BBU-Bilanz 2023 für Brandenburg

„Unternehmen stellen Investitionen kritisch auf den Prüfstand“

Trotz sehr moderater Mieten und deutlich steigender Kosten haben die Wohnungsunternehmen in Brandenburg 2023 kräftig in den Neubau und die Bestandsmodernisierung investiert. Allerdings nehmen die Sorgen vor einer wirtschaftlichen Auszehrung zu.

Die Kleinstadt Döbern im Südosten Brandenburgs: Hier wie in vielen anderen strukturschwachen Regionen prägen Bevölkerungsrückgang und Wohnungsleerstand den Alltag. Foto: Adobestock/ArTo
Die Kleinstadt Döbern im Südosten Brandenburgs: Hier wie in vielen anderen strukturschwachen Regionen prägen Bevölkerungsrückgang und Wohnungsleerstand den Alltag. Foto: Adobestock/ArTo

Mieten deutlich unter Zensus-Werten

Die Mitgliedsunternehmen des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) stellen mit ihren rund 315.000 Einheiten fast die Hälfte aller Mietwohnungen in Brandenburg. 2023 betrugen die Mieten durchschnittlich 5,62 Euro nettokalt pro Monat und Quadratmeter. Damit lagen sie rund zehn Prozent unter den Werten, die die Gebäude und Wohnungszählung im Rahmen des Zensus 2022 für alle Vermieter Brandenburgs insgesamt ermittelt hat (6,21 €/m2). Diese Mietendämpfung zeige sich auch daran, dass die Mieten der Brandenburger BBU-Mitgliedsunternehmen 2023 im Vorjahresvergleich nur um durchschnittlich 2,4 Prozent gestiegen sind. Im gleichen Zeitraum lag die Inflationsrate in Brandenburg bei 6,5 Prozent und damit fast dreimal so hoch. Noch größer war der Abstand zur Baupreisinflation, die mit bis zu rund elf Prozent fast fünfmal so hoch war wie die Entwicklung der Mieten. Aus Sicht der Mieterhaushalte sei das niedrige Preisniveau natürlich positiv, doch, so gab BBU-Chefin Maren Kern zu bedenken, werde die Investitionskraft der Wohnungsunternehmen dadurch merklich geschwächt. Im Betrachtungszeitraum 2023 wurde allerdings noch kräftig investiert.

Mehr als drei Milliarden investiert

2023 haben die BBU-Mitgliedsunternehmen in Brandenburg 729 Millionen Euro investiert. Das waren 12,3 Prozent mehr als im Vorjahr. Zuwächse verzeichneten vor allem die Investitionen in Neubau (+22,3 %) und in Modernisierungen (+14,0 %). Zwischen 2019 und 2023 investierten die Brandenburger Mitgliedsunternehmen gut 3,2 Milliarden Euro. Dennoch schränkte Maren Kern bei der Bilanzpressekonferenz ein: „Die Kombination aus schwachen Mieterträgen, steigenden Bau- und Finanzierungskosten und immer höheren Auflagen führt dazu, dass unsere Unternehmen ihre Investitionen sehr kritisch auf den Prüfstand stellen müssen.“ So überlegen der BBU-Umfrage zufolge fast 30 Prozent der bauenden Mitgliedsunternehmen, ihre laufenden oder geplanten Neubauprojekte zu stornieren. Bei den Modernisierungsprojekten planen fast 60 Prozent eine zeitliche Streckung der Vorhaben, weitere fast 20 Prozent wollen den Umfang der Projekte reduzieren.

Speckgürtel um die Hauptstadt folgt eigenen Gesetzen

Im großen Flächenland Brandenburg besteht kein einheitlicher Mietwohnungsmarkt. Zu unterscheiden ist mindestens zwischen dem prosperierenden Berlin Umland und weiten ländlichen Räumen, die von Bevölkerungsschwund, geringer wirtschaftlicher Dynamik und Wohnungsleerstand geprägt sind. Folgerichtig widmet die BBU-Bilanz dem Berliner Umland eine gesonderte Marktanalyse.

2023 haben die BBU-Mitgliedsunternehmen im Berliner Umland insgesamt rund 346 Millionen Euro investiert. Gegenüber dem Vorjahr entsprach das einer Steigerung um rund 61 Millionen Euro bzw. 21,3 Prozent. Im Jahr 2024 sollen es nochmal gut 50 Millionen Euro mehr werden (+14,5 %). Klarer Schwerpunkt der Investitionen sei der Neubau, der mit rund 160 Millionen Euro gut 46 Prozent der Gesamtinvestitionen ausmachte und um fast 29 Prozent zum Vorjahr zulegte. Auf Platz zwei liegen mit 111 Millionen Euro die Investitionen in Instandhaltung und Instandsetzung; sie stiegen im Vorjahresvergleich um 4,4 Prozent. Gleich dahinter kommen mit 76 Millionen Euro die Modernisierungsinvestitionen – zum Vorjahr mit einem kräftigen Plus von rund 37 Prozent.

