle und Leipzig. In diesem Bestand spiele die Wärmepumpe als Heiztechnik aus verschiedenen Gründen keine Rolle. Bei 30.000 Einheiten erlebe man es in jedem Winter, dass alte Anlagen plötzlich endgültig kaputtgehen und eine schnelle Lösung gefunden werden müsse. Das könne dann zu Beispiel der Einbau eines neuen Ölkessels sein. Bei der Abwägung der Frage der zukünftigen Heiztechnik im ersten Jahr des Ukraine-Krieges sei die Wahl auch deshalb auf Ölheizungen gefallen, weil man sich Versorgungssicherheit versprochen habe. „Und wenn wir die Wahl zwischen Wärmepumpe und Fernwärme haben, entscheiden wir uns meist für die Fernwärme“, sagt Michael Lippitsch, “weil diese Technik erprobter und der Anschluss kostengünstiger ist“.

Obwohl also die Wärmepumpe in den deutschen Wohnungsbeständen von Heimstaden praktisch keine Rolle spiele, empfinde er die Diskussion über den breiten Einsatz von Wärmepumpen in Deutschland als übertrieben pessimistisch. Wie der Spiegel jüngst schrieb, seien alle skandinavischen Länder hier viel weiter obwohl die Winter in Norwegen, Finnland oder Schweden empfindlich kalt werden können. Allerdings sei der Strom in Schweden viel billiger als in Deutschland und die Netze seien in der Regel für mehr Leistung ausgelegt.

Das GEG sei nicht schlecht, zu kritisieren sei die Reihenfolge der Transformationsschritte. An erster Stelle müsse der Ausbau der Stromnetze erfolgen, im zweiten Schritt müssten jene Immobilienbestände ausgewählt werden, die sich für die Wärmepumpe eignen. Kritisch zu sehen sei darüber hinaus der knappe Zeitplan.

 

Gastkommentar Michael Lippitsch

Head of Corporate Communications and Public Affairs

Heimstaden Germany

„Keine Angst vor der Wärmepumpe“

Keine Angst vor der Wärmepumpe hat Europas zweitgrößtes privates Wohnungsunternehmen Heimstaden, das mehr als 160.000 Wohnungen in zehn europäischen Ländern bewirtschaftet, davon rund 20.000 Wohneinheiten in Berlin. Im Gegenteil – wir gehen mit Neugierde und Freude an diese Heiztechnik heran. Der Unterschied zu anderen Wohnungsunternehmen ist, dass Heimstaden als skandinavisches Unternehmen mit Hauptsitz in Malmö, Schweden bereits über einen langjährigen Erfahrungsschatz im Umgang mit Wärmepumpen verfügt und Best-Practice-Beispiele aus Ländern heranziehen kann, wo Wärmepumpen in Wohnhäusern schon viel länger im Einsatz bzw. verbreiterter sind und sowohl bei Hauseigentümern als auch bei Bewohnerinnen und Bewohnern auf eine hohe Akzeptanz treffen.

In Schweden besitzt Heimstaden aktuell mehr als 45.000 Wohnungen, bei denen heute schon rund 10 Prozent der Wohnungen mit Wärmepumpen beheizt werden. Damit ist Heimstaden in Schweden im Vergleich zu anderen privaten Wohnungsunternehmen „best in class“. 88 Prozent des schwedischen Heimstaden-Portfolios werden mit Fernwärme beheizt und nur zwei Prozent nutzen andere Energieträger, darunter Gas.

Schweden gilt als „Wärmepumpen-Weltmeister“

In Schweden, dem Mutterland des Heimstaden-Konzerns, sind Wärmepumpen in privaten Einfamilienhäusern seit rund zwei Jahrzehnten stark verbreitet. Wohnungsunternehmen und Besitzer von Mehrfamilienhäusern zogen nach. Zurück geht diese Entwicklung sogar bis in die 1970er-Jahre, als Öl- und Stromheizungen dominierten, wobei der Strom auch durch Ölanlagen erzeugt wurde, und die Ölkrise der 1970er-Jahre den schwedischen Staat zu einem Umdenken und in Richtung erneuerbarer Energiequellen bewegte. Heute gilt Schweden für viele Experten sogar als „Wärmepumpen-Weltmeister, da in dem Land auch technologisch früh in diesem Bereich geforscht wurde und eine Reihe von Herstellern von Wärmepumpen-Technologie in Schweden angesiedelt sind. Die erste schwedische Wärmepumpe soll bereits im Jahr 1948 installiert worden sein.

Schwedischer Staat gewährt bis zu 50 Prozent Zuschuss

Da vor der „Wärmepumpen-Wende“ viele Haushalte mit Strom heizten, investierten schwedische Kommunen schon früh in den Ausbau der Elektrizitätsinfrastruktur und der Staat legte Förderprogramme für den Tausch der Heizsysteme auf. In den 1990er Jahren, als es ebenfalls einen starken Ölpreisanstieg gab, legte der schwedische Staat ein Förderprogramm für geothermische Wärmepumpen auf, das rund 30 Prozent der Kosten deckte. Heute, 2023, ist in Schweden ein Zuschuss für Energieeffizienzmaßnahmen in Einfamilienhäusern (unter anderem für Wärmepumpen) in Höhe von bis zu 50 Prozent möglich.

Wir werden sicherlich auch in Deutschland auf Hindernisse stoßen. Die Sorge vor zu schwachen Stromnetzen, fehlenden Fachkräften zur Installation oder die Warnung vor bestimmten Kältemitteln in Wärmepumpen sind Debatten, die wichtig sind und geführt werden müssen. Aber bei Heimstaden überwiegt der Optimismus und der positive Antrieb, den wir durch unsere Erfahrungen aus Schweden bei dem Thema mitbringen.

In der südschwedischen Stadt Trelleborg konnte in einem Heimstaden-Objekt im Zeitraum von 2017 bis 2019 der Energieverbrauch durch den Einbau einer Wärmepumpe in Verbindung mit anderen Optimierungsmaßnahmen sogar um etwa 37 Prozent reduziert werden.

Heimstaden wünscht sich, dass in der öffentlichen Debatte mehr über die Vorteile für Mieterinnen und Mieter gesprochen wird als über potenzielle Hürden und Gefahren.

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