Mit rund 640 kletterte die Zahl der im Berliner Umland fertiggestellten Wohnungen 2023 auf den dritthöchsten Stand seit 2010. Gegenüber dem Vorjahr war das eine Steigerung um gut 27 Prozent. Für den Zeitraum 2024 bis 2028 planen die Unternehmen die Fertigstellung von weiteren rund 3.600 neuen Wohnungen.

Aber auch hier fragt sich der BBU, wie lange die Unternehmen diese Linie fortsetzen können, denn: Mit 6,16 Euro pro Monat und Quadratmeter lag die durchschnittliche Nettokaltmiete bei den BBU-Mitgliedsunternehmen im Berliner Umland 2023 nur um 1,8 Prozent über dem Wert von 2022 (6,05 €/m2). Im selben Zeitraum erreichte die Baupreisinflation bis zu elf Prozent. „Die Investitionen unserer Unternehmen sind fast zwölfmal so stark gestiegen wie die Mieten. Investitionen müssen aber durch auskömmliche Mieteinnahmen refinanziert werden. Wenn die Mieten nicht stärker an die Kostenentwicklung angepasst werden können, werden die Investitionen deutlich sinken müssen“, warnt Maren Kern.

Scheinbare Stabilität auf dem Land

Mit 9,7 Prozent lag der Leerstand 2023 bei den Brandenburger BBU-Mitgliedsunternehmen in den Städten des „weiteren Metropolenraums“ 0,4 Prozentpunkte niedriger als 2022. Damit unterschritt die Quote nicht nur zum ersten Mal seit 2017 die Marke von zehn Prozent. Darüber hinaus war es auch der niedrigste Wert seit 1998 (9,6 %). Allerdings zeigt die genauere Betrachtung: Die Quoten sind zwar in sechs Landkreisen und kreisfreien Städten gesunken – in dreien aber auch gestiegen. Während in der Prignitz beispielsweise die Quote im Jahresvergleich um 2,4 Prozentpunkte sank, gibt es auf der anderen Seite Landkreise wie Spree-Neiße, in denen der Leerstand im Vergleich zu 2022 um 0,9 Prozentpunkte zugelegt hat.

Insgesamt standen in den Städten im ländlichen Raum Ende 2023 bei BBU-Mitgliedsunternehmen 19.528 Wohnungen leer, davon rund 11.800 Wohnungen (rd. 61 %) dauerhaft. Zum Vergleich: das ist zehnmal so hoch wie in den Städten der Berliner Umlands.

Leerstandquote zum Teil bedrückend hoch

Dieser nach wie vor hohe Anteil langfristig leerstehender Wohnungen zeigt, dass der Leerstand weiterhin ein sehr ernstes Problem ist“, unterstrich BBU-Chefin Maren Kern. Hinzu komme, dass die Unternehmen durch den zwischenzeitlichen Abriss von rund 66.200 dauerhaft leerstehender Wohnungen dem Stadtumbauprozess Eigenkapital im Wert von schätzungsweise rund zwei Milliarden Euro geopfert hätten. Jedoch, ohne diesen Abriss stünden heute fast 88.000 Wohnungen leer, hätte sich die Leerstandquote in einzelnen Regionen auf mehr als 40 Prozent des Wohnungsbestands summiert.

Nicht nur der Leerstand bleibe auf dem Land und in Kleinstädten ein Problem, sondern auch die anhaltend niedrigen Mieten. Mit durchschnittlich 5,32 Euro pro Monat und Quadratmeter lag die Nettokaltmiete bei BBU-Mitgliedsunternehmen in dieser Region 2023 nur 2,9 Prozent höher als 2022 – bei einer Inflation von 6,5 Prozent. Bereinigt um die Inflation seien die Investitionen der BBU-Mitgliedsunternehmen im ländlichen Brandenburg 2023 real nicht gestiegen, sondern um 5,3 Prozent gesunken. (Red.)

Weitere Neubauzahlen der sozial orientierten Wohnungswirtschaft lesen Sie hier.

 

Thomas Engelbrecht

Thomas Engelbrecht
Chefredakteur
